25. Feb. 2022

11 Fragen an Ludovic Magnin: Dachten Sie, dass es so schwer wird?
Sportlich steckt der SCR Altach in einem tiefen Loch. Tabellenletzter, acht Niederlagen in Folge und dabei nur ein Tor geschossen. Das kann einem schon mal die Zuversicht und die Hoffnung rauben. Spricht man mit Ludovic Magnin ist davon aber wenig zu spüren. Der 62fache Schweizer Ex-Teamspieler wirkt im Gespräch mit bundesliga.at sehr positiv, energiegeladen, ja fast schon gut gelaunt. Aber auch entschlossen und bereit den harten Abstiegskampf anzunehmen. Und der geht am Samstag in der vorletzten Runde des Grunddurchgangs (hier der Spielplan) gegen den vorletzten Admira so richtig los.
1. Wenn man den Tabellenletzten übernimmt, weiß man, dass es hart wird. Aber ganz ehrlich, hätten Sie sich die Aufgabe so schwer vorgestellt?
Das schon. Von den Spielen, die ich zuvor im Fernsehen gesehen hatte und von dem, was man mir erzählt hat, war mir das schon bewusst. Ich habe aber gehofft, dass es leichter wird. Denn natürlich träumt man im Leben davon, dass es besser läuft als man erwartet. Andererseits verkraftet man Schwierigkeiten auch leichter, wenn man darauf vorbereitet ist.
2. Wie sehr haben Sie auf einen Trainereffekt gehofft?
Naja, unsere Situation ist nicht vergleichbar mit einem plötzlichen Trainerwechsel innerhalb einer Woche, wo du dann gleich mit der selben Mannschaft weiterarbeitest – und nur auf diesen typischen Trainereffekt baust. Wir haben fünf Neuzugänge verpflichtet und auch die Spielphilosophie verändert. Wir wollten von Grund auf etwas verändern. Uns ist bewusst, dass solche Veränderungen immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden sind.
3. Wie wichtig wäre ein Punktegewinn gegen die Admira, alleine aus psychologischer Sicht?
Da muss man nicht um den Brei herum reden. Das wäre von höchster Bedeutung in unserer Situation. Für uns beginnen schon am Samstag die Playoffs. Wir haben jetzt zwölf Endspiele. Das ist auch meine Aufgabe, das klar den Spielern zu kommunizieren. Alles andere wäre eine Lüge.
4. Sie wollten mit Altach aktiver spielen. Wie lange braucht man, um das auf den Platz zu bringen?
Das kann man schwer sagen. Wir hatten im Winter einige Herausforderungen zu meistern. Bei meiner Amtsübernahme sind wir mit zehn Feldspielern auf dem Platz gestanden. Für die Verpflichtung unserer Neuzugänge haben wir uns auch bewusst die Zeit gelassen, um Spieler verpflichten zu können, die uns weiterhelfen. Dafür sind wir auch den Kompromiss eingegangen, dass sie spät zur Mannschaft stoßen. Dazu wurde unser letztes Testspiel leider aufgrund des Wetters abgebrochen. Da sind schon einige Faktoren zusammengekommen. Wir hätten gerne mehr Zeit, aber die haben wir nicht. Wir müssen uns von Spiel zu Spiel entwickeln. Ich glaube schon, dass bereits vom ersten zum zweiten Spiel eine Steigerung zu sehen war.
5. Was darf man sich von den neuen Monschein, Gaudino, Nimaga und Nanizayamo wie schnell erwarten?
Das ist wieder ein Punkt, den du nicht genau vorhersehen kannst. Jeder Spieler, jeder Mensch ist verschieden. Es gibt eine Integration auf dem Platz, in der Kabine. Das ist wie gesagt das Risiko, das wir bewusst genommen haben. Wir wollten Spieler verpflichten, die in unserer Mannschaft eine Leader-Rolle einnehmen können und haben den Fokus besonders auf die Achse gelegt. Ich erwarte mir, dass die neuen Spieler diese zweite Chance, die sie bei uns kriegen, schätzen und voraus marschieren. Da sie teilweise von Vereinen kommen, wo man ihnen kein Vertrauen entgegengebracht hat. Ich habe bei meiner Karriere auch oft diese 2. Chance gebraucht, um so eine Karriere zu schaffen. Ich will ein Trainer sein, der ihnen diese gibt.
6. Muss man den Schalter noch auf dreckigen Abstiegskampf umlegen?
Auch in dieser Hinsicht haben wir unsere Grenzen noch nicht erreicht und ich weiß, dass auch die Mentalität auf dem Weg zum Klassenerhalt eine wichtige Rolle spielen wird. Das Andere ist, dass wir mit dem Ball sicher schon Fortschritte gemacht haben. Wir hatten zuletzt über 60 Prozent Ballbesitz. Das ist auch nicht selbstverständlich, sondern eher ungewöhnlich für einen Tabellenletzten. Natürlich ist es schwer in dieser Negativspirale – aber man muss auch sehen, hier sind Menschen am Werk, die haben auch Gefühle – deshalb versuchen wir trotzdem das beste Mannschaftsklima zu schaffen, das in dieser Situation möglich ist.
7. Sie waren als Spieler ein Fighter. Macht es das leichter, diese Kämpferqualitäten jetzt von ihren Spielern einzufordern, die es in dieser Situation braucht?
Die Mentalität ist die größte Qualität eines Fußballers. Die ermöglicht ihm eine Karriere zu machen. Bei einer Mannschaft ist aber auch die Mischung entscheidend. Wenn wir nur Spieler von meiner Sorte hätten, wäre es auch nicht möglich, etwas zu erreichen. Jedes Spiel gibt mir jetzt die Gelegenheit, die Mannschaft besser kennenzulernen und zu spüren, auf wen ich mich verlassen kann. Durch meine Erfahrungen als Spieler weiß ich auch, was notwendig ist, um nach einer solchen Niederlagenserie wieder in die Erfolgsspur zu finden. Ich bin zwar nicht am Platz, aber ich kann sie schon führen und dabei helfen.
8. Nach 8 Niederlagen in Folge – was gibt Ihnen Hoffnung, dass man den Turnaround schafft?
Es gibt genug Beispiele, von Menschen, die nach schwierigen Phasen noch stärker zurückgekommen sind. Im Sport generell. Man braucht sich in Vorarlberg nur Johannes Strolz anschauen, der schon selbst zahlen musste für sein Training und jetzt zweimal Gold geholt hat. Da sieht man, was möglich ist. Natürlich wissen wir, dass es sehr hart wird.
9. Nur 1 Tor in den letzten 8 Spielen, wie will man die Torgefährlichkeit wieder erhöhen?
Das zeigt, dass wir unabhängig von Trainer und System gewisse Dinge zu lösen haben. Wir wissen, dass wir wohl keine Spiele 4:0 gewinnen werden, aber dann müssen wir sie eben 1:0 oder 2:1 gewinnen. Dafür müssen wir in der Defensive gut organisiert sein und Standardsituationen, Umschaltspiel oder auch jede andere Möglichkeit nützen, um ein Tor zu machen. Natürlich haben wir auch den einen oder anderen Spieler geholt, um das zu verbessern. Aber wir wissen, dass wir die letzten 30 Meter vor dem Tor große Schwierigkeiten haben, da müssen wir gewisse Laufwege automatisieren im Training – wenn die Mannschaft nicht diese DNA hat, musst du das trainieren.
10. Hatten Sie in ihrer Karriere als Spieler und Trainer schon einmal so eine schwere Situation zu bewältigen?
Ich hatte eine sehr schwere Situation als Trainer beim FC Zürich. Am Anfang dieser Corona-Geschichte als das noch niemand so gut kannte. Da sind wir aus der Quarantäne rausgekommen und haben dann 5:0 gegen die Young Boys verloren und dann kam ein Negativlauf ins Rollen. Für den gab es aber verständliche Gründe. Da haben wir auch 6 Spiele verloren. Das war allerdings schon etwas anderes, weil da haben wir zwar unser Ziel, die Europa League, verpasst, es ging aber nicht um den Abstieg.
11. Wenn sich die politischen Ereignisse so überschlagen wie diese Woche in der Ukraine. Werden da sportliche Probleme nicht auf einmal kleiner?
Wie wahrscheinlich die meisten, hätte ich schon nicht gedacht, dass eine Pandemie unser Leben so eingrenzen könnte. Genauswenig hätte ich mir vorstellen können, dass Krieg in dieser Form heute noch möglich sein könnte. Vielleicht war das auch etwas naiv. Das alles darf aber keinen Einfluss auf meine Arbeit als Trainer des SCR Altach haben. Wir konzentrieren uns zu hundert Prozent auf unsere Aufgabe und den Klassenerhalt, den wir mit allem, was in unserer Macht steht, erreichen wollen. Trotzdem habe ich natürlich auch zu gewissen Themen eine persönliche Meinung. Es ist natürlich fragwürdig, ob ein Champions League-Finale in Russland stattfinden soll, oder eine WM in Katar ausgetragen wird. Es ist offensichtlich, dass bei solchen Entscheidungen das Geld regiert und nicht die Meinung oder die Interessen der Sportler.