Bundesliga-Journal: Kult-Legionäre

19. August 2016 in ADMIRAL Bundesliga Mit markigen Sprüchen, spektakulären Paraden und genialen Toren machten sie sich unsterblich in Österreichs Fußball-Oberhaus. Die Tipico Bundesliga gilt seit jeher nicht nur als Ausbildungsliga, sondern auch als Herberge für herausragende Legionäre. Ein – nicht repräsentativer – Streifzug durch die Geschichte der Legionäre. Kultpotenzial: sehr hoch!

Stanislav Tschertschessow:

Zwischen 1996 und 2002 hechtete "Stani" in Diensten des FC Tirol Innsbruck – stets in schwarzen langen Hosen und gut sichtbaren weißen So­cken darüber – durch die Bundesliga-Strafräume. Starke Reflexe und die ausgeprägte Fähigkeit, das Spiel zu lesen, ließen ihn rasch zum Fanliebling am Tivoli mutieren. Der legendäre Glatzenlook samt Schnauzer und seine herzliche Art mit Spaßvogel-Attitüde taten ihr Übriges. Tschertschessow wurde mit Innsbruck dreimal in Folge Meister, von 2004 bis 2006 werkte er auch als Trainer am Tivoli. Heute ist der 53-Jährige.russischer Teamchef

Bundesliga-Spiele: 182

Bundesliga-Tore: 0

 

Trifon Ivanov:

Der mit 51 Jahren viel zu früh verstorbene Bulgare interpretierte seine Rolle als Libero – übersetzt: "freier Mann" – wörtlicher, als seinem Trainer bei Rapid in den späten 90ern, Ernst Dokupil, lieb war. "Wenn ich ihm gesagt habe, er soll hinten bleiben, dann ist er hinten geblieben – oder nicht." Dokupil setzt nach: "Gelacht haben wir seinetwegen aber auch genug." 1995 kam Ivanov zu Rapid, wurde auf Anhieb Meister und stürmte mit den Hütteldorfern ins Europacup-Finale, ein Jahr später in die Champions League. Undiszipliniertheiten gehörten ebenso zu ihm wie sein schier unbändigbarer Bartwuchs und seine hervorstechenden fußballerischen Qualitäten. 1997 verließ Ivanov Rapid – ausgerechnet Richtung des Erzrivalen, zur Wiener Austria. Dort hielt es ihn nur ein Jahr, danach ging's leihweise zu ZSKA Sofia und schließlich zum Floridsdorfer AC in die Regionalliga. Pikant: 1998 führte er die bulgarische Nationalmannschaft (75 Einsätze) als Kapitän bei der WM in Frankreich aufs Feld. Da stand er schon beim FAC unter Vertrag.

Bundesliga-Spiele: 64

Bundesliga-Tore: 7

 

Rashid Rachimov

Der violette Defensiv-Vulkan mit eingebauter Explosionsgarantie! Legendär seine – vornehm ausgedrückt – diversen Meinungsverschiedenheiten in Derbys mit Rapidlern wie Didi Kühbauer oder Samuel Ipoua (übrigens ein weiterer ernsthafter Kandidat für die Kultlegionärs-Truppe). 1995 kam Rachimov zur Austria. Dort spielte und kämpfte sich "Mister 1000 Volt" rasch in die Herzen der Veilchen-Anhänger. Fünf Saisonen lang riss er sich für die Austria den Allerwertesten auf, bildete dabei zwei Jahre lang gemeinsam mit Andreas Ogris die Hochspannungsabteilung in Violett. Danach rackerte sich der gebürtige Tadschike noch jeweils ein Jahr für die Admira und die SV Ried ab. Für die Admira war er auch als Cheftrainer aktiv, schaffte mit den Südstädtern zweimal den Klassenerhalt. Heute ist er Trainer beim russischen Klub Terek Grosny.

Bundesliga-Spiele: 169

Bundesliga-Tore: 12

 

Krysztof Ratajczyk:

Wieder einer mit grün-weißer und violetter Vergangenheit: Bei Rapid grätschte sich der bullige Linksfuß aus Polen in den Hütteldorfer Sympathie-Charts schnell ganz nach oben. Mit kompromissloser Härte und klugem Stellungsspiel mauserte er sich zum Abwehrchef in Grün-Weiß, später sogar zum Kapitän. Da gefiel es den Rapid-Fans umso weniger, dass sich Ratajczyk 2002 von der Austria, damals von Stronach-Millionen befeuert, abwerben ließ. Mit dem Veilchen gewann Ratajczyk auch Titel: 2003 das Double, 2005 noch einmal den Cup. Danach ging's für zwei Jahre zu Mattersburg und dann ins österreichische Fußball-Unterhaus. 16-mal warf er seine harten Knochen für das polnische Nationalteam in die Schlacht. Heute ist er Trainer des SC Berndorf.

