05. Sept. 2023

Die 9 grten Europacup-Sternstunden in 50 Jahren Bundesliga
Die immer schwächer werdenden Europacup-Ergebnisse waren mit ein Grund, weshalb 1974 die ADMIRAL Bundesliga aus der Taufe gehoben wurde. Vom damals 22. Rang kletterten Österreichs Klubs zwischendurch nicht nur auf den 8. Platz der UEFA-Fünfjahreswertung, in der sie aktuell den 11. Rang einnehmen, sie sorgten auch für (mindestens) neun unvergessliche Sternstunden.
1 Wacker Innsbruck – Celtic Glasgow 3:0, 2. 11. 1977
Der alte Tivoli war gesperrt, weshalb Wacker Innsbruck gegen Celtic Glasgow nach Salzburg-Lehen ausweichen musste, um im Achtelfinal-Rückspiel des Meistercups ein 1:2 aus dem Hinspiel aufzuholen. Im Salzburger Schnürlregen peitschten 18.000 in einer Blechlawine angerollten Fans ihre in Grün-Weiß gewandeten Lieblinge gegen die damit zu ungewöhnlichem Gelb gezwungenen Schotten von der ersten Minuten an nach vorne. Das zeigte Wirkung. Nach vier Minuten traf Kurt Welzl zum 1:0, Sepp Sterling erhöhte nach 21 Minuten auf 2:0 und als Franz Oberacher in der 27. Minute das 3:0 besorgte, stand Lehen kopf. „Wir wurden von einem Provinzklub geschlagen, von dem man nicht einmal wusste, dass er existiert“, schrieb der schottische „Daily Mirror“. Und während Wacker auf seiner Homepage noch heute von seinem „vielleicht legendärsten Spiel der Vereinsgeschichte“ schwärmt, zählen die Schotten das 0:3 auch 45 Jahre danach noch zu ihren schlimmsten Europacup-Niederlagen. Für die Innsbrucker kam im Viertelfinale das bittere Aus. Nach einem weiteren legendären 3:1-Heimsieg gegen Mönchengladbach schieden sie nach einem 0:2 im Rückspiel aufgrund der Auswärtstorregel aus.
2 Austria Wien – Dynamo Moskau 2:1 n.V., 5:4 Elfer, 12. 4. 1978
72.000 Zuschauer, die größte Heim-Kulisse eines österreichischen Klubs im Europacup, hatten sich im Praterstadion eingefunden, um der Wiener Austria zu helfen, die 1:2-Auswärtsniederlage gegen Dynamo Moskau zu drehen und ins Finale des Europapokals der Pokalsieger einzuziehen. Die Austria stürmte zunächst vergebens, erst ein Elfmeter in der 49. Minute, den Hans Pirkner verwertete, ließ die Moskauer Mauer bröckeln. Sieben Minuten später schien alles gelaufen. Herbert Prohaska schupfte den Ball mit dem Außenrist in den Sechzehner und Julio Morales verlängerte per Kopf ins Tor. Doch Joker Andrei Yakubik gab in der 90. Minute den Partycrasher, als er Hubert Baumgartner aus spitzem Winkel bezwang. Viele Zuschauer, die sich bereits freudig auf den Nachhauseweg gemacht hatten, mussten für die Verlängerung noch einmal kehrt machen. Auf dem Spielfeld war einigen Violetten das Herz derweil in die Hose gerutscht: „Jetzt pack' ma’s nimma“. Aber die 30 Extra-Minuten blieben ereignislos. Elferschießen! Die Nerven flatterten. Nur „Hubsi“ Baumgartner, der schon eine Runde zuvor gegen Hajduk Split zum Elferkiller mutiert war, blieb cool: „Schaut’s ihr, dass ihr alle Elfer reinhaut’s, einen parier’ ich sicher.“ So war’s dann auch. Parits, Pirkner, Prohaska und Morales trafen. Die ersten vier Russen auch. Den fünften Moskauer Elfer von Bubnov parierte „Hubsi“ wie versprochen. Jetzt lag es an Alberto Martinez. Und auch er behielt die Nerven. Die Austria zog als erster österreichischer Klub in ein Europacupfinale ein! In Paris stand sie gegen Anderlecht jedoch auf verlorenem Posten und unterlag 0:4.
