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15. Dez. 2023

Christoph Schwendter: Meine 5 Herbst-Highlights!

Was war das für ein Herbst für Christoph Schößwendter. Der Sportdirektor von Blau-Weiß Linz erlebte nicht nur eine bis jetzt sportlich tolle Hinrunde des Aufsteigers, sondern auch die Geburt seines zweiten Kindes. „Die letzten Monate waren in allen Belangen außergewöhnlich“, sagt der 35-Jährige lachend. Wir baten ihn, mit uns seine fünf größten sportlichen Highlights des Herbstes durchzugehen und seine ganz persönlichen Einschätzungen dazu zu teilen.

 

Der „magische September“

Aller Anfang war schwer. Aus den ersten fünf Spielen holten die Linzer einen mickrigen Punkt, die dynamisch-aggressive Spielweise mit hohem Attackieren, mit der man im Jahr zuvor Meister der 2. Liga wurde und aufstieg, schien in der Bundesliga nicht zu klappen. „Wir haben dann unsere Herangehensweise umgestellt und einen anderen Ansatz gewählt. Das war ein durchaus schmerzhafter Prozess“, erinnert sich Schößwendter (siehe auch den nächsten Punkt). Doch die Schmerzen machten sich bezahlt.

Im kompletten September wurde kein einziges Match verloren, man verließ den Monat mit acht Punkten mehr auf dem Konto. „Unser erster Sieg in Tirol war schon ein Ausrufezeichen, der Sieg in Salzburg, wo 45 Spiele lang niemand gewinnen konnte, ein absolutes Highlight. Ab diesem Moment haben alle bei uns gewusst: Wir können es mit jedem Gegner aufnehmen.“ Alles in allem war es für Schößwendter ein „magischer September“, durch den das Abenteuer Bundesliga erst so richtig Fahrt aufnahm.

Scheiblehners Flexibilität

Für den Trainer, unter dem Schößwendter selbst als Spieler 30 Partien absolvierte, hat er nur lobende Worte übrig. Am höchsten rechnet er ihm aber an, dass er sich nicht zu schade war, seine Philosophie des hohen Pressings zu überdenken und zu adaptieren. „Wir hatten spätestens nach dem 0:5 gegen Rapid das Gefühl, dass wir mit unserer Spielweise, mit der wir ja aufgestiegen sind, eine Liga höher überfordert waren. Also haben wir uns etwas defensiver aufgestellt.“

Für Gerald Scheiblehner kein leichtes Unterfangen. „Ich finde es großartig, dass ‚Scheibi‘ nicht seinen Stil auf Teufel komm raus durchdrücken wollte, sondern geschaut hat, was für die Mannschaft das Beste ist. Und: Er hat es innerhalb von zwei Wochen geschafft, die Mannschaft von einem neuen Konzept zu überzeugen.“ Für Schößwendter gehört Scheiblehner neben Adi Hütter zu den besten Trainern, die er in seiner aktiven Karriere erleben durfte. „Sein Spielverständnis, seine Trainingssteuerung, seine Art, eine Mannschaft mitzunehmen – da ist er richtig gut. Dass er als Linzer mit VOEST-Vergangenheit auch noch bei den Fans gut ankommt, setzt dem Ganzen die Krone auf.“

Der starke 12. Mann

Überhaupt spielten die Anhänger eine große Rolle im vergangenen Herbst. 4.965 Zuschauer pilgerten im Schnitt ins brandneue Hofmann Personal Stadion, eine beeindruckende Zahl. „Dazu haben viele Faktoren beigetragen“, analysiert Schößwendter. „Der größte war wahrscheinlich die Mannschaft. Meine Erfahrung sagt mir, dass Fans nichts mehr hassen als eine Mannschaft, die die Grundtugenden des Fußballs vermissen lässt. Das ist bei dieser Truppe nicht der Fall!“

Dazu kommen Maßnahmen im Marketing und natürlich das Stadion selbst, mit dem der frühere Abwehr-Haudegen mehr als zufrieden ist. „Die Lage ist toll, an der Donau, mitten in der Stadt. Es ist sehr eng, kompakt, die Fans sind nah am Spielfeld. Es herrscht eine tolle Akustik, selbst wenn ‚nur‘ 5.000 Menschen da sind.“

Der Derby-Coup

Die beste Stimmung erlebte die im Sommer eröffnete Arena am 12. November, als im Linzer Derby ein 2:0-Erfolg über den LASK gelang. Der erste Bundesliga-Sieg hin, das Husarenstück gegen Serienmeister Salzburg her. „Das war für uns der größte sportliche Erfolg in dieser Saison“, sagt Schößwendter. Warum? „Das war nicht nur für die Mannschaft oder den Klub, sondern auch für die ganze Stadt ein außergewöhnliches Ereignis. In den Wochen danach haben wir gemerkt, wie sich die Wahrnehmung uns gegenüber verändert hat.“

Was auch daran liegt, dass man bei Blau-Weiß anerkennt, dass der LASK in seiner Entwicklung einfach ein paar Schritte weiter ist. „Die Kluft zwischen den Klubs ist riesig. Der LASK hat eine tolle Entwicklung genommen, wir stehen erst am Anfang eines Weges“, sagt Schößwendter. „Es dann in einem Spiel zu schaffen, die Vorzeichen auf den Kopf zu stellen, ist etwas Besonderes.“ Für ihn war das Spiel eine Art Muster für die Herangehensweise des Klubs. „Wir können in der Liga nur punkten, wenn wir unser volles Potenzial abrufen, so wie an diesem Tag. Gelingt uns das nicht, gehen wir mit leeren Händen nach Hause.“

Die Entwicklung von Schmid & Co.

Christoph Schößwendter zu bitten, die Entwicklung eines Spielers hervorzuheben, die ihn besonders beeindruckt hat, ist ein heikles Unterfangen. „Das wäre unfair“, wehrt er sich.

„Da gibt es mehrere Spieler wie zum Beispiel einen Nicolas Schmid, Marco Krainz, Tobias Koch oder auch Ronivaldo. Es wäre nicht in Ordnung, hier nur einen Namen zu nennen, weil einfach die Entwicklung der ganzen Mannschaft hervorzuheben ist. Viele Spieler hatten davor keinen einzigen Bundesliga-Einsatz zu Buche stehen, und deshalb ist es umso bemerkenswerter, wie die gesamte Mannschaft die Anpassung an die neue Liga bewältigt hat.“

Um es am Beispiel von Tormann Nicolas Schmid festzumachen: „Er ist in eine Führungsrolle hineingewachsen, dirigiert seine Vorderleute lautstark und spielt eine unglaublich stabile Saison.“ Das ist auch vor dem Hintergrund bemerkenswert, da er zu Jahresbeginn, als Blau-Weiß in der 2. Liga noch um den Aufstieg spielte, eine Schwächephase zu überstehen hatte. „Da hatte er ein paar unglückliche Aktionen, Gegentore, bei denen er nicht gut aussah.“ Doch das ist Schnee von gestern. „Wir hatten natürlich gehofft, dass sich Schmid auf diese Art entwickelt, konnten es aber nicht wissen“, gibt Schößwendter zu. Er wurde positiv überrascht – so wie von der gesamten Entwicklung in diesem außergewöhnlichen Herbst.

 

Fotos: Gepa Pictures