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26. Juli 2023

Didi Hamann im Interview: Salzburgs Aura der Unbesiegbarkeit gibt es nicht mehr

Bevor Sky-Experte Didi Hamann sich wieder seinen Aufgaben in der Champions-League-Berichterstattung zuwendet, sprach er mit bundesiga.at über die heimische Liga, seine Lieblings- Österreicher in Deutschland und natürlich über den Wechsel von Christoph Freund zu seinem Ex-Klub Bayern München.

 

Sie haben sich im Vorjahr als Fan des Bundesliga-Modus in Österreich geoutet, wie haben Sie die vergangene Saison verfolgt?

Ich verfolge die Liga regelmäßig und sie war richtig spannend. Spannender als es ohne die Liga-Teilung und Punktehalbierung gewesen wäre. Die Schweizer haben mit dem Gedanken gespielt und ein ähnliches Modell gewählt, vielleicht wird es irgendwann auch in Deutschland Thema. Wenn ein Klub zehn oder elf Mal hintereinander Meister wird, muss man schon schauen, dass die Fans der anderen Klubs nicht das Interesse verlieren.

Zehn Titel in Serie hat Red Bull Salzburg dennoch gewonnen, sehen Sie Anzeichen, dass sich das in der näheren Zukunft ändern könnte?

Immer wird es Salzburg auch nicht schaffen. Jetzt hat man den Sportdirektor verloren, der neue Mann wird sich erst einarbeiten müssen. Wenn sie dann einmal nicht die Konstanz haben, gibt es schon gute Chancen auf einen anderen Meister. Sturm hat immerhin schon den Pokal gewonnen, also diese Aura der Unbesiegbarkeit gibt es nicht mehr. Im Fußball ist 90 Prozent Psychologie. Wenn Mannschaften sehen, dass es möglich ist, Salzburg zu schlagen, werden sie es beim nächsten Mal wieder probieren und sich sagen „Warum nicht?“. Das ist schon ein Unterschied zu vor fünf Jahren. Da waren viele ja schon zufrieden, wenn sie nach Salzburg gefahren sind und nur mit zwei Toren Unterschied verloren haben. Ich glaube schon, dass sich da die Denke verändert hat. Dann gibt es noch den LASK mit seinen vielen Neuzugängen. Wenn du solche Spieler holst, willst du nicht den Platz der Vorsaison verteidigen. Da hast du schon den Anspruch, mindestens Zweiter zu werden.

Die Wiener Klubs muss man nicht auf der Rechnung haben?

Es wäre schön, wenn auch ein Wiener Verein reinstoßen könnte, damit es in der Stadt auch wieder einmal Champions-League-Spiele gibt. Das wär wichtig für zukünftige Generationen. Für Kinder ist so etwas inspirierend, wenn sie einen Mbappé, einen Coman live im Stadion sehen, das vergessen sie nicht. Von daher wäre es für Wien wichtig, wieder den Anschluss zu finden.

Sie haben den Wechsel des Sportdirektors in Salzburg bereits angesprochen. Was halten Sie von Christoph Freunds Wechsel zu den Bayern?

Zuerst einmal ist er eine sympathische Lösung. Freund bringt einen Schuss Lockerheit mit nach München, das kann wunderbar funktionieren, wobei er schon die Ellbogen auspacken wird müssen. In München ist der Einfluss des Sportdirektors begrenzt. Mit Medien, Vorstand und Eigentümervertretern hat es auch mit anderen Kräften zu tun als er es in Salzburg gewohnt war.

Sein in Salzburg praktiziertes Erfolgsmodell, junge Spieler zu entwickeln, wird er umstellen müssen?

Wenn er eines kann, heißt es nicht, dass er ein anderes nicht kann. Er hat Expertise, hat bemerkenswert viele gute Spieler geholt. Mit Liefering, wo man den Jungen Zeit gegeben hat, hatte er dafür den perfekten Weg. In München wird er andere Spieler holen müssen als nur 17-, 18-Jährige. Dennoch müssen auch die Bayern schauen, dass sie von unten wieder Spieler hochbringen. Sie stecken Unsummen in den Campus, aber es ist seit Jahren keiner rauf gekommen. Also ich hätte kein Problem damit, wenn man sagt, wir ändern die Strategie und basteln eine Mannschaft für die nächsten fünf Jahre, auch auf die Gefahr hin, dass man einmal nicht Meister wird. Aber ich bin kein Bayern-Fan. Denen müsste man das erklären. Aber ich halte nichts davon, den 30-jährigen Kane für 100 Millionen zu kaufen. Da lasse ich lieber den 18-jährigen Tel spielen, der wird sich irgendwann durchsetzen.

Immer mehr Österreicher wechseln in die deutsche Bundesliga, von wem halten Sie besonders viel?

Die meisten Österreicher in der deutschen Bundesliga waren nicht nur wichtige Spieler, sondern auch richtige Sympathieträger, Egal, ob Andi Herzog, Toni Polster oder Bruno Pezzey. Auch die Trainer wie Peter Stöger, Oliver Glasner und Adi Hütter haben Spuren hinterlassen. Von der jetzigen Generation gibt es einige, die mir gut gefallen. In Deutschland gab es zuletzt zwei Spieler, die anders sind als alle anderen: Max Kruse und Patrick Wimmer. Die haben keine Akademie von innen gesehen, deshalb schaue ich denen auch so gerne zu. Onisiwo habe ich auch schon immer geschätzt. Gegen Dortmund hat er ein richtig gutes Spiel gemacht. Den hätte ich mir gut als zweiten Stürmer bei den Bayern vorstellen können, bevor ich dem 33-jährigen Choupo-Mouting zehn Millionen zahle. Das tät’ Onisiwo auch spielen. Auch Baumgartner ist ein toller Spieler, der sich in Leipzig mit noch besseren Mitspielern noch steigern wird.

Und die Transfers von Sabitzer und Laimer?

Sabitzer zu Dortmund halte ich für einen hervorragenden Transfer. Er bringt die Willensstarke mit, die Dortmund in den entscheidenden Momenten gefehlt hat. Laimer ist ein guter Teamspieler, aber auch nicht der Stratege, den die Bayern brauchen würden. Dazu hat ihn nicht Tuchel, sondern noch der alte Trainer verpflichtet.

Noch ein Wort zur EURO 2024 in Ihrer Heimat. Machen Sie sich Sorgen um Deutschland und was halten sie von Österreich?

Bei Ralf Rangnick war ich am Anfang etwas skeptisch, aber es ist gut angelaufen. Schauen wir, wie’s weitergeht. Aber die Probleme der Österreicher hätten wir in Deutschland gerne. Vor einer Heim-EURO musst du eine Euphorie entfachen, davon sind wir weit entfernt. Jetzt haben wir noch Spiele gegen Frankreich und Japan, da muss man endlich eine Besserung sehen. Was seit der WM passiert ist, ist auf jeden Fall nicht gut genug. Ausprobieren ist ja gut und schön, aber das hilft nur, wenn man dabei positive Erkenntnisse gewinnt. Aber wir spielen nach sechs, sieben Spielen noch immer den selben Schmarr’n. Natürlich fehlt uns ein Klassestürmer, aber wir haben immer noch zehn Champions-League-Sieger dabei. Wir müssen endlich eine eingespielte Mannschaft finden.

 

Fotos: GEPA pictures, Sky/Christian Hofer