3 Rapid Wien – Dynamo Dresden 5:0, 20. 3. 1985
Nach dem 0:3 in Dresden war die Messe eigentlich gelesen, wie sich Peter Pacult erinnert: „Ich habe direkt danach in einem Interview gesagt, dass wir das Ding noch drehen. Da hat mich Hans Krankl gefragt, ob ich noch ganz sauber bin…“ Die Rapid-Fans wohl auch. Gerade einmal 7, 8.000 hatten bei kalten Temperaturen den Weg ins Hanappi-Stadion nicht gescheut. Sie sollten es nicht bereuen. Nach einem umstrittenen Elfmeter ging Rapid bereits nach drei Minuten in Führung. Pacult: „Nach einer Flanke stand ich Krankl im Weg. Der schubste mich einfach weg und knallte den Ball ins Tor. Aber der Schiri sah nur, dass ein Grün-Weißer am Boden lag und zeigte auf den Punkt.“ Und dann passierte das Unmögliche: Antonin Panenka traf nur die Stange, aber Abstauber Pacult war zur Stelle. Als zur Pause die 3:0-Führung Rapids die Runde machte, kamen die Fans nach und nach und als Hans Krankl den Schlusspunkt zum 5:0 setzte, sollen bereits gut 16.000 im Stadion gewesen sein. Rapid stand im Semifinale des Cups der Cupsieger und schaltete dort auch noch Dynamo Moskau aus. Im Finale gab es gegen Everton zwar kein Happy End, aber Hans Krankl ist seit dem 1:3 der einzige EC-Final-Torschütze eines österreichischen Teams.
4 Eintracht Frankfurt – Casino Salzburg 1:0, 4:5 Elfer, 15. 3. 1994
17:0 lautete die deutsch-österreichische Europacup-Bilanz – und auch diesmal schaute es trotz des 1:0-Sieges der Salzburger im Wiener Happel-Stadion nicht allzu günstig aus. Heribert Weber und Christian Fürstaller fehlten im Rückspiel gesperrt, Otto Baric durfte wegen der „Spuckaffäre“ in Wien nicht auf der Bank Platz nehmen. Als Maurizio Gaudino nach 21 Minuten die Eintracht in Führung schoss Peter Artner kurz vor dem Pausenpfiff mit Gelb-Rot vom Platz musste, hätte keiner mehr eine damals noch müde Mark auf die Mozartstädter gesetzt. Irgendwie retteten sie sich doch über die 90 Minuten. Und über die Verlängerung. Ins Elferschießen! Da stand es 4:4, als Salzburgs Schlussmann Otto Konrad eine kurze Unterbrechung nützte, um einen Probe-Elfer aufs leere Tor abzugeben. „Otto Konrad sollten sie keine Elfmeter schießen lassen“, feixte RTL-Kommentator Uli Potofski. Aber genau das tat er, nachdem er den nächsten Penalty von Manni Binz unschädlich gemacht hatte. „Geh weg, ich mach das“, schickte er Thomas Winklhofer wieder weg, drosch die Kugel selbst an Uli Stein vorbei zum Aufstieg ins Netz und war fortan „Otto Konrad Superstar“. Im UEFA-Cup-Semifinale musste mit Karlsruhe noch ein zweiter deutscher Klub dran glauben, bevor die Salzburger im Finale gegen Inter Mailand mit zwei 0:1-Niederlagen ihren Meister fanden.
5 Rapid Wien – Sporting Lissabon 4:0 n.V., 2. 11. 1995
Das Tor von Didi Kühbauer nach 25 Minuten hatte Hoffnung gemacht, dass Rapid das 0:2 aus Lissabon vielleicht doch gutmachen könnte. Aber die Stadion-Uhr zeigte schon 90 Minuten und es stand immer noch 1:0. Trifon Ivanov hatte – wie immer bei solchen Gelegenheiten – seinen Arbeitsplatz in der Verteidigung längst verlassen, als er einen geblockten Guggi-Schuss per Drehschuss vor das Sporting-Tor brachte, wo Christian „Büffel“ Stumpf zum vielumjubelten 2:0 einköpfelte. Die Portugiesen schienen zu wissen, was ihnen in der Verlängerung blühen sollte. Erst zwei Jahre zuvor hatte ihnen Adi Hütter in Salzburg in letzter Sekunde den Sieg geraubt und Martin Amerhauser sie in der Verlängerung k.o. geschossen. Diesmal waren es abermals Stumpf und Carsten „Turban" Jancker, die sie sogar mit 4:0 heimschickten. Es war der Startschuss zu einem Rapid-Höhenflug im Cup der Cupsieger, der nach phantastischen Siegen über Dynamo Moskau und Feyenoord erst im Finale von Brüssel von Paris St.-Germain gestoppt wurde.
