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28. Juli 2025

SV Ried - Meisterfeier

Innviertler Erntezeit

Zwei Jahre nach dem bitteren Abstieg in die Zweitklassigkeit ist die SV Oberbank Ried wieder zurück in der ADMIRAL Bundesliga. Möglich machte das ein Führungsduo mit Plan – und ein Leitsatz, der längst über Oberösterreich hinaus wirkt.

Ende Mai ist es soweit. Ausverkauftes Stadion, das kleine Podium am Rasen der Innviertel-Arena ist aufgebaut – der vierte Aufstieg der SV Ried nach 1995, 2005 und 2020 will gefeiert werden. Bundesliga Vorstand Christian Ebenbauer steht befreit, aber Kapitän Andreas Leitner ist noch nicht soweit. „Rudi, Rudi, komm“, ruft er in Richtung der Tribüne. Die Meisterteller-Übergabe soll nicht ohne die Vereinslegende stattfinden. 

„Was ist jetzt los, habe ich mir nur gedacht“, erinnert sich besagter Rudi zurück. Rudi Zauner, um genau zu sein. 1993 kam er als Jugendtrainer zum Verein, erlebte alle Aufstiege in unterschiedlichsten Funktionen mit – diesen als Teammanager. „Es war eine schöne Geste zu meinem Abschied, dass ich gemeinsam mit dem Kapitän als Erster die Schale nach oben halten durfte“, sagt er. Eine Geste, die aber auch einen Hintergrund hat. 

Da ist etwa die Geschichte von der Motivationsrede am Anfang der Saison. Cheftrainer Maximilian Senft hatte Zauner vor seiner letzten Saison als Ried-Mitarbeiter beim Teambuildingevent in Schärding gebeten, vor der Mannschaft zu sprechen. Ganz am Ende äußerte er einen letzten Wunsch: „Ich möchte am Ende der Saison mit euch die Schale in den Rieder Nachthimmel strecken. Ich sehe in euren Augen, dass mir der Wunsch erfüllt werden kann.“ Kapitän Andreas Leitner vergaß diesen Satz nicht und ließ die Tellerübergabe zum Fall für Zwei werden.

Wer hats erfunden?

Aber neben all den Verdiensten um den Verein ist da noch etwas, das Rudi Zauner auch nach seinem Klubabschied nachwirken lässt: „NiPsiLd“. Die aufmerksamen Beobachter des internationalen Fußballs werden den Satz sogar schon von Oliver Glasner gehört haben, der ihn bis in die Premier League als Credo mitnahm. Und selbst die New York Times schrieb in Glasner-Porträts jenen Leitsatz, der in Ried seit über 20 Jahren präsent ist. Doch wer hat’s erfunden? Nicht der Crystal-Palace Erfolgscoach, sondern – Rudi Zauner. 

Und wofür steht das Akronym? „Nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken.“ Entstanden war das Motto auf Trainingslager in der Türkei. „Es war eines dieser Camps gewesen, bei denen nicht alles so funktionierte, wie sich Spieler und Staff das vorgestellt hatten“, erinnert sich Zauner. „Ich war in solchen Momenten der, der gesagt hat: Wir werden das schon lösen“, erinnert sich Zauner. Irgendwann wollte er den Leitspruch manifestieren und schrieb ihn auf die Flipchart, die den Tagesablauf kommunizierte. „Die Kurzform habe ich erst später eingeführt, weil es mir irgendwann zu lange war zum Ausschreiben“, sagt er und lacht. 

„NiPsiLd“ – ein Zungenbrecher und ein Prinzip, das in Ried mehr ist als nur ein Spruch. Denn besser könnte man diese Geschichte der Rieder über ihre erneute Rückkehr in die Bundesliga eigentlich nicht beschreiben. Ja, die Innviertler haben eine beneidenswert gute Infrastruktur aufgebaut, seit sie 1995 erstmals in die Bundesliga aufstiegen. Sie haben zweimal den ÖFB Cup gewonnen, Europacup gespielt, sind zum Inventar geworden in der höchsten Spielklasse – aber ohne einen finanziell übermächtigen Geldgeber oder Wunderjahrgänge im Nachwuchs ist der Klassenerhalt in der engen Zwölferliga eine Herausforderung. 

