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10. Feb. 2022

BL-Journal: Altlengbacher Antworten hinter den Kulissen des Bundesliga-Campus

Die Inhalte des Bundesliga-Campus behandeln persönlichkeitsbildende und betriebswirtschaftliche Aspekte des Profifußballs. ballesterer-Chefredakteur Jakob Rosenberg war beim Modul „Medientraining“ Anfang Oktober dabei und wirft für das Bundesliga-Journal einen Blick hinter die Kulissen der Management-Ausbildung der Liga.

Text: Jakob Rosenberg Fotos: GEPA Pictures

Im Fußball kann es ganz schnell gehen, die nächste Begegnung ist immer die wichtigste, und ein Spiel dauert 90 Minuten. In der Berichterstattung über Fußball wimmelt es vor so vielen Binsenweisheiten, dass sogar die Wendung „fürs Phrasenschwein“ zur Phrase geworden ist. Wie sich heiße Luft vermeiden lässt und ein professioneller Medienauftritt ausschauen kann, stand am zweiten Oktoberwochenende 2021 – beim elften von insgesamt 13 Modulen – auf der Tagesordnung des Bundesliga-Campus.

„Das Modul Medientraining ist einer von vielen Inhalten, die wir im Rahmen unserer Ausbildung vermitteln“, sagt Lehrgangsleiter Mathias Slezak von der Bundesliga. „Im Profifußball braucht es gezielt ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben unseren Lehrgang so praxisnah aufgesetzt, dass man die Inhalte der Ausbildung direkt im Berufsalltag anwenden kann.“ Der Kurs dauert knapp eineinhalb Jahre und ist wissenschaftlich zertifiziert, neben der Theorie werden die Module von Teamentwicklung bis Lizenzierung mit praxisnahen Inhalten und Gastvortragenden bereichert. Und so durfte ich als Chefredakteur des Fußballmagazins ballesterer Einblicke in den sportjournalistischen Alltag beisteuern.

NETZWERK UND EINBLICKE

Vor Beginn des Workshops am Sonntag um 9.00 Uhr herrscht im Seminarhotel Lengbachhof so etwas wie Schulskikursatmosphäre. Die Campus-Teilnehmer sitzen zusammen, witzeln über den vergangenen Abend und trinken Kaffee. Das Teilnehmerfeld ist bunt gemischt, manche wie Rapid-Rekordspieler Steffen Hofmann, Wacker-Innsbruck-Geschäftsführer Thomas Kerle und Amstetten-Trainer Jochen Fallmann sind bekannte Namen aus dem Fußballgeschäft, andere sind der Öffentlichkeit weniger vertraut. Dazu gehört die Juristin Teresa Trattner-Hobiger, sie arbeitet im Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport. „Ich habe nach dem Jusstudium Sportrecht studiert und möchte mich im Fußball beruflich verankern“, sagt sie, die Lehrgänge am Bundesliga-Campus böten exklusive Einblicke. „Und das dabei entstehende Netzwerk ist ein unheimlicher Mehrwert. Wann bekommst du sonst die Möglichkeit, dich so auf Augenhöhe auszutauschen?“

Ganz ähnlich klingt Patrick Paier, wenn er über seine Motive für die Teilnahme spricht. „Der Managementbereich im Fußball ist ganz wichtig, hier bekommt man eine fundierte Ausbildung“, sagt er. Mit dem Job als Junior Buyer des Sportartikelhändlers Gigasport, der Fannähe zu Sturm Graz und der Leidenschaft Groundhopping kämen beim Bundesliga-Campus private und berufliche Interessen zusammen. „Der Blick darauf, was Fußballvereine machen, um professioneller zu werden, ist eine echte Bereicherung“, sagt er.

KRIMINALFALL FC CAMPUS

Wie schnell es im Fußball dann manchmal gehen kann, zeigen die Aufgaben für die Teilnehmer im Workshop. Sie müssen die Pressearbeit für den fiktiven FC Campus aus Altlengbach leiten und in verschiedenen Formaten – von der Pressekonferenz über das Telefoninterview bis zum Livegespräch fürs Fernsehen – Rede und Antwort über die Geschicke des Klubs stehen. Diese haben es in sich, der vor dem Derby gegen Neulengbach unzufriedene Langzeitkapitän ist noch die geringste Sorge des Bundesligisten. In den fünf aufeinander aufbauenden Einheiten kommen ständig neue Probleme dazu, zuerst ein erkrankter Starstürmer und Ängste vor Fanausschreitungen, dann Gerüchte über eine Hausdurchsuchung beim Mäzen und Präsidenten.

