29. Nov. 2023

Als der Wdmasta die Nordkette zum Beben brachte
Zum Drüberstreuen holten die Tiroler in einem wahren Final-Krimi (0:2, 6:2) gegen die Admira auch noch den Cupsieg. Doch Happels Hunger nach Erfolgen war damit noch nicht gestillt. Mit der Verpflichtung des Argentiniers Nestor „Pipo“ Gorosito (später sogar Nationalspieler) und des Tschechen Vaclav Danek erhielt der Kader neue Offensivpower. Die Dominanz der Innsbrucker auf dem Rasen wurde dadurch noch erdrückender. In der Herbstsaison gab es nur eine Niederlage, am Saisonende 1989/90 hatte man stolze acht Punkte Vorsprung auf die Wiener Austria. Der zweite Meistertitel in Folge war in trockenen Tüchern. Kleiner Schönheitsfehler war die Cup-Viertelfinale-Niederlage bei der Vienna.
Dicke Trainingsanzüge bei 35 Grad
Der damals blutjunge 20-jährige Michael Baur erinnert sich im Gespräch mit dem Bundesliga-Journal zurück: „Unser großer Vorteil damals war die Fitness. Wir waren konditionell allen überlegen.“ Und Happel kannte in Sachen Trainingsintensität keine Gnade. „Wir mussten stets mit dicken Trainingsanzügen trainieren. Egal, ob bei Regen oder bei 35 Grad in der Mittagssonne wie beim Trainingslager in Argentinien.“ Apropos Trainingslager in Argentinien. „Happel bestand darauf, dass die gesamte Mannschaft in einem Trakt untergebracht war. Das Hotel schaffte das zunächst nicht und Happel drohte mit der sofortigen Abreise. Am nächsten Tag waren wir dann alle in einem Trakt. Auch das war Happel, er hat seine Linie immer knallhart durchgezogen.“
Als Wiener Grantler, wie ihn viele Journalisten immer wieder bezeichnet hatten, habe er Happel allerdings nie wahrgenommen. „Er hat nie auf die Mannschaft draufgehauen und sich in der Öffentlichkeit immer schützend vor sie gestellt.“ Baur kam damals aus der eigenen Jugend in den Profikader. Im Europacup gegen Nikosia im Herbst 1989 debütierte er unter Happel und erzielte dabei gleich sein erstes Profi-Tor. „Vor dem Spiel hat er mich gefragt, ob ich einen Beistrich in der Hose habe. Und mir dann einen Satz gesagt, den ich nie vergessen werde. Er meinte: Ein guter Spieler ist sofort ein guter Spieler. Und du bist ein guter. Das hat mir unheimlich viel Selbstvertrauen gegeben.“
Disziplin und Einsatz standen bei Happel stets an erster Stelle. Er scheute auch nicht davor zurück, große Namen auf die Bank zu setzen und stattdessen der Jugend eine Chance zu geben. „Alle hatten vor ihm Respekt, da gab’s nie ein Murren“, so Baur. Versuchte ein Spieler, Happels Philosophie zu durchkreuzen, gab es entsprechende Konsequenzen.
Gargers Fehler mit dem Suppenteller
Dazu weiß Baur eine lustige Anekdote: „Wir haben auswärts in Graz gespielt. Beim Mannschaftsessen hat sich Kurt Garger einen zusätzlichen Teller Suppe bestellt, prompt stand er nicht in der Startaufstellung. Happel zu ihm: Du isst das, was alle anderen auch essen und nicht einen Suppenteller mehr.“ Dass Happel selbst bei der Ernährung keinen Spaß kannte, nahm Pacult einmal zum Anlass, um sich mit dem jungen Baur einen Spaß zu erlauben. „Bei Happel durfte man sich maximal eine kleine Nachspeise gönnen. Ich bestellte auf einer Raststation eine Kugel Eis. Plötzlich kam die Kellnerin mit einem Riesen-Eisbecher samt Sternspritzer zurück. Happel sah das und fragte, was das sollte. Ich hatte schon einen hochroten Kopf. Pacult hat Happel dann gebeichtet, dass das auf seine Kappe ginge. Happel konnte sich daraufhin einen Lacher nicht verkneifen.“
Peter Hrstic gab anlässlich der 100-Jahr-Feier von Wacker Innsbruck im Jahr 2013 offen zu: „Unter Happel hab ich zum ersten Mal erfahren, was es heißt, ein Fußballprofi zu sein.“ In der Saison 1990/1991 versäumte Happel knapp den Titelhattrick. Danach beendete er sein Engagement in Tirol und übernahm den Teamchefposten der österreichischen Nationalmannschaft. Elf Monate später, am 14. November 1992, erlag Happel im Alter von 66 Jahren seinem Krebsleiden.
Happel habe laut Baur Fußball Tag und Nacht gelebt. Selbst als er schon von seiner Krankheit gezeichnet war. „Ich werde nie vergessen, wie er nach einer Chemotherapie, gestützt von zwei Leuten, zu uns in die Kabine am Tivoli gekommen ist und mit ganz leiser Stimme gesagt hat: Burschen, haut’s es eine! Da zieht es mir heute noch die Gänsehaut auf.“
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