Geboren 1974: Die Liga und ihre genialen 50er

6. May 2024 in ADMIRAL Bundesliga

1974 war das Jahr, in dem die österreichische Bundesliga endgültig das Licht der Welt erblickte. Und mit ihr einige Stars, die sie in späteren Jahren prägen sollten. Wir haben mit Mario Haas, Dietmar Berchtold und Raimund Hedl drei Spieler vor den Vorhang gebeten, die heuer zusammen mit der Bundesliga ihren 50. Geburtstag feiern. Dabei wollten wir nicht nur wissen, wie das ist, wenn man gemeinsam alt wird…

 

Mario Haas

Das Schicksal wollte es, dass die spätere Sturm-Legende ausgerechnet zwischen zwei Niederlagen der „Blackies“ auf die Welt kommen sollte. Der SC Eisenstadt erwies sich zweimal als zu stark, siegte zwei Tage vor Haas‘ Geburt mit 2:1, fünf Tage danach mit 3:1. „Meine Familie besteht zwar aus lauter Sturmfans, mein Vater hatte selbst aber mit Fußball nichts am Hut, er war Kraft-Dreikämpfer“, erzählt Mario, der sich allerdings schon in ganz jungen Jahren das Sturm-Virus einfing. „Unsere Siedlung war direkt neben der Gruabn, und wenn kein Mensch mehr auf der Straße war, wusste ich: Jetzt spielt Sturm.“

Schon bald fing er an, das Sturm-Echo für zehn Schilling zu verkaufen – mit ganz besonderer Taktik. „Ich hab immer so laut geschrien, dass die Leute gesagt haben: Hier hast du 20 Schilling, aber gib jetzt a Ruh‘!“ Mit acht Jahren kickte er selbst schon in der Jugend bei Sturm und eiferte seinen Idolen wie Gernot Jurtin oder Bozo Bakota nach. Und näherte sich Stück für Stück seinem Traum, eines Tages selbst in der Bundesliga zu spielen. „Mit der U21 durften wir das Vorspiel vor der Kampfmannschaft bestreiten. War man dort gut, gab es als Belohnung einen Platz auf der Ersatzbank – und konnte damals sogar eingewechselt werden.“

Als Haas später ins Ausland wechselte (Frankreich, Japan), bekam er den Blick als Außenstehender auf die Liga. Und gewann dabei eine Erkenntnis, die für ihn bis heute gilt: „Als kleines Land zwischen Italien und Deutschland wurden wir immer unterschätzt. Und trotzdem haben wir uns oft durchgesetzt und mit den Vereinen auch international für Highlights gesorgt.“ Dass Haas in Österreich nie für einen anderen Klub als Sturm Graz spielte, stört ihn nicht im Geringsten. „Ich habe mich immer wohl gefühlt, hab nie einen Grund gesehen, woanders hinzugehen.“ Ein Ansatz, mit dem man es bis zur Legende bringen kann.

Dietmar Berchtold

Während Mario Haas direkt neben der Heimstätte von Sturm Graz aufwuchs und in ganz jungen Jahren schon Stadion-Luft schnupperte, war für den drei Tage vor der ersten Bundesliga-Runde in Bludenz geborenen Dietmar Berchtold der große Fußball Galaxien weit entfernt. „Bis in die 90er-Jahre gab es keinen Bundesligisten aus Vorarlberg, deswegen war als Kind für mich Rapid mit Panenka und Krankl die Nummer 1.“

Mit 19 Jahren wurde Berchtold vom Wiener Sportclub entdeckt – und erlebte seine Bundesliga-Premiere nicht etwa als Zuschauer auf den Rängen, sondern direkt als Spieler auf dem Platz. „In einem meiner ersten Spiele ging es im Hanappi-Stadion gegen Rapid, meine Aufgabe war, Didi Kühbauer 90 Minuten in Manndeckung zu nehmen. Ich musste erst einmal meinen Respekt ablegen, der Mann war ja eine Legende, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte.“

Bald sollte Berchtold selbst im TV zu sehen sein, in der Bundesliga kickte er nach dem Sportclub noch für Vorwärts Steyr, LASK, SW Bregenz, SV Ried und den GAK und brachte es auf 149 Spiele in der höchsten Spielklasse. „Am schönsten ist es immer dort, wo dir Vertrauen entgegengebracht wird und du mithelfen kannst, Erfolge zu feiern. So wie in Ried, wo wir 2006 als Aufsteiger auf Anhieb Vierter wurden.“ Für ihn der große Unterschied zu heute: „Als wir mit Bregenz mal gegen die Austria unter Jogi Löw gespielt haben, standen uns zehn Nationalspieler aus dem In- und Ausland gegenüber. Heute spielen die meisten österreichischen Teamspieler selbst im Ausland, das ist ein bisschen schade.“

Der Bundesliga wünscht er, dass sie auch in den nächsten 50 Jahren weiterhin innovativ bleibt und versucht, den besten Modus zu finden, der zum österreichischen Fußball passt. „Das hat sie ja mit der Liga-Reform bewiesen, wobei ich mir gut vorstellen kann, dass gerade in der Abstiegsrunde das System noch etwas verfeinert werden kann, damit es dort nicht immer nur ums nackte Überleben geht.“

Raimund Hedl

Nur Wenige sind so lange so nah dran an der Bundesliga wie Raimund Hedl. Schon mit zehn Jahren kam er in den Nachwuchs von Rapid, war dort Profi und später Tormann-Trainer und ist als ÖFB-U21-Tormann-Trainer und Vater von Rapid-Tormann Niklas Hedl nach wie mitten im Geschehen. „Was sich in 50 Jahren Bundesliga allein in Sachen Infrastruktur oder medialer Vermarktung getan hat, ist gigantisch“, sagt er. „Wenn ich heute einem Kind sage, er soll sich am Abend eine Szene aus der Bundesliga im Fernsehen anschauen, heißt es: Kenn ich doch schon längst.“

Hätte ihm in den 80er-Jahren jemand erzählt, dass eines Tages alle Tribünen in einem Bundesliga-Stadion überdacht sind, wäre der heutige Immobilien-Experte wohl aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen. „Ich finde, wir sind bei der Infrastruktur oder auch bei den Zuschauerzahlen im Vergleich mit anderen Ländern unserer Größe richtig gut dabei. Was aber nicht heißt, dass man nicht immer darauf schauen muss, wo man sich noch verbessern kann.“

Darauf hatte er auch bei sich selbst immer ein kritisches Auge, vor allem, als er bei Rapid mit Michael Konsel trainierte, hinter dem er lange die Nummer zwei war und dessen Nachfolger er später wurde. „Klar konnte ich mir viel von ihm abschauen, auch wenn er jetzt kein klassisches Vorbild von mir war. Zumal ich als Kind Tormann und Feldspieler war, manchmal viermal am Wochenende gespielt habe – zweimal im Tor, zweimal am Feld.“

Hedls Geburtstagswunsch an die Liga ist vor allem sportlicher Natur: „Dass uns der fixe Champions-League-Platz, den wir jetzt noch haben, wieder abhandenkommt, tut weh. Den wieder zu ergattern, muss das Ziel sein.“ Dabei nimmt er explizit die Klubs, die hinter dem Zugpferd Salzburg mit den Hufen scharren, in die Pflicht.

Denn eins ist klar: Ohne unbändigen Ehrgeiz schafft es niemand, 50 Jahre lang auf höchstem Niveau zu agieren.


Fotos: GEPA Pictures

Redakteur: Markus Geisler
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