Bundesliga-Spiele: 261

Bundesliga-Tore: 9

 

Vaclav Danek:

Einer der ganz Großen in der Geschichte des FC Tirol bzw. Wacker Innsbruck. Ein einjähriges Intermezzo bei Le Havre in Frankreich nicht eingerechnet, zauberte der Schlacks mit der astreinen Vok­uhila-Matt'n sieben Jahre lang, von 1989 bis 1995, am Tivoli. Zweimal, 1991 mit 29 To­ren und 1993 mit 24 Toren, wurde er Tor­schützenkönig. 1991 war er bis zum Schluss im Rennen um Europas besten Torschützen vertreten, eine Verletzung warf ihn aber aus der Bahn – und kostete Tirol vermutlich auch den Titel. Immerhin wurde Danek 1993 Cup-Sieger.

Bundesliga-Spiele: 146

Bundesliga-Tore: 83

 

Antonin Panenka:

15. Mai 1986, Tag des Europacup-Finales zwischen Rapid und dem FC Everton in Rotterdam, noch weni­ge Stunden bis zum Anpfiff. Michael Konsel hört in seinem Hotelzimmer die Badewan­ne plätschern. Sein Zimmerkollege Antonin Panenka gönnt sich ein Vollbad im warmen Wasser – nicht unbedingt die beste Vorberei­tung auf ein Spiel, in dem die Glieder frisch statt träge sein sollten. "Doch", entgegnet Pa­nenka, "würde ich meine Gelenke nicht auf­wärmen, könnte ich gar nicht spielen". Pa­nenka war in der Tat nicht mehr der Jüngste, als er 1981 als 33-jähriger Europameister zu Rapid wechselte. Aber er war vor allem eines: genial. Jeder Pass: praktisch tödlich. Jeder Freistoß in Strafraumnähe: so gut wie drin. Jede Aktion: zum Zungenschnalzen. Panenka war das Gehirn einer bärenstarken Rapid-Mannschaft in den 80er-Jahren. Er wurde mit Rapid zweimal Meister, dreimal Cupsieger, zog 1985 ins Europacup-Finale ein. Auch legendär: sein "Schupferl"-Tor im Meisterschaftsfinale gegen Innsbruck (5:0) 1982 – das Tor des Jahres.

Bundesliga-Spiele: 127

Bundesliga-Tore: 63

 

Hansi Müller:

Ein Deutscher, der sich gern an Cordoba erinnert? Den gibt's, Hansi Müller heißt er. "Ich war damals der jüngste DFB-Spieler bei der WM", erinnert er sich, "für mich war die WM 1978 ein Erfolg, weil ich mit gar keinen Einsätzen gerechnet hatte, dann aber vier Spiele gemacht habe". Als er 1985 zu Innsbruck kam, war Müller längst ein internationaler Star, hatte unter ande­rem für Stuttgart und Inter Mailand gespielt. Und feierte mit Tirol so viele Titel wie mit keinem anderen Klub seiner Karriere: zwei­mal Meister (1989 und 1990) und einmal Cupsieger (1989); außerdem zog der Euro­pameister von 1980 mit Innsbruck 1987 ins UEFA-Cup-Halbfinale ein. Historisch auch eine Konversation mit dem damaligen Trai­ner Ernst Happel. Laut Legende ging sie wie folgt: Müller zu Happel: "Trainer, wir müs­sen reden." Happel zu Müller: "Wenn S' re­den wollen, müssen S' Staubsauger-Vertreter werden. Ich brauche nur Fußballer."

