26. Mai 2023

Lukas Fridrikas: Ich habe immer einen zweiten Anlauf gebraucht
Lukas, deine Mutter war einmal die weltbeste Handballerin, dein Vater Fußballprofi, war immer klar, dass du auch Profisportler werden würdest?
Ursprünglich nicht. Dadurch, dass meine Eltern beide Profisportler waren, haben sie natürlich auch gewusst, was alles damit verbunden ist. Ich habe zwar in der Schule und im Hof mit Freunden Fußball gespielt, bin aber erst sehr spät, so mit elf, zu einem Verein gekommen. Aber dann war für mich relativ schnell klar, dass ich Fußballprofi werden will.
Handball war gar keine Option?
Ich habe als Kind schon sehr viel Zeit in Handballhallen verbracht, Fußball war für mich aber immer vorherrschend. Es gab allerdings schon ein, zwei Momente, als es im Fußball nicht so gelaufen ist, als ich zu meiner Mutter gesagt habe, ich höre auf und fange mit Handball an.
Du bist mit dem Champions-League-Pokal deiner Mutter im Wohnzimmer aufgewachsen, war das Ansporn, auch einmal Titel zu gewinnen oder war das nur irgendein Häfen für dich?
Ich habe relativ früh gewusst, was dieser Pokal bedeutet. Meine Mutter, die ich teilweise ja noch spielen gesehen habe, hat ja sieben Mal die Champions League gewonnen. Der eine Pokal, den sie geschenkt bekommen hat, steht immer noch in unserem Haus in Niederösterreich. Aber mit ihr habe ich mich nie verglichen. Ich bin ein realistischer Mensch, dass ich ihr Niveau niemals erreichen würde, war mir immer klar. Lange Zeit war auch mein Vater weit weg. Jetzt muss er sich aber schon öfter einen Seitenhieb gefallen lassen, dass er in der Bundesliga drei Saisonen für zwölf Tore gebraucht hat und ich in einer Saison schon elf habe (lacht).

Wenn du so spät mit Vereins-Fußball angefangen hast, musstest du viele Dinge nachholen oder hattest du einfach so viel Talent?
Das Talent war wahrscheinlich immer da, da habe ich schon sehr gute Gene von meinen Eltern mitbekommen. Aber weil ich so spät angefangen habe, war ich im technischen Bereich unterlegen. Ich habe mir dann stundenlang Dribble-Videos von Ronaldinho, Messi oder Ronaldo angeschaut und studiert, ihre Bewegungen nachgeahmt. Ich glaube schon, dass das auch geholfen hat. Ich habe viel aufgeholt und habe heute eine gute Schusstechnik und mein Dribbling kann sich, glaube ich, auch sehen lassen. Wichtig war sicher auch die Begegnung mit Percy van Lierop.
Dein ehemaliger Akademieleiter in Salzburg, der jetzt das Projekt in Lafnitz startet?
Genau. Wir hatten schon Kontakt, als ich noch in der U12 der Admira war. Er war es, der mir nahegelegt hat, im technischen Bereich etwas zu machen. Er hat mir auch ein paar Übungen gezeigt, die ich dann jahrelang gemacht habe. Als ich 14 war, ist er dann als U18-Trainer von Salzburg zu einem Spiel in die Südstadt gekommen und ich bin spontan zu ihm hin und wollte ihm zeigen, was ich gelernt habe. Als er dann gesehen hat, welche Tricks ich drauf habe und dass ich auf einmal tausend Mal gaberln konnte, hat er mich zum Probetraining nach Salzburg eingeladen. Er ist damals gerade Sportlicher Leiter der Akademie geworden und als ich mein angebliches Probetraining gemacht habe, hat er mit meinem Vater schon alles für die Aufnahme geregelt.
Du hast also die Red-Bull-Akademie absolviert, warum hat es einige Umwege gebraucht, um in der ADMIRAL Bundesliga anzukommen?
Im Anschluss an die Akademie habe ich noch einen Einjahresvertrag in Liefering bekommen, wurde aber an Anif verliehen, wo es aber nicht so gut gelaufen ist. Immerhin war es mein erstes Mal im Erwachsenen-Fußball. Danach war die Frage: Was mache ich jetzt? Ich hatte einige Probetrainings bei Zweitligisten, aber alle haben mich warten lassen. Weil ich als 18-Jähriger nicht riskieren wollte, ein halbes Jahr lang keinen Verein zu haben, habe ich zwei Tage vor Ende der Übertrittszeit in den Regionalligen beim SV Seekirchen angerufen, ob sie mich nicht haben wollen. In Salzburg hat man mich ja noch am ehesten gekannt. Dort ist es dann, abgesehen davon, dass ich zwei Monate lang mit dem Koffer zum Training gekommen bin und gefragt habe, bei wem ich heute schlafen kann, super gelaufen. Ich habe in 17 Spielen 15 Tore geschossen.

Moment, was ist das für eine Geschichte mit dem Koffer?
Seekirchen hatte kein Budget mehr, also habe ich da für sehr wenig Geld gespielt. Wohnung hatte ich dort auch keine, also musste ich immer bei einem anderen Kollegen unterkommen. Meine Eltern haben das ja gar nicht so genau gewusst, sonst hätten sie mich sicher nach Hause geholt. Aber ich habe mir gesagt, jetzt oder gar nicht, entweder ich liefere oder ich muss etwas anderes machen. Zum Glück hat es funktioniert.
Du bist dann nach Wiener Neustadt in die 2. Liga gekommen, hast aber kaum gespielt.
Es war eigentlich immer so. Ich habe immer einen zweiten Anlauf gebraucht. Es hat nie beim ersten Mal funktioniert. Immer wenn ich einen Schritt hoch gemacht habe, habe ich nicht gespielt. Also bin ich wieder zurück. Natürlich denkt man sich irgendwann auch selbst, bin ich überhaupt gut genug? Ich war wirklich zwei, drei Mal schon weg vom Fenster. Der Sprung in die Bundesliga hat ja auch nicht gleich geklappt. Ich habe ja teilweise im Vorjahr noch in der zweiten Mannschaft von Austria Klagenfurt gespielt. In der 5. Liga! Deshalb bin ich glücklich, wie es jetzt läuft und weiß es sehr zu schätzen. Gewusst habe ich ja, dass ich es kann.
Wie sehr verdankst du deinem jetzigen Trainer Markus Mader, für den du schon in Dornbirn viele Tore geschossen hast, dass du heute bist, wo du bist?
Ihm verdanke ich viel! Wir kennen uns jetzt seit fünf, sechs Jahren, wir haben einige erfolgreiche Saisonen hinter uns. Er hat mich in jungen Jahren erlebt, er weiß viel über mein Leben. Er weiß, was er an mir hat und ich weiß, was ich an ihm habe. Er drückt auch einmal ein Auge zu, wenn ich einen Trick zu viel mache, weil er weiß, dass ich ihm alles wieder zurückgebe, wenn er und die Mannschaft mich brauchen. Das ist schon eine coole Geschichte, dass wir jetzt sozusagen gemeinsam Karriere machen. Er war ja von ein paar Jahren auch noch in der Unterliga.

Wie soll es weitergehen, bist du froh, dass du endlich in der ADMIRAL Bundesliga angekommen bist oder denkst du schon an den nächsten Schritt?
Ich bin mit meinen 25 Jahren nicht mehr der Jüngste, ich möchte schon schauen, wie hoch ich noch kommen kann. Aber es ist ein schmaler Grat. Ich bin dankbar dafür, wo ich jetzt bin, aber ich weiß auch, dass ich nicht mehr ewig Zeit habe. Das heißt nicht, dass ich nicht glücklich sein werde, noch ein Jahr in Lustenau zu spielen. Ich weiß auch nichts von Angeboten, ich will einfach weiter meine Tore und Assists machen.
Es gibt nicht viele Österreicher, die mehr als deine elf Tore und sechs Assists vorweisen können. Darfst du da auch schon ans Nationalteam denken?
Ich glaube es sind nur Pinki und Burgi vor mir, oder? Die sind beide super, aber in einem fortgeschrittenen Alter. Natürlich wäre es ein Traum, für Österreich zu spielen, aber das war immer so weit weg, dass ich mir darüber nie einen Kopf gemacht habe. Litauen war schon vor einem Jahr Thema, jetzt ist es natürlich wieder aufgepoppt. Sie prüfen, ob ich eine Doppelstaatsbürgerschaft bekommen könnte. Litauen ist das Land meiner Eltern, ich wäre auch stolz darauf, dort spielen zu können.
Was dir auch noch fehlt, ist ein Derby-Tor, ist es am Samstag fällig?
Stimmt, ein Tor gegen Altach fehlt noch, es