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22. Apr. 2022

11 Fragen an Jrg Siebenhandl: In 20 Jahren sagt keiner: Zweiter ist super!

Sturm Graz ist auf dem besten Wege, sich Platz zwei und die damit verbundene Champions-League-Qualifikation zu sichern. Vor dem „Rematch“ gegen Rapid beträgt der Vorsprung auf die Hütteldorfer acht Punkte, doch auch andere Zahlen beeindrucken. Nur fünf Saison-Niederlagen, vier Siege in der Meistergruppe in Folge – Sturm macht derzeit richtig Spaß. Doch in Graz-Messendorf ist man hungrig nach mehr, wie Keeper Jörg Siebenhandl, seit 2018 ein „Blackie“, im 11-Fragen-Interview verrät.

1. Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer hat euch nach eurem 2:1-Sieg bereits zum Vize-Titel gratuliert – nehmt ihr an?

Nein, auf keinen Fall. Dafür ist es noch zu früh, erledigt ist noch nichts. Die Ausgangslage ist gut, etwas Großes zu schaffen. Aber wir wollen Platz zwei erst finalisieren und dann darüber reden.

2. Erwartet ihr die Hütteldorfer mit Rachegelüsten?

Klar wollen sie uns schlagen, um die Chance zu wahren, an uns dranzubleiben. Erst recht, wenn sie vor den eigenen Fans spielen. Rapid im eigenen Stadion ist immer etwas Spezielles. Sie hatten aber auch schon am vergangenen Sonntag das Messer zwischen den Zähnen und wollten unbedingt gewinnen. Von daher erwarte ich keinen großen Unterschied.

3. Was bedeutet bei der Konstellation mit überragenden Salzburgern Platz zwei – inoffizieller Meister oder doch erster Verlierer?

Für mich ist es immer der erste Verlierer! Das Größte, das man erreichen kann, ist der Titel. Die Plätze dahinter sind schön, weil man im Europacup mitspielen kann. Aber einen Titel bekommt man nicht in die Sammlung. Best of the rest – das hat für mich keinen emotionalen Wert.

4. Und da hilft auch nicht, dass man die Saison vor den Wiener Klubs oder anderen Konkurrenten abschließen würde?

Wenn in 20 Jahren wer fragt, wird keiner sagen: Juchhu, ich war vor Rapid oder dem LASK! Etwas Dauerhaftes zu schaffen, geht nur über den Meistertitel. Der steht in den Annalen, darauf kann man verweisen. Keiner stellt sich hin und sagt: Schaut, da bin ich Zweiter geworden, super!

5. Nichtsdestotrotz spielt ihr eine tolle Saison. Nur fünf Niederlagen in 27 Spielen, drei davon gegen Salzburg. Stolz?

Bis jetzt war es eine gute Saison, keine Frage. Fünf Niederlagen sind gut, aber trotzdem zu viel. Wir wollen mindestens einmal gegen Salzburg gewinnen, einmal haben wir noch die Chance (Anm.: am kommenden Mittwoch). Wenn wir das schaffen, ist es okay. Es ist doch so: Wenn man ganz vorne stehen will, braucht man eine Über-drüber-Saison. Salzburg wird immer die Siege einfahren. Dann kommt es auf die direkten Duelle an, die muss man gewinnen.

6. Ihr habt seit dem 28. November nur ein Spiel verloren und erstmals vier Siege nacheinander in der Meistergruppe eingefahren. Deine Erklärung, warum es aktuell wie am Schnürchen läuft?

Vielleicht liegt es daran, dass wir von all den Zahlen, die du mir jetzt genannt hast, keinen Schimmer haben. Wir verfolgen das nicht, legen den Fokus immer nur auf das nächste Spiel. Mich interessiert nicht, wie viele Spiele wir gegen wen verloren haben, wo wir Punkte geholt und liegen gelassen haben. Was in der Vergangenheit liegt, kann ich eh nicht beeinflussen. Wir haben jetzt noch fünf Spiele, können Platz zwei einzementieren. Niemals mit dem Erreichten zufrieden sein – das zeichnet uns aus.

