27. Nov. 2025

Europacup-Klubs im Schopp-Check: „Es ist noch alles drin!“
Mit den Donnerstags-Spielen in der Europa und der Conference League startet die Liga-Phase im Europacup in die zweite Halbzeit. Dabei müssen die drei österreichischen Vertreter Sturm Graz, Red Bull Salzburg und Rapid Wien allesamt auswärts antreten. Meister Sturm reist nach Athen zum Match gegen Panathinaikos, Red Bull Salzburg tritt beim bärenstarken italienischen Klub FC Bologna an (beide Spiele um 21 Uhr), die Hütteldorfer haben den polnischen Klub Rakow vor der Brust (18.45 Uhr). Wir baten Liga- und Trainer-Haudegen Markus Schopp (u.a. Hartberg, LASK) um seine Einschätzungen, bevor der heiße Herbst so richtig Fahrt aufnimmt.
Sturm Graz: „Eine total spannende Entwicklung“
Keine Frage: Die jüngsten Ergebnisse haben dem Meister gar nicht geschmeckt, von den letzten sieben Spielen wurde bewerbsübergreifend nur eins gewonnen (im Cup nach Elfmeterschießen gegen die Admira). Da käme ein Erfolg bei Panathinaikos Athen gerade recht. „Für mich fallen die internationalen Auftritte von Sturm alle unter die Rubrik ‚extrem engagiert‘“, analysiert Schopp. „Oft fehlten nur Kleinigkeiten, der Sieg über die – zu dem Zeitpunkt allerdings kriselnden – Rangers war total verdient.“ Derzeit rangieren die „Blackies“ mit vier Punkten auf Tabellenrang 25 – also nur einen Platz hinter der Qualifikation für die Zwischenrunde.
„Um ihren eigenen Ambitionen gerecht zu werden, müssen sie in Griechenland mindestens genauso couragiert auftreten“, sagt Schopp. Und prognostiziert: „Gerade internationale Top-Teams schaffen es oft, sich auf individuell starke Spieler wie Kiteishvili oder Horvat einzustellen. Dann kommt es auch darauf an, inwieweit andere Spieler über sich hinauswachsen können, damit Sturm wieder unberechenbarer wird.“
Bei Trainer Jürgen Säumel erkennt Schopp derzeit den Versuch, die Spielanlage etwas zu adaptieren, indem er etwas weniger vertikal spielen lässt und andere Räume bespielt. „Ein aus meiner Sicht total nachvollziehbarer und spannender Ansatz, der aber nur dann langfristig funktioniert, wenn auch die Ergebnisse kommen.“ Am besten schon am Donnerstag gegen Panathinaikos. Wobei Schopp mit dem Blick auf das Weiterkommen durchaus optimistisch ist: „Ich denke, Sturm ist stabil genug, um es am Ende in die K.o.-Phase zu schaffen.“
Red Bull Salzburg: „Sie müssen jetzt dringend nachlegen“
Für Italien-Insider Schopp (80 Spiele für Brescia in der Serie A) ist der FC Bologna ein äußerst unangenehmer Gegner für die Bullen. „Eklig gegen, flexibel mit dem Ball. Dabei total mutig und stabil“, sagt er über das Team, das in der Serie A seit neun Spielen ungeschlagen ist (sechs Siege, drei Remis). Allerdings: „Sie leiden mit der Vertikalität – da wird es für Salzburg wichtig sein, eine gute Mischung zu finden.“
Zuletzt kassierten die Mozartstädter in der ADMIRAL Bundesliga eine bittere 2:3-Heimniederlage gegen die WSG Tirol. Für Schopp Ausdruck dessen, dass sie an ihrer defensiven Anfälligkeit arbeiten müssen. „Das betrifft aber nicht nur die letzte Linie, sondern beginnt schon bei der Intensität beim Anlaufen.“ Das Problem, laut Schopp: „Die Entwicklung wird in Salzburg immer mit Resultaten in Verbindung gebracht, weil dort der Anspruch so hoch ist. Da bleibt oft zu wenig Zeit, gewisse Dinge tief genug zu analysieren.“
In der Europa League wurden die ersten drei Spiele verloren, ehe gegen die Go Ahead Eagles mit 2:0 zuletzt der Befreiungsschlag gelang. „Da gilt es jetzt dringend nachzulegen“, sagt Schopp auch mit Blick auf das Restprogramm. Denn es warten noch die Spiele gegen Freiburg, Basel und Aston Villa auf die Bullen, alles andere als leichte Gegner. Schopp: „Die Erfahrung zeigt, dass Salzburg in Spielen, in denen es drauf ankommt, einiges zuzutrauen ist. Ich würde sie definitiv nicht abschreiben.“
Rapid Wien: „Immer für einen Schlag gut“
Zu Saisonbeginn war sich Markus Schopp sicher, dass man Rapid in Sachen Titelkampf auf dem Zettel haben sollte. „Sie haben sich für die Gruppenphase der Conference League qualifiziert, hatten ein neues Trainerteam, spannende Neuzugänge, die Euphorie war riesig“, erinnert er sich. „Jetzt haben sie aus den letzten sieben Spielen nur sieben Punkte geholt und sind an einem Punkt angelangt, an dem sie daheim gegen den GAK als Tabellenletzten verlieren.“
Dementsprechend heikel sind jetzt die Aufgaben auf internationalem Parkett, wo man derzeit in der Conference League das Tabellenende ziert. „Und mit Rakow haben sie jetzt einen Gegner vor der Brust, den in Österreich kaum jemand kennt, der aber eine international erfahrene Mannschaft mit sehr viel Qualität besitzt.“
Die Krux: Will man noch eine Chance auf den Aufstieg haben, muss gegen den polnischen Meister von 2023 ein Sieg her. „Das gelingt aber nur, wenn sie ihr Spiel geschlossen über 90 Minuten durchziehen“, sagt Schopp, der bei den Hütteldorfern derzeit viele verschiedene Ansätze erkennt. „Ich bin mir bei der Mannschaft nicht sicher, ob alle im gleichen Moment das gleiche denken.“
Chancenlos sieht er die Grün-Weißen dagegen keineswegs, auch wenn die Ausgangslage schwierig ist. „Rapid ist ein Team, das unter schwierigsten Voraussetzungen immer in der Lage ist, etwas zu geben, was andere nicht geben können. So wie sie sich im Sommer in der letzten Minute gegen den LASK für den Europacup qualifiziert haben. Rapid ist immer für einen Schlag gut.“ Und für Schopp gehört auch zur Wahrheit: „Sie sind in der Liga Zweiter, im Cup noch dabei und in der Conference League noch nicht ausgeschieden. Aber klar ist: Es wird richtig schwer!“
Text: Markus Geisler; Fotos: GEPA pictures