Vokuhila & Co.: Die fußballerischen Modetrends der letzten 50 Jahre

24. April 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Als die ADMIRAL Bundesliga 1974 den ersten Ankick vornahm, hatten Fußballdressen vor allem einen Zweck – sich farblich von jenen des Gegners zu unterscheiden. Auch das hat sich – wie so vieles im Fußball – in den vergangenen 50 Jahren geändert.

 

Herr und Frau Österreich tauschten den alten Käfer gegen den Einser-Golf, klebten psychedelisch anmutende Tapeten an ihre vier Wände und trugen fortan Glockenjeans und bunte Rüschenhemden mit Krägen bis zu den Schultern statt Anzugshose und Lodenjanker. Die frühen Siebziger waren eine Zeit des Wandels. Erst recht im österreichischen Fußball. Die 16er-Liga hatte ausgedient, nachdem das ÖFB-Nationalteam auch bei der WM 1974 nur die Zuschauerrolle einnahm. Ab der Saison 1974/75 wurden in der neugeschaffenen Bundesliga in einer Zehnerliga die Kräfte gebündelt. 

Im Erscheinungsbild änderte sich bis auf das neue Bewerbslogo, das ganz im Stil der 1970er-Jahre daherkam, zunächst relativ wenig. Die jungen Wilden, wie Herbert Prohaska oder Hans Krankl, hatten zwar George Best, der seinen Fans als der fünfte Beatle galt, zu ihrer Stil-Ikone erklärt, doch auf dem Fußballplatz beschränkte sich die Lässigkeit allenfalls auf ein revolutionär aus der Hose hängendes Leiberl, runtergerollte Stutzen und im Falle von Hans Krankl vielleicht noch auf Koteletten, die dabei waren, sich zum Backenbart auszuwachsen. Dressentechnisch bewegten sich die nunmehrigen Bundesliga-Stars weiterhin in althergebrachten Designs, die immerhin seit ein paar Jahren durch Sponsorenaufdrucke eine individuelle Note erfuhren.

Der Mode hinterher

Die Wiener Modedesignerin Michel Mayer, die sonst Hingucker für den Opernball kreiert, hat sich für bundesliga.at die Fußballdressen der vergangenen 50 Jahre angesehen. Für sie ist „die Mode der jeweiligen Zeit im Ansatz definitiv in den Trikots erkennbar. Die Farbwelt der 70er-Jahre, die oversized Schnitte der 80er, die Grafik der 90er-Jahre bis hin zur Kommerzialisierung des Fußball-Outfits und dem damit verbundenen Branding. Spannend dabei ist, dass diese Elemente meist mit einiger Zeit Verspätung sichtbar werden, in der Farbstellung, aber auch im Schnitt.“ Eine mögliche Erklärung hierfür liefert die Designerin gleich mit: „Die Outfits sind offenbar über längere Zeit zum Einsatz gekommen bzw. hatte der modische Anspruch bei der Entwicklung der Designs nicht diesen Stellenwert.“

Vokuhilas und andere Modesünden

Radikal verändert hat sich die Fußballmode erst in den 1990er-Jahren, als sie auch zum Merchandising-Faktor wurde. Um möglichst viele Replica-Shirts an den Fan zu bringen, warteten die Ausrüster bald mit jährlich wechselnden Designs mit immer mutigeren Mustern auf. Die verrücktesten Auswüchse dieser Zeit dürfen in keiner Auswahl der „hässlichsten Fußballdressen aller Zeiten" fehlen. Gerade die 1990er sind für Michel Mayer aber „ein gutes Beispiel dafür, dass sie die generellen Trends noch nicht in den Fußballtrikots dieser Zeit widerspiegeln. Die lauten Farben und wilden Designs erinnern noch eher an das Ende der 80er-Jahre als die ruhigere, eher puristische Zeit der Neunziger.“ Aber zum Glück hielten sich auch die perfekt dazu passenden „Vokuhilas" von Andi Ogris, Toni Polster, Václav Daněk oder Trifon Iwanow bis tief in die Mitte der 1990er.

Als die Schuhe bunt wurden

Einer, der die 90er-Jahre als Aktiver miterlebt hat, ist Rapids Europacupfinalist von 1996, Michael Hatz. Die fußballerischen Modesünden von der „Vokuhila“, über das obligate Flinserl bis zu den derzeit angesagten Tattoos hat das heutige Mitglied des Rapid-Präsidiums „alle ausgelassen“. Als bekennender „Brit-Popper“ hatte er immer schon seinen eigenen Stil, der nicht zum Kicker-Mainstream passte. „Da musste ich mich schon manchmal hänseln lassen. Aber irgendwann haben sie dann doch gefragt, wo ich die leiwanden Sachen her habe“, lacht der London-Fan und Ex-Italien-Legionär, der eine „Sünde" freilich nicht leugnen kann. Er zählte zu jener Generation Rapidler, die bereits 1995 dazu beigetragen hat, die heute unvermeidlichen bunten Fußballschuhe salonfähig zu machen. „Unser damaliger Ausrüster Diadora ist auf einmal mit grünen und roten Schuhen dahergekommen“, erzählt Hatz. „Wir haben sie alle fürchterlich gefunden, aber wir waren eine absolut verrückte Truppe (Stichwort Daltons; Anm.). Und irgendwann haben wir uns gesagt: Wer, wenn nicht wir, soll die tragen?“ Und so war’s dann auch. Selbst im Finale des Europacups der Cupsieger gegen Paris Saint-Germain liefen acht Spieler der Rapid-Startelf in den roten Tretern auf. „Meine sind heute im Rapidem ausgestellt", sagt Michi Hatz nicht ohne Stolz. „Mittlerweile ist es umgekehrt, da fällst du mit schwarzen Schuhen mehr auf. Wobei für mich eh der alte Copa Mundial noch immer der beste Fußballschuh ist“, findet Hatz.

Wer weiß, vielleicht feiert das schwarze Schuhwerk ja irgendwann ein Comeback. „Das Spiel mit Retro-Elementen ist ein Trend, der immer wieder in der Mode zum Einsatz kommt und derzeit sehr präsent ist“, hält das Michel Mayer für gar nicht ausgeschlossen.

 

Fotos: GEPA pictures /Votava / brandstaetter images / picturedesk.com

Redakteur: Horst Hötsch
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