7. Platz zwei berechtigt auch heuer wieder zur Teilnahme an der CL-Qualifikation. Spielt das in den Köpfen eine Rolle?

Glaub mir: Jedem ist klar, dass die Möglichkeit besteht, nächstes Jahr nochmal eine Etage höher zu spielen als in dieser Saison. Aber das ändert nichts daran, dass ich generell so weit vorne wie möglich abschneiden möchte. Wir können etwas Großes erreichen, aber da ist die aktuelle Saison auch nur ein Puzzleteil. Man muss im kommenden Jahr ja auch wieder performen, um die Ausgangsposition, die wir uns jetzt geschaffen haben, auch nutzen zu können.

8. Du bist einer der wenigen Spieler im Kader, die 2018 schon dabei waren, als Sturm letztmals die Chance auf die Königsklasse hatte. Deine Erinnerungen?

Na ja, so richtig nah dran waren wir nicht… (lacht) Der Umbruch war damals zu groß, wir waren chancenlos gegen eine Ajax-Mannschaft, wo viele meinten, dass das nicht mehr das große Team der Vergangenheit sei. Danach kamen sie ins Halbfinale der Champions League, so schlecht waren sie also wohl nicht… Aber man hat schon im Kopf, dass man es beim nächsten Mal besser machen will. Wir haben auch in dieser Saison in der Europa League gemerkt, dass wir uns von Spiel zu Spiel steigern können, dass uns gar nicht so viel fehlt, um auch gegen Top-Teams bestehen zu können. Diese Erfahrung können wir auf jeden Fall mitnehmen.

9. Ihr hattet in der Europa League eine Hammergruppe. Aber wenn man eure Liga-Performance sieht – wäre nicht sogar mehr drin gewesen?

Ich finde, dass unsere Ausbeute mit zwei Punkten nicht so schlecht war, wie sie von manchen gesehen wurde. Wir hatten in den ersten Spielen einen gewissen Respekt, da hätten wir mit mehr Selbstvertrauen in die Aufgaben marschieren können. Aber PSV, Monaco und San Sebastian waren auch wirklich gute Mannschaften. Außerdem war es für fast alle im Kader das erste Mal, dass sie eine Gruppenphase erlebt haben und jeden dritten Tag gefordert waren. Dafür war es absolut in Ordnung.

10. Du bist mittlerweile 32 Jahre alt – ist die CL-Gruppenphase noch dein ganz großer Traum?

Na klar! Ich sage doch nicht: Ich verliere lieber, gehe in die Europa League und mache es mir dort gemütlich. Neben nationalen Titeln ist das das größte, das du erreichen kannst und für einen Verein aus Österreich auch nicht selbstverständlich. Das hat man schon daran gesehen, wie lange Salzburg gebraucht hat, dort hineinzukommen. Aber nochmal: Wir müssen erst einmal Platz zwei absichern, bevor wir zu träumen beginnen.

11. Ihr habt mit Altmeister Jakob Jantscher und Jungspund Rasmus Höjlund eine spannende Mischung im Sturm. Was geben diese beiden Typen der Mannschaft?

Der Rasmus ist ein junger Wilder, der genau weiß, was er im Fußball erreichen will. Der hat seine Vorstellungen und marschiert drauf los. Wie bei seinen Abschlüssen, er zweifelt wenig, zieht einfach sein Ding durch. Jantschi ist ein richtig geiler Fußballer, ein Schlitzohr, das Lösungen findet, wo andere keine sehen. Ihm tat der Switch von der Außenbahn ins Sturmzentrum nochmal richtig gut, er macht das hervorragend. Nicht umsonst zeigen seine Scorerdaten, dass er eine der besten Saisons seines Lebens spielt.