Das war in der Vergangenheit so, das wird in der neuen Spielzeit so sein. Also muss man auf andere Tugenden und Zugänge setzen – auf andere Lösungen. Auch solche, die im schnelllebigen Fußball alles andere als üblich sind. Zum Beispiel einem sportlichen Führungsduo – in Persona von Sportvorstand Wolfgang Fiala und Cheftrainer Maximilian Senft – vertrauen, das bereits 2023 da war, als der bittere Gang in die Zweitklassigkeit angetreten werden musste. Aber auch ein Führungsduo, das für einen wissenschaftlichen Zugang und die „Generation Laptop“ steht, wenn man diesen alten Begriff bemühen will.

Neue Standards setzen

Maximilian Senft - SV Ried

Es ist Donnerstagvormittag im Klaus-Roitinger-Stadion, dem Trainingsgelände der Wikinger, wie die Rieder gerne genannt werden. Die Mannschaft steckt mitten in der Saisonvorbereitung. Bei einer Passübung treibt der neue Athletiktrainer Mauro Zaoguera, der einst im Nachwuchsbereich von Atlético Madrid tätig war, die Spieler mit Nachdruck an. Immer wieder fordert er lautstark mehr Kommunikation – mit seiner unverkennbaren Art bringt er Tempo und Energie ins Training. Und schlägt wutenbrannt mit den beiden Händen auf den Rasen, als eine Übung nicht nach seinen Vorstellungen läuft. 

Es wird hart gearbeitet für das Ziel, sich an das Bundesliga-Niveau anzupassen. Cheftrainer Maximilian Senft bleibt im Hintergrund und beobachtet die Einheit aufmerksam. Nach der Übung spricht er vor der versammelten Mannschaft: „Ihr habt durch die Intensität im heutigen Training einen ganz neuen Standard gesetzt.“ 

Er muss es wissen. Senft kam im Sommer 2022 als Trainer der zweiten Mannschaft zur SV Ried, übernahm im März 2023 die Profis. Dass nach dem Abstieg an ihm festgehalten wurde, ist für den ehemaligen Pokerprofi keine Selbstverständlichkeit: „Es ist wunderschön, so viel Vertrauen und Überzeugung geschenkt zu bekommen.“ Es gab aber auch Nebengeräusche, wie Senft zugibt: „Ich habe gerade zu Beginn meiner Zeit gelernt, dass in der Region eine gewisse Skepsis gegenüber einem herrschen kann. Mit harter Arbeit und Bodenständigkeit kann man die Menschen jedoch auf seine Seite holen. Das sind auch Werte, mit denen ich mich identifizieren kann.“ Und heute? „Ich glaube, ich habe den einen oder anderen Skeptiker beruhigen können“, sagt er und lacht. „Ich gebe jedenfalls mein Bestes.“ In seiner täglichen Arbeit verfolgt er einen wissenschaftlichen Ansatz, den er in seinem Sportwissenschaftsstudium an der FH Wiener Neustadt erlernt hat: „Das Studium hat mir vor allem geholfen, dass ich mich mit meinen Physios, dem Athletiktrainer und Co-Trainern, die in ihren Fachbereichen natürlich besser sind als ich, auf einem guten Niveau unterhalten kann." 

Ernten in der Stadt der Landwirtschaftsmesse

Neben dem neuen Athletikcoach Zanoguera stieß auch Emmanuel Faloba zum Team. „Er war zehn Jahre bei Red Bull, allein das spricht für ihn“, sagt jener zweite Wiener, der den Wiederaufstieg federführend verantwortete –Wolfgang Fiala. „Faloba ist ausgebildeter Sportpsychologe, aber ich sehe ihn als Co-Trainer und Fußballexperten.“ Und warum diese Ergänzung? „Wir haben die letzten zwei Jahre gemerkt, dass neben der technisch-taktischen vor allem die mentale Komponente ein Riesenhebel ist.“ 

