Wahl zum 50-Jahre-Tor: Thomas Flögel analysiert die Dekadensieger

27. March 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Bis zum 30. April haben Österreichs Fußballfans noch Zeit, das schönste Tor aus 50 Jahren Bundesliga zu wählen. Thomas Flögel, einst selbst ein Akrobat vor dem Tor und mit seinem genialen „Stadthallen-Tor“ Schütze des zweitschönsten Treffers der Austria-Geschichte, hat für bundesliga.at die sechs Dekadensieger noch einmal genau unter die Lupe genommen.

 

Das schönste Tor der 1970er-Jahre: Herbert Prohaska (FK Austria Wien, 1979/80)

„Das Ist eines der Tore, die Herbert Prohaska ausgemacht haben. Typisch, die enge Ballführung. Selbst wenn der Ball auf dem holprigen Platz wegspringt – die Plätze damals waren längst nicht so gut wie die heutigen –, ist er nicht vom Ball zu trennen. Er hat einfach diese gewisse Leichtigkeit, mit der er die Gegner stehen lässt. Und am Ende hat er doch den unbedingten Willen, das Tor zu machen. Mit einem Schuss, der gar nicht besonders scharf ist, sondern einfach nur sehr gut platziert.“

Das schönste Tor der 1980er-Jahre: Antonin Panenka (SK Rapid, 1981/82)

„Das beeindruckende an diesem Tor ist vor allem die Ruhe am Ball, die Panenka, wie nicht viele andere gehabt hat. Manche meinen heute vielleicht, dass er damals extrem viel Zeit hatte. Aber die hatte er, weil er alles so gemacht hat, dass er viel Zeit hat. Er kriegt keine Hektik vor dem Tor. Sein erster Kontakt ist so perfekt, dass der Ball bei ihm bleibt, während er bei jedem anderen vielleicht die paar Zentimeter weggesprungen wäre, die der Abwehr die Chance gegeben hätte, ihn zu stören. Und dass er dann, das Pratzerl hat, den Tormann zu überheben, war ja von seinen Freistößen bekannt. Aber so ein Schupfer über den Tormann, nur acht, neun Meter vor dem Tor, ist gar nicht so einfach. Jeder andere hätte wahrscheinlich ins lange Eck geschossen.“

Das schönste Tor der 1990er-Jahre: Ivica Vastic (SK Sturm Graz, 1997/98)

„Ein typischer Ivo. Wie er mit dem Ball aufdreht, sich sogar in zwei, drei Leute reindreht, aber trotzdem am Ball bleibt, weil er einfach technisch so gut ist, aber auch weil er weiß, wie er den Körper reinstellen muss. Er war einfach extrem stark, unter Druck Lösungen zu finden. Am Schluss hat er den Kopf oben, um zu schauen, wo der Ball hin muss und hat dann die Klasse, ihn ins Tor zu schlenzen.“

Das schönste Tor der 2000er-Jahre: Zlatko Junuzovic (FK Austria Wien, 2009/10)

„Für mich das schönste, weil technisch anspruchsvollste Tor. Wie Juno in der Rückwärtsbewegung den Ball mit der Brust mitnimmt und ihn dann genauso hoch aufspielt, dass er noch den Fallrückzieher machen kann, das war einfach herausragend. Ein anderer hätte sich dabei sicher Hüfte und Kreuz gebrochen.“

Das schönste Tor der 2010er-Jahre: Lucas Galvão (SCR Altach, 2015/16)

„Auch ein tolles Tor. Normal versuchst du in der Situation, den Ball irgendwie zurück zu spielen. Aber Galvão schraubt sich, noch dazu mit einer verdrehten Bewegung, hinauf und bringt den Ball direkt, sogar mit einer leichten Kurve, ins lange Eck. Sehr spektakulär! Mir taugt an diesem Tor vor allem die Handlungsschnelligkeit und das Risiko, das er eingegangen ist. Das sieht man heutzutage nicht so oft. Selbst in der Champions League trauen sich das viele nicht und spielen lieber noch dreimal hin und her, statt gleich den Abschluss zu suchen und halt vielleicht auch einmal in die Wolken zu schießen.“

Das schönste Tor der 2020er-Jahre: Guido Burgstaller (SK Rapid, 2022/23)

„Bei diesem Tor ist es die schnelle Bewegung, die die ganze Aktion ausmacht. Auch hier ist eine schnelle Lösung gefragt und Burgi findet sie in vollem Tempo mit der Ferse. Der Ball war extrem schwer zu nehmen, er macht das technisch aber hervorragend und genauso wie der Burgi ist, mit vollem Körpereinsatz. In welcher Schnelligkeit das passiert, sieht man dadurch, dass der Körper bei der Drehung gleich mitgeflogen ist. Die schnellste Lösung war in diesem Fall die beste und für die Zuschauer die schönste.“

Fotos: GEPA Pictures, Votava / brandstaetter images / picturedesk.com

Redakteur: Horst Hötsch
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