„Ich hab’ sie jetzt nicht verstanden“, stammelte Sturm-Präsident Hannes Kartnig. Nicht nur einmal musste ORF-Moderator Elmar Oberhauser seine Fragen an die Präsidenten Kartnig und Kaltenbrunner angesichts des ohrenbetäubenden Lärms wiederholen. Die Stimmung an diesem 1. Juni 1996 war im rappelvollen Happel-Oval schon eine Stunde vor Anpfiff unglaublich, der Lärm bombastisch. Kein Wunder, es ging um viel, konkret um alles. Das Drehbuch hatte aufgrund der Tabellensituation eine Runde vor Schluss ein echtes Finale um den Meistertitel der Saison 1995/96 zwischen Rapid und Sturm Graz. Eine Runde vor Saisonende hielt Rapid bei 70 Punkten, Verfolger Sturm bei 67. Die Steirer benötigten also einen Sieg, um den Titel nach Graz zu holen, Rapid reichte ein Unentschieden. Diese dramatische Konstellation hatte die Massen ins Happel-Stadion gelockt. Ein so volles „Happel“ bei einem Bundesliga-Spiel – das hatte es davor noch nie gegeben. 48.000 wollten den Krimi hautnah miterleben. Und sie sorgten für eine ebenso geschichtsträchtige Atmosphäre mit kaum zu beschreibendem Lärmpegel. In Spielminute sieben drohte dann erstmals das Dach wegzufliegen. Die Rapid-Edelzangler Kühbauer und Stöger kombinierten sich in den Sturm-Strafraum. Nach Stögers Stanglpass aufs lange Eck grätschte Pivarnik gerade noch rechtzeitig in den Ball und bugsierte ihn via Innenstange ins Tor – 1:0. Es war erst Pivarniks zweites Saisontor, das Stadion explodierte erstmals. In der 86. Minute dann die Entscheidung: Kühbauer flankte nach Stöger-Zuspiel mit links aus vollem Lauf auf den eingewechselten „Büffel“ Christian Stumpf. Der „flog“ heran, verwertete per Kopf zum 2:0. Damit war alles entschieden. Rapid feierte nach acht Jahren der Enthaltsamkeit wieder einen Meistertitel, die „Mission 30“ war erfüllt, die Genugtuung besonders groß. Vor allem gegenüber dem wortgewaltigen und oft provokanten Sturm-Präsidenten Hannes Kartnig. „Hannes, wink amoi“, sangen die siegestrunkenen Rapid-Spieler in der Umkleidekabine. Im ORF-Interview sagte Rapid-Erfolgstrainer Ernst Dokupil: „Ich war bis zum Schluss vorsichtig. Ich bin schließlich kein Hochjubler, so wie der Sturm-Präsident, sondern bleibe realistisch. Deswegen ist der Titel eine riesige Freude.“ 20 Jahre später hielt Dokupil im Bundesliga-Journal fest: „Kartnig hat die ganze Saison über nur provoziert. Er hat uns immer als ahnungslos hingestellt. Und so war es die größte Genugtuung, dass wir den Titel nach Hütteldorf holten.“