Bundesliga-Spiele: 123

Bundesliga-Tore: 35

 

Dejan Savicevic:

"Bei dem sah es aus, als würde er durch den Gegner durchlau­fen." Ex-Rapid-Trainer Heri Weber gerät noch heute ins Schwärmen, wenn er an "Il Genio" denkt. Savicevic war der wohl pro­minenteste Spieler, den Weber je trainier­te. Der Montenegriner kam als zweifacher Champions-League-Sieger (je einmal mit Roter Stern Belgrad und Milan) nach Hüt­teldorf – und begeisterte die Massen auf An­hieb. Zu seinem Rapid-Debüt gegen Bregenz strömten über 13.000 Zuschauer ins Hanap­pi-Stadion – für damalige Verhältnisse eine echte Traumkulisse. Savicevic wurde ein­gewechselt und trug sich per Elfmeter-Tor prompt in die Schützenliste ein. 17 weitere und unzählige magische Momente sollten in zwei Saisonen folgen – bei allerdings nur 44 Bundesliga-Einsätzen in Grün-Weiß. Seine Muskulatur spielte viel zu oft nicht mit, De­jan musste immer wieder pausiere. "Es hat mir sehr wehgetan, dass man mir in einzel­nen Momenten nicht geglaubt hat, dass ich verletzt war", sagt Savicevic rückblickend. Trotzdem wird er als einer der Allergrößten in der Geschichte der Bundesliga in Erinnerung bleiben."

Bundesliga-Spiele: 44

Bundesliga-Tore: 18

 

Mario Kempes:

Ein Weltmeister, Eu­ropacup-Sieger, zweifacher spanischer Tor­schützenkönig und argentinischer Meister für Österreich? Was sich völlig surreal liest, wurde 1986 wahr. Kempes, mit Argentinien 1978 Weltmeister, wechselte 32-jährig zur Vienna, geigte dort ein Jahr, danach drei Jah­re für St. Pölten und dann noch zwei weitere Jahre für den Kremser SC. Bei seiner An­kunft bei der Vienna fuhr ihm gleich einmal der Schock in die Glieder: Von Spanien stets sommerliche Temperaturen gewohnt, muss­te er sich beim Trainingslager im Waldviertel mit Temperaturen um die Minus 20 Grad herumschlagen. Dafür heizte er sich der Le­gende nach einmal auf der Ersatzbank einen Tschick an, als ihn Trainer Ernst Dokupil ge­gen Eisenstadt aus dem Spiel nahm.

Bundesliga-Spiele: 123

Bundesliga-Tore: 38

 

Hugo Sanchez:

500 Fans, dazu sogar DSF- und SAT1-Kamerateams tummelten sich am Montag, den 18. September 1995, am Trainingsplatz des FC Linz. "Sanchez schauen" war angesagt. Der damals 37-jähri­ge mexikanische Superstar streifte – als fünf­facher spanischer Meister und fünffacher spanischer Torschützenkönig – erstmals die Linzer Trainingswäsch‘ über. Weil "meine Frau das Leben in Europa liebt", entschied sich Sanchez seine Karriere in Österreichs zweithöchster Spielklasse ausklingen zu las­sen. Sein Debüt versetzte das "großartige Linzer Publikum" in Ekstase: zwei Tore, eine Vorlage und natürlich der berühmte Tor-Sal­to beim 4:0 gegen die Vienna. Noch vier Tore sollten in einem Jahr folgen, dann war das Abenteuer Linz für ihn beendet. Sanchez verließ Linz als Ehrenkapitän auf Lebenszeit Richtung Dallas Burns in den USA.

Bundesliga-Spiele: 12

Bundesliga-Tore: 6

 

Tibor Nyilasi:

Als Tibor Nyilasi Mitte der 1980er-Jahre in der Bundesliga alles in Grund und Boden schoss, brachte es der da­malige Rapid-Trianer Vlatko Markovic, als Spieler selbst Austrianer, ehrfurchtsvoll auf den Punkt: "Mein Gott, wie einfach ist Fuß­ball doch, wenn man dem Nyilasi zuschaut." Herbert Prohaska, fünf Jahre lang genialer Vorlagengeber für Vollstrecker Nyilasi, for­muliert’s noch pointierter: "Der Tibor konn­te einfach alles." Prohaska staunte übrigens nicht schlecht, als zu seiner 60er-Feier in der Generali-Arena im vergangenen Sommer plötzlich sein alter Kumpel Nyilasi aufkreuz­te, um persönlich zu gratulieren. Ein Bild mit absolutem Seltenheitswert – Nyilasi gilt als eher öffentlichkeitsscheu. Die Zahlen spre­chen auch so für ihn: dreimal Meister mit der Austria, einmal Cupsieger, einmal öster­reichischer Torschützenkönig, ungarischer Teamkapitän, zwei WM-Teilnahmen. Und im Schmähführen war er auch noch ganz groß, wie Prohaska versichert.

Bundesliga-Spiele: 120

Bundesliga-Tore: 81

 

Artikel teilen: