Robert Almer: „Wir hatten seit einiger Zeit keinen Torhüter auf Weltklasse-Niveau“

19. March 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Vor einem Jahr gab er seinen Job als ÖFB-Trormanntrainer auf, am Mittwoch feiert Ex-Teamkeeper Robert Almer seinen 40. Geburtstag. bundesliga.at gratulierte und sprach mit ihm über seine neuen Berufsfelder, den „Wackeldackel“, die Torhüter und natürlich die EURO.

 

Robert, du hast vor ziemlich genau einem Jahr deinen Job als Tormanntrainer beim ÖFB-Nationalteam aufgegeben, was machst du seither?

Der Fokus liegt auf dem Studium der Physiotherapie, aber es tut sich auch sonst einiges. Ich habe etwa meine eigenen Tormann-Handschuhe entwickelt, die in vier Wochen in den Verkauf kommen sollen. Es ist in mir damals einfach der Entschluss gereift, auch einmal etwas anderes sehen zu wollen. Wenn man im Fußball-Business drinsteckt, jedes Wochenende unterwegs ist, hat man ja kaum Zeit, nach links und rechts zu schauen. Mir ist etwas abgegangen und natürlich hat auch die Familie, ich habe zwei Kinder im Alter von sieben und elf Jahren, eine große Rolle gespielt.

Du warst in deiner Karriere oft verletzt, kommt daher dein Interesse für Physiotherapie?

Klar habe ich mich da schon viel mit meinem Körper beschäftigt. Nach meiner Knieverletzung, die meine Karriere beendet hat, war ich mehr als eineinhalb Jahre lang jeden Tag in Reha, täglich acht Stunden lang. Da entwickelt man natürlich ein Interesse. Vor allem, wenn dir keiner wirklich helfen kann, willst du hinter die Kulissen blicken, um die Dinge zu verstehen. Ich bin erst im dritten Semester, aber ich hatte schon so einige Aha-Erlebnisse. Letztlich wird mir das Studium auch helfen, ein noch besserer Torwarttrainer zu werden, weil ich die Abläufe im Körper noch genauer kenne. Denn dass ich einmal zum Fußball zurückkehre, will ich nicht ausschließen.

Mit deiner Marke „PentAgrip“ hast du quasi einen Tormannhandschuh in der Tür. Wofür steht der Name und was ist so neu daran?

Der Name setzt sich aus Penta für die fünf Finger und grip für die Griffigkeit zusammen. Das große A steht für Almer. Man muss gar nichts neu erfinden, obwohl es schon viele neue Materialien gibt. Mir geht es um die Basis-Sachen, den Grip, die perfekte Passform. Der Handschuh wird fast gleich sein, wie der, mit dem ich zuletzt gespielt habe. Aber zu einem Preis, der ihn auch für Amateure interessant macht. Wer 180 Euro für seinen Handschuh ausgeben will, soll’s machen, ich will zeigen, dass man gute Qualität auch zum vernünftigen Preis haben kann.

Eine weitere Facette war dein Auftritt als „Wackeldackel“ bei „The Masked Singer“. Hattest du denn davor etwas mit Musik auf dem Hut?

Ich bin in eine Musik-Hauptschule gegangen, hab’ dort auch ein paar Instrumente gelernt, aber in den letzen 20 Jahren habe ich außer der Bundeshymne nicht viel gesungen. Es war ein cooles Erlebnis, weil es eine Erfahrung weit weg vom Fußball war. Es hat viel Spaß gemacht, ich habe aber auch keinen Druck gehabt, wie die anderen Kandidaten, die Sänger oder Schauspieler waren. Im Gegensatz zu ihnen war meine Fallhöhe relativ gering.

Bis vor einem Jahr hast du die Torhüter trainiert, für die jetzt der Countdown für die EURO 2024 beginnt. Wie siehst du uns aufgestellt?

Wir sind jetzt wieder sehr stabil, mit den Leuten, die dabei sind. Pentzi dürfte in Dänemark endlich sein Glück gefunden haben. Alex (Schlager) hat in Salzburg noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht, nachdem man vorher vermutet hat, dass er dort gar nicht spielen wird. Er hat viel investiert und das Loch, in das er beim LASK 2021 aus verschiedenen Gründen gefallen war, hat ihn letztlich sogar weitergebracht. Tobi Lawal ist ein relativ junges Talent, das gerade erst seine erste volle Saison durchspielt. Aber er hat enormes Potenzial und gegenüber den anderen auch eine gewisse Größe, die sicher kein Nachteil ist. Und dann gäb’s noch den Nik (Hedl), der gerade mit der ganzen aktuellen Thematik fertig werden muss. Ich gehe davon aus, dass ihm so etwas nicht mehr passieren wird.