Trainer Senft blieb trotz kolportierter Angebote aus Deutschland im Innviertel, auch ein Führungsspieler wie Nikki Havenaar schlug andere Angebote aus, um den Rieder Weg weiterzugehen. „Es ist schon ein Stück weit wie in der Landwirtschaft“, bemüht Fiala einen passenden Vergleich in der Stadt der Landwirtschaftsmesse, „man möchte oft auch ernten, was man sät. Es war zwei Jahre lang unser aller Ziel, wieder nach oben zu kommen.“Womit wir bei anderen wichtigen Stichworten wären: zwei Jahre. Es war ein Zweijahresplan, den Fiala für den Wiederaufstieg ausrief. Aus gutem Grund: „Um konkretePläne zu haben, muss man wissen, was man will. Der Zweijahresplan entstand, weil ich den Druck aus dem ersten Jahr rausnehmen wollte. Man hat auch beim LASK unter Glasner gesehen, dass man länger braucht, um etwas aufzubauen.“ Im Kader wird man in der Bundesliga wie schon in der 2. Liga auf eine gesunde Mischung setzen. „Es geht nicht nur mit jugendlichem Leichtsinn, aber auch nicht ohne jugendliche Dynamik. Wir wollen jungen Spielern ein Umfeld bieten, das für Halt und Stabilität sorgt“, sagt Fiala.

Renaissance der Akademie

Ein Beispiel ist Jonas Mayer. Der 21-Jährige steht sinnbildlich für die Renaissance der Rieder Akademie. Die Nachwuchsabteilung galt lange als Aushängeschild des Vereins, brachte Spieler wie Michael Angerschmid, Manuel Ortlechner oder Franz Schiemer hervor. Doch nachdem Patrick Möschl die Schwarz-Grünen im Jahr 2017 verließ, schaffte es kein Eigenbauspieler mehr längerfristig in den Profikader. Nach dem Abstieg 2023 beschlossen Senft und Fiala, das zu ändern. 

Unter ihrer Leitung debütierten zahlreiche Talente bei den Profis. Spieler wie Diego Madritsch (Altach), Belmin Beganovic und Arjan Malic (Sturm Graz) brachten dem Klub wichtige Transfererlöse ein. Jonas Mayer, frisch gekürter U21- Nationalspieler, ist dagegen noch beim Klub. Er stammt zwar aus Saalfelden am Steinernen Meer, verbrachte jedoch viele Sommer seiner Kindheit bei seinen Großeltern in Ried – nur unweit vom Trainingszentrum entfernt. Ab der U15 durchlief er sämtliche Akademie-Mannschaften, maturierte parallel an der Handelsakademie Ried – und schaffte in der Saison 2023/24 den Sprung zu den Profis. In der abgelaufenen Saison war er unumstrittener Leistungsträger und dirigierte gemeinsam mit seinem Mittelfeldkollegen Martin Rasner das Spiel der Innviertler zum Meistertitel. 

Ein Titel, der Mayer sehr viel bedeutet: „Die letzte Saison war schon besonders. Als Fußballer träumt man davon, Trophäen zu gewinnen. Dass mir das jetzt schon in so jungen Jahren mit einem Verein gelungen ist, mit dem mich so viel verbindet, ist alles andere als selbstverständlich.“ Ausruhen ist für Mayer jedoch kein Thema: „Wir wissen, dass eine schwierige Saison auf uns wartet. Aber wenn ich nur an die Gegner denke, gegen die wir in der kommenden Saison in der Bundesliga spielen – wie soll da keine Vorfreude entstehen?“ 

Bleibt nur noch die Frage, wie man sich in der Bundesliga festsetzen will. Gibt es einen neuen Zweijahresplan? „Ich habe meinen Vertrag für drei Jahre verlängert“, erklärt Sportvorstand Fiala. „Wir wollen in diesen drei Jahren eine möglichst nachhaltige Etablierung in der Bundesliga erreichen. In der Comeback-Saison zählt aber nur der Klassenerhalt.“ Wichtig sei ihm dabei vor allem, die sportliche Identität zu erhalten, die Ried nach oben brachte. „Auch das war die Idee hinter dem Zweijahresplan – Dinge immer wieder weiterzuentwickeln, wenn es schwierig wird.“ „NiPsiLd“ – würde Rudi Zauner wohl sagen. 

Text: Georg Steinschnack, Peter K. Wagner, Fotos: GEPA PICTURES

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