Als aus den Gerüchten Gewissheit wird, steht der FC Campus im Kriminal und kurz vor dem Konkurs. „Das Szenario war super gewählt, du musst auf so etwas vorbereitet sein“, sagt Paier. „Wenn alles gut läuft, ist es einfach, sich vorne hinzustellen. An dem Beispiel haben wir gesehen, wie schnell sich die Ausgangsposition komplett verändern kann. Trotzdem musst du fast spontan darauf reagieren.“ Das sieht auch Trattner-Hobiger so: „Es ist gut, wenn man ins kalte Wasser geschmissen wird, um auch mit Extremsituationen umgehen zu lernen.“ Steffen Hofmann ergänzt: „Sicher war das überspitzt, aber teilweise passieren im Fußball Dinge, die man sich nur schwer vorstellen kann. Deswegen ist es gut, wenn man das Szenario so verrückt wie möglich auslegt.“

STRESS UND SCHLAGFERTIGKEIT

Zur Vorbereitung auf den nächsten Medientermin haben die Kursteilnehmer bei jeder Einheit nur ein paar Minuten Zeit. Dann müssen sie die in Kleingruppen erarbeiteten Lösungen vor den Medienvertretern präsentieren und auf Nachfragen reagieren. „Dank meiner Erfahrungen habe ich das ein bisschen entspannter sehen können“, sagt Hofmann. „Vielleicht habe ich dem einen oder anderen einen Tipp geben können, wie man aus solchen Geschichten herauskommt.“ Die positiven Dynamiken unter den Teilnehmern hebt auch Paier hervor: „Die Gruppe war ein Wahnsinn, wir sind ein richtiges Team geworden“, sagt er. „Im ganzen Kurs war nie das Thema, dass einer glaubt, besser zu sein, sondern alle wollten immer helfen und die besten Wege finden.“

Diese sind vielfältig. So distanziert sich Teresa Trattner-Hobiger als Geschäftsführerin des FC Campus deutlich vom Vereinspräsidenten, der sie auch menschlich enttäuscht habe. Steffen Hofmann verkündete in derselben Funktion vor laufender Kamera einen Gehaltsverzicht und ruft die Fans, die seinen Kopf fordern, zum Dialog auf. Patrick Paier mimt den neuen Klubpräsidenten, der zur Rettung des Vereins aus der Pension gerufen wird.

Er hat an dem Rollenspiel Gefallen gefunden: „Du versuchst, dich aus einer Drucksituation bestmöglich hinauszumanövrieren. An den Nachfragen merkst du, dass du eine gewisse Schlagfertigkeit brauchst.“ Verschärfend kommt an diesem Tag dazu, dass die Zahl der Medienvertreter ständig anwächst. Denn sobald eine Gruppe ihr Szenario beendet, wechselt sie in das Journalistenlager und stellt selbst unangenehme Fragen. „Für das Verständnis von Medienarbeit ist es gut, sich zwischendurch auch in die Lage der Journalisten zu versetzen“, sagt Lehrgangsleiter Slezak.

Video - Das Modul "Medientraining" beim Bundesliga-Campus:

ZWISCHEN PR UND ÖFFENTLICHKEIT

Das Austarieren, welche Informationen wann nach außen gelangen sollen und welche besser intern bleiben, wie man Medieninteressen ernst nimmt, aber nicht über die eigenen stellt, wie man Botschaften vermittelt, aber nicht in eine Message Control abgleitet, sind Diskussionspunkte bei den Feedbackrunden. Denn die Medienarbeit der Klubs findet immer im Spannungsfeld zwischen eigener PR und öffentlichem Interesse statt, Patentrezepte gibt es nicht.

„Der Profifußball lebt auch ganz stark von seiner Darstellung in der Öffentlichkeit“, sagt Slezak. „Die Medien sind dabei als Vermittler zwischen den Klubs und den Zuschauern enorm wichtig. Man muss ihnen auf Augenhöhe begegnen.“

RUHE IM STURM

Je tiefer der FC Campus an diesem Workshoptag fällt, desto professioneller wird das Auftreten der Kursteilnehmer. Plauderten anfangs fiktive Geschäftsführer noch jovial wie Präsidenten der alten Schule alle möglichen Dinge aus und blafften fiktive Pressesprecher fiktive Journalisten aufgrund der ungehörigen Fragen an, wird der Ton am Nachmittag ruhiger und sachlicher. „Ich habe gemerkt, wie wichtig Vorbereitung ist“, sagt Paier. „Ich muss wissen, was ich sagen will. Mit einem guten Plan lässt man sich weniger leicht aus der Ruhe bringen.“

Steffen Hofmann sagt: „Das war sehr lebendig, man hat viele Dinge ausprobieren können und gesehen, wie Leute in gewissen Stresssituationen reagieren.“ Das Modul habe ihm gut gefallen. Das gilt auch für Teresa Trattner-Hobiger. „Das war für mich das mit Abstand aufregendste Modul“, sagt sie. „Anfangs war das die totale Stresssituation. Aber wenn man das öfter durchspielt, tut man sich leichter. Das war wichtig zu sehen.“

Ob durch neue Sponsoren, Unterstützung durch die lokale Politik, die Besinnung auf die Arbeit in und mit der Gemeinde oder neue Vereinsstrukturen mit dem ehemals unzufriedenen Kapitän in einer Schlüsselrolle – der FC Campus konnte schließlich von allen Kleingruppen vor dem Untergang gerettet werden. Manche Geschichten schreibt eben nur der Fußball.

 

Im Herbst 2022 startet der neue Lehrgang des Bundesliga-Campus. Alle Infos zur Ausbildung und zur Bewerbung finden Sie auf www.bundesliga-campus.at

Dieser Text ist in der Frühjahrsstart-Ausgabe des Bundesliga-Journals erschienen. Die neue Ausgabe mit sämtlichen Geschichten, Interviews und den Stories & Kadern zu allen Bundesliga-Klubs erhalten Sie ab 11. Februar 2022 im Zeitschriftenhandel oder bequem und preiswert im Abo: https://www.bundesliga.at/journal-abo