Grundsätzlich müssen wir weiter schauen, möglichst viele junge Torhüter mit hoher Qualität nach oben zu bringen. Wir hatten in den letzen Jahren schon das Thema, dass wir seit einiger Zeit keine Torhüter auf Weltklasse-Niveau mehr hatten. Der letzte bei einem Top-Klub war Alex Manninger, wobei er dort auch nicht immer gespielt hat.

Du warst 2016 als Torhüter bei der EURO, 2021 als Tormanntrainer, was erwartest du diesmal?

Diesmal bin ich vollkommen Fan, schaue mir alle Spiele erstmals mit der Fanbrille an. Klar ist es eine schwere Gruppe, aber wie ich das Trainerteam in diesem einen Jahr unserer Zusammenarbeit kennengelernt habe und wie ich auch die Spieler kenne, ist in diesem Turnier alles möglich. Der positive Spirit, mit dem alle an die Sache herangehen, die Klarheit auf dem Platz, das zeichnet uns schon aus. Ja, mit David dürfte ein ganz wichtiger Spieler fehlen, auch der Ausfall von Sasa ist bitter. Aber die Mannschaft hat schon oft genug bewiesen, dass sie auch ohne sie bestehen kann.

Von der EURO 2016 blieb deine Top-Leistung beim 0:0 gegen den späteren Europameister Portugal in Erinnerung, als du sogar den Elfer von Ronaldo „an den Pfosten mentalisiert“ hast, wie der »Standard« schrieb. War das auch für dich eines deiner besten Spiele?

Das Spiel ist mir gar nicht so sehr wegen der eigenen Leistung in Erinnerung geblieben, sondern vor allem wegen der Stimmung im Stadion. So etwas erlebst du nur selten. Wenn ich mir das Spiel heute anschaue, sehe ich schon auch Punkte, die nicht ideal waren. Ich habe wie immer versucht, einen guten Job zu machen, das ist in diesem Spiel im Großen und Ganzen gelungen. Aber wir haben 0:0 gespielt, weil die ganze Mannschaft alles reingehaut hat. Wenn ich super spiele, aber Ronaldo den Elfer reinmacht und wir 0:1 verlieren, erinnert sich kein Mensch mehr an die gute Torhüterleistung. Lieber wäre mir aber gewesen, wir hätten 4:3 gewonnen. Dann hätte ich zwar drei Tore gefangen, aber wir wären aufgestiegen.

Den Großteil deiner Spiele in der ADMIRAL Bundesliga hast du für die Wiener Austria bestritten. Was hältst du von Chris Früchtl?

Eigentlich wäre mir ein Österreicher lieber, weil ich natürlich immer noch ein Fan unseres Nationalteams bin und so viele Österreicher wie möglich in der Bundesliga sehen will. Aber bei ihm sag’ ich noch ja, er gehört der Austria, hat Verkaufspotenzial, das ist ein Business-Modell, das die Austria in ihrer Lage braucht. Sonst wünsche ich mir, dass möglichst viele junge Österreicher spielen. Statistiken zeigen ganz klar: Je mehr Praxis ein Torhüter in jungen Jahren sammelt, desto weiter entwickelt er sich. Ein Jahr Regionalliga oder ein Jahr Bundesliga macht einen großen Unterschied.

Du hast bei deinem Heimatverein SV Birkfeld begonnen, der seine Spiele seit einigen Jahren im Robert-Almer-Stadion austrägt. Macht das stolz?

Ja, das ist natürlich eine Ehre, dass der Verein das durchgezogen hat. Obwohl ich nicht weiß, ob es ein gutes Omen war, weil es in meiner Verletzungszeit geschehen ist. Nein, es passt gut. Bald noch mehr, weil wir ganz in der Nähe gerade unser Haus bauen. Ich glaube, es wird sich sogar ausgehen, dass wir Blick auf den Sportplatz haben werden.

 

Fotos: GEPA pictures

Redakteur: Horst Hötsch
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