6 Galatasaray – Sturm Graz 2:2, 7. 11. 2000
„Es kann ein Spiel für die Geschichte werden“, konnte sogar Ivica Osim die besondere Bedeutung des Spieles nicht leugnen. Um dann weise lächelnd zu relativieren: „Aber nur für die Sturm-Geschichte.“ Im Ali Sami Yen, der berüchtigten „Hölle von Istanbul“ ging es im letzten Gruppenspiel darum, als erster österreichischer Klub die Champions-League-Gruppenphase zu überstehen. Die Steirer hatten zwar in Monaco und Glasgow 0:5-Schlappen bezogen, dank dreier Heimsiege war jedoch immer noch alles möglich. Nach 80 Minuten führten die von Gheorghe Hagi angeführten Türken mit 2:1, aber eine scharfe Hereingabe von Markus Schopp lenkte Hakan Ünsal zum 2:2 ins eigene Tor. Die folgenden zehn Minuten plus Nachspielzeit ließen das Spiel erst richtig denkwürdig werden. Weil sich schnell herumsprach, dass mit dem Spielstand im Parallelspiel nicht nur Sturm, sondern erstmals auch Galatasaray weiter war, ging das anfangs noch so hitzige Duell unter Standing Ovations mit einem Nichtangriffspakt zu Ende. Die gefürchteten Gala-Fans waren so begeistert, dass sie den Grazern sogar Bier in die Kabine lieferten. Österreich überschlug sich vor Jubel. Selbst Bundespräsident Thomas Klestil telegraphierte: „Ich habe mir den Abend extra frei genommen, um das Match im TV miterleben zu können – Gratulation, die Mannschaft hat österreichische Fußball-Geschichte geschrieben.“
7 Ajax Amsterdam – RB Salzburg 0:3, 20. 2. 2014
Red Bull Salzburg hat seinen Fans in den vergangenen Jahren viele Sternstunden bereitet. Den 4:1-Sieg gegen Lazio Rom, der sie ins Europa-League-Halbfinale gebracht hat. Den unvergesslichen 6:2-Sieg mit den drei Haaland-Toren über Genk bei der Champions-League-Premiere, auf die sie so viele Jahre hingearbeitet hatten. Aber eine europäische Spitzenmannschaft mit ihrem Pressing so in Grund und Boden gespielt, wie beim 3:0-Sieg über Ajax in Amsterdam (die Torschützen waren zweimal Soriano, einmal Mané) hat Salzburg wahrscheinlich kein zweites Mal. „Red Bull jagte Ajax über das ganze Feld“, staunte das „Algemeen Dagblatt“ über die neue Spielidee von Roger Schmidt, die „Ajax zum Narren“ machte, wie „De Telegraaf“ urteilte. Leider konnten die „Bullen“ gegen den FC Basel diese Leistung nicht mehr abrufen und schieden im Achtelfinale der Europa League aus.
8 Borussia Mönchengladbach – WAC 0:4, 19. 9. 2019
Fünf Jahre nach Salzburg beherrschten auch andere österreichische Klubs den „Red-Bull-Stil“ bereits bestens. Allen voran der WAC unter dem nunmehrigen Salzburg-Trainer Gerhard Struber. Da war selbst Marco Roses Mönchengladbach überfordert. Von der „BILD“ waren die Wolfsberger vor der Partie noch als „Euro-Zwerge“ verunglimpft worden, nach Gladbachs schlimmster Europacup-Heimschlappe, die zugleich der höchste Sieg einer österreichischen Mannschaft gegen eine deutsche im Europacup überhaupt war, schrieb sie von der „größten Schande seit Cordoba“. Die Gladbacher bewiesen aber auch nach der Blamage Humor und tauften die Torschützen von „Real Wolfsberg“, Cristiano Weissmann, Virgil van Leitgeb und Diego Armando Ritzmaier.
9 LASK – PSV Eindhoven 4:1, 7. 11. 2019
„Das ist eine Sternstunde für die Mannschaft, für die Fans, für die Stadt Linz und für den österreichischen Fußball“, war Trainer Valerien Ismael nach dem grandiosen 4:1-Sieg gegen PSV Eindhoven um kein Wort verlegen. Zur Pause nach einem unglücklichen Elfer noch 0:1 im Rückstand, lieferten die Linzer in Halbzeit zwei „ein beinahe perfektes Spiel“ (Gernot Trauner) und schossen durch Ranftl, Frieser und zweimal Klauss auch die nötigen Tore. „Sie spielen auf eine Art, die man nicht so oft sieht“, war PSV-Trainer Mark van Bommel danach bald Geschichte. Der LASK feierte den Europa-League-Gruppensieg und schaltete im Sechzehntelfinale noch souverän AZ Alkmaar aus, ehe Manchester United und Corona kamen. Vor leeren Rängen setzte es eine 0:5-Heimniederlage, das Rückspiel (1:2) fand erst fünf Monate später statt…
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