11 Fragen an Atdhe Nuhiu: Wie fühlt sich ein Tor gegen Rapid an?

19. November 2021 in ADMIRAL Bundesliga Altachs Sturmtank vor dem Duell mit Rapid über emotionale Tore, seinen schwierigen Vornamen, Pacult, Gludovatz, englische Lehrjahre, Corona und warum er nur selten Interviews gibt.

Atdhe Nuhiu ist keiner, der die Medienöffentlichkeit sucht. Statt Interviews zu geben, lässt er lieber Taten am Platz für sich sprechen – da ist er wegen seiner Statur und knapp 2 Metern Größe ohnehin nicht zu übersehen. Wenn er sich aber für ein Gespräch Zeit nimmt, wird schnell klar, Altachs 32-jähriger Stürmer hat einiges erlebt und zu erzählen. Bevor es in der 15. Runde zum Match gegen seinen Ex-Klub nach Hütteldorf geht, haben wir ihm 11 Fragen gestellt. Und dabei unter anderem herausgefunden, welche Emotionen sein spätes Siegestor gegen Rapid beim ersten Duell in Altach ausgelöst haben.  

1. Du hast dein erstes Tor nach deinem Bundesliga-Comeback ausgerechnet gegen Rapid geschossen. Wie fühlt sich das an?

Ich hatte gemischte Gefühle. Natürlich habe ich mich gefreut, aber dass es genau gegen Rapid sein musste, nachdem ich so viele Jahre nicht mehr in Österreich gespielt habe … das sind Dinge, die schreibt nur der Fußball.

2. Du hast in deiner Karriere schon gegen Vereine wie Manchester City, Aston Villa oder Olympique Marseille getroffen. Was war für dich das emotionalste Tor?

Das Tor bei unserem Auswärtssieg mit Rapid gegen Aston Villa, das war schon großartig. Aber auch das gegen Marseille für Eskiserispor.

3. Du hast 277 Spiele für Sheffield gespielt, warst 7 Jahre in der englischen zweiten Liga. Was hat dir dort so gut gefallen?

Der Fußball wird komplett anders gelebt und gespielt. Es gibt wenig Jammern und Sudern. Man nimmt die Sachen, so wie sie sind hin und gibt sein Bestes. Mir hat sehr gut gefallen, dass dort einfach nur das zählt, was am Platz passiert und nicht, was sich abseits davon abspielt. Das hat mir sehr imponiert.

4. Ganz ehrlich: wie oft wird dein Vorname falsch geschrieben, Atdhe?

Haha. Relativ häufig. In England habe ich meinen Namen eigentlich fast nie mehr gesagt, sondern ihn immer gleich buchstabiert.

5. Warum gibst du nicht so gerne Interviews?

Das hat nichts mit Scheu zutun oder so. Ich will einfach nicht jede Woche meinen Senf überall dazugeben. Wenn es sein muss, und es muss im Fernsehen was gesagt werden, gehe ich auch voran. Aber wenn es nicht sein muss, kommuniziere ich Dinge lieber intern. Das Problem bei Interviews ist ja das: Entweder man sagt immer dasselbe oder man sagt die Wahrheit, dann sind da aber auch vielleicht Sachen dabei, die nicht ins Schema passt.

6. Wie beurteilst du das, was dein Ex-Trainer Peter Pacult in deiner ehemaligen Wirkungsstätte Klagenfurt leistet? Ihr seids ja in Altach gegen sie 0:4 unter die Räder gekommen.

War schön ihn zu sehen. Wir haben uns im Zuge des Spiels auch länger unterhalten. Super Arbeit, die er dort leistet. Hut ab! Er war ja damals als Trainer auch dafür verantwortlich, dass ich zu Rapid gekommen bin.

7. Du hattest schon 21 Trainer, welche waren für dich die prägendsten?

21 Trainer? Haha. Das hätte ich nicht gedacht. Es wäre jetzt unfair nur einen hervorzuheben. Unter Schinkels habe ich zum Beispiel meinen ersten Profivertrag bekommen. Dafür werde ich immer dankbar sein. Dann gab es einen Paul Gludovatz, der in Ried auf Junge gesetzt hat und mir so den Weg bereitet hat. Dann Pacult, der mich zu Rapid geholt hat. Du siehst, jeder hat seine Wichtigkeit gehabt. Oder Andi Herzog, der damals in der U21 sehr auf mich gebaut hat, wo wir eine super Truppe hatten mit Arnautovic und so. Im Ausland habe ich von Carlos Carvalhal brutal viel gelernt. Der ist Portugiese und jetzt Trainer bei Braga. Er war vorher bei Sporting, Besiktas und mit Swansea in der Premier League. Mit ihm waren wir mit Sheffield im Playoff-Finale um den Aufstieg.

8. Hat dich die Nachricht von Paul Gludovatz Tod auch wie der Blitz getroffen?

Ich habe ihn leider lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal, wo ich noch mit Rapid gegen Ried gespielt hab. Da ist er zu mir hergekommen, hat mich umarmt und gesagt: Kumm her, mei Bua. Mein Beileid an seine Familie. Ich hoffe, dass sie diese schwierige Zeit gut meistert. Für mich war er mein prägender Trainer damals in Ried, der mir ermöglicht hat, dort durchzustarten und so den Sprung zu Rapid zu schaffen.

9. Du bist im Kosovo geboren. Wie ist deine Familie von Ex-Jugoslawien nach Österreich gekommen?

Es war zwar noch vor dem Krieg, 1989, aber da war schon alles am Zerbrechen. Mein Vater war unten Biologie- und Chemie-Professor, in Österreich konnte er das nicht mehr ausüben, da musste er andere Jobs annehmen, um die Familie zu versorgen. Es war toll und wichtig, dass wir die Möglichkeit hatten, nach Österreich zu kommen. Deshalb ist es auch unser und mein Zuhause.

10. Wie geht man mit der Coronakrise um? Die Gesellschaft ist schon fast in zwei Lager gespalten.

Es ist schwer eine Lösung zu finden. In der Haut der Politiker will ich da ehrlich gesagt nicht stecken. Egal, welche Entscheidung sie in dieser Situation treffen, sie wird immer Unzufriedenheit auslösen. Ich fühle wirklich mit ihnen. Ich denke, dass sie trotzdem versuchen, das Beste zu entscheiden. Ich zum Beispiel bin von Corona genesen und zweimal geimpft, da hätte ich mir eigentlich gedacht, dass es das mit Lockdowns gewesen sein sollte. Sowas ist dann natürlich schwierig zu erklären. Ich will mich bei dem Thema nicht besonders einmischen, bin kein Virologe Ich mache das, was ich glaube, das für mich am besten ist. Und wenn die Impfung die prozentuelle Chance senkt, einen schwierigen Verlauf zu haben, dann ist sie für mich positiv.

11. Letzte Frage: Du bist ja der wahrscheinlich bulligste Stürmer der Liga. Wieviel Kilo hast du? Ist die Zahl dreistellig?

Wieso? Schaue ich so aus (lacht). 98 Kilo.

Artikel teilen: