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06. Juli 2022

11 Fragen an Raffael Behounek: Ich sage weiter meine Meinung!

Dieser Mann ist authentisch – und will es auch bleiben. WSG-Tirol-Abräumer Raffael Behounek gehört aber nicht nur zu den meinungsstärksten Spielern der Liga, sondern auch zu den technisch besten Innenverteidigern. Was seine Futsal-Vergangenheit damit zu tun hat, wie er sich auf eigenen Wunsch zum Innenverteidiger umfunktionieren ließ und warum die Vorbereitungszeit ein zweischneidiges Schwert ist, verrät er in unserer Rubrik „11 Fragen“.

 

1. Die Vorbereitungszeit gilt bei Profis als die unangenehmste des ganzes Jahres. Stimmt’s?

Teils teils. Körperlich ist es eine Qual, diesbezüglich mag ich die Zeit überhaupt nicht. Und ich kenne auch keinen, der sie mag, aber da muss man als Profi durch. Mental ist sie dagegen die angenehmste Phase des Jahres: Es gibt noch keine Spiele, keinen Druck, punkten zu müssen, es geht nicht dauernd ums Gewinnen.

2. Dafür gibt es Testspiele, in einem solchen habt ihr am vergangenen Wochenende den 1. FC Nürnberg mit 2:0 geschlagen. Ein Fingerzeig?

Bitte nicht überbewerten. Beide Mannschaften kamen aus dem Trainingslager, die Beine waren schwer. Bei uns ist der Kader noch längst nicht komplett, vor allem in der Offensive fehlen uns noch Spieler. Zur Wahrheit gehört aber auch: Selbst bei Testspielen gewinnt man viel lieber, als dass man verliert.

3. Du sprichst den offensiven Aderlass an, mit Vrioni und Sabitzer haben euch, inklusive Europacup-Play-offs, 28 Tore verlassen. Betrachtest du das mit Sorge oder denkst du: Unsere Verantwortlichen regeln das schon?

Sowohl, als auch. Klar, 28 Tore… Dass zwei Spieler so viele Treffer erzielen, gibt es wohl nur bei Salzburg und vielleicht noch bei Sturm Graz (Anm.: dort kamen Jantscher und Sarkaria auf 27 Tore). Da verlieren wir schon extreme Qualität. Fairerweise muss man aber sagen: Die Qualität, die wir mit Vrioni hatten, ist für einen Klub wie Wattens in Wahrheit nicht leistbar. Das liegt einfach an der guten Kooperation, die wir mit Juventus haben. Er ist ein Stürmer, dessen Tore Punkte bringen, das ist eine eigene Qualität. Das ist mir viel lieber als einer, der bei 0:4 in Salzburg das Ehrentor schießt.

4. Ihr habt in den letzten beiden Jahren am Europacup geschnuppert. Reines Zubrot oder würde es dich schon reizen, international zu spielen?

Reizen auf alle Fälle, aber es ist nicht unsere Realität hier in Wattens. Letzte Saison sind wir im Play-off verdientermaßen an Rapid gescheitert, im Jahr davor war es dem Modus geschuldet. Für mich schwer nachvollziehbar, dass der Sechste um die harte Arbeit umfällt, während der Achte noch die Chance auf Europa hat. Aber bei uns geht es um den Klassenerhalt, um nichts anderes. Wir haben den kleinsten Etat der Liga, dafür überragende Transfererlöse – das ist das Konzept, das bei uns funktionieren muss.

5. Trainer Thomas Silberberger geht in seine zehnte Saison, du hast ihn zwei Jahre erlebt. Was macht ihn so speziell, dass so eine Karriere in Zeiten wie diesen noch möglich ist?

Ich glaube, dass der Verein grundsätzlich anders aufgebaut ist. Bei uns gibt es keinen im Vorstand, der denkt, er oder sie hätte den Fußball erfunden. Trainer und Sportdirektor können in Ruhe arbeiten, die Medienlandschaft in Tirol ist auch nicht allzu kompliziert. Hier wird nach zwei Niederlagen am Stück niemand gesteinigt. Was mir an ihm als Typ am meisten taugt: Er ist immer authentisch, erzählt im Sky-Interview nicht etwas ganz anderes als in der Kabine. Er muss sich weder hier noch da künstlich profilieren. Dass er sportlich top ist, zeigen alleine unsere Platzierungen. Ich kann mich an keine Saison erinnern, in der wir vorher nicht als Fixabsteiger galten.

6. Auch du giltst als authentisch, hast für das eine oder andere Interview auch schon Ärger bekommen. Sagst du, so bin ich halt oder möchtest du dich bemühen, ruhiger zu werden?

Ich finde, dass sich die Fußballwelt mal entscheiden müsste. Wenn sich einer hinstellt und nur Floskeln von sich gibt, heißt es: Fußballer sind uninteressant. Redet einer mal Klartext, steht man auch nicht hinter ihm, weil man so etwas nicht öffentlich machen soll. Was denn nun? Ich finde, es darf auch mal härtere Worte geben, wir sind ja nicht aus Zucker, müssen auch mal etwas aushalten. Wobei mir bewusst ist, dass ich bei meinem Interview nach dem 0:5 bei Sturm Graz eine Spur zu weit gegangen bin, da hätte ich die Mannschaft nicht so an den Pranger stellen dürfen. Man darf aber nicht immer alles runterschlucken. Ich kann jedenfalls damit umgehen, dass die Meinungen bezüglich meiner Person auseinander gehen.

7. Vergangene Saison habt ihr aus den ersten acht Spielen fünf Punkte geholt. In der kommenden Saison heißen die ersten Gegner Lustenau, Hartberg und Klagenfurt, auf dem Papier hätte es schlimmer kommen können. Hilfreich oder gefährlich?

Bis auf Salzburg hat in der Liga niemand die Qualität zu sagen: Wir fahren nach Lustenau und nehmen dort fix drei Punkte mit. Wir schon gar nicht. In solchen Spielen kommt es auf die Tagesform an. Vor allem in Lustenau: Die haben eine riesige Euphorie, volles Haus, träumen seit über 20 Jahren von der Bundesliga – eine richtig schwere Aufgabe.

8. Dein Vertrag läuft im Sommer 2023 aus, nach heutigen Fußballregeln wäre jetzt die Zeit, um über eine Verlängerung zu sprechen. Schon passiert?

Was Gespräche angeht, gibt es weder Stress noch irgendeinen Stand. Das wird in aller Ruhe passieren, wenn es so weit ist.

9. Im vergangenen Winter gab es ja das Gerücht, Benfica Lissabon wäre an dir interessiert. Was war da dran?

(lacht) Da muss ich jetzt zu einer diplomatischen Antwort greifen… Gerüchte, die irgendwo aufpoppen, kommentiere ich grundsätzlich nicht, weil ich sonst kaum Zeit für andere wichtige Dinge im Leben hätte.

10. Du gehörst zu den technisch stärksten Innenverteidigern der Liga. Ist das mit deiner Futsal-Vergangenheit zu erklären?

Das hat schon auch damit zu tun. Ich kann nur jedem jungen Spieler raten, sich Futsal genauer anzuschauen. Ich habe mit 16 Jahren angefangen, vier oder fünf Jahre gespielt, das hat mir sehr geholfen. Ich war damals ja kein Innenverteidiger, sondern Offensivspieler. Erst als ich nach Mattersburg gewechselt bin (Anm.: Sommer 2017), hatte ich die Idee: Okay, ich möchte Innenverteidiger spielen. Diesen Wunsch habe ich bei den Vertragsverhandlungen deponiert, zu meiner Überraschung hieß es: Ja, das passt.

11. Wie kamst du auf diese verwegene Idee?

Ich war damals einfach ehrlich zu mir selbst und habe gesagt: Für die Offensive bin ich auf diesem Niveau nicht schnell genug. Wenn ich es in die Bundesliga schaffen will, muss ich etwas ändern. Schnell habe ich gemerkt: Innenverteidiger ist genau das Richtige, da kann ich das Spiel lesen, antizipieren, kann viel wettmachen. Ich wollte es unbedingt probieren. Hat ja ganz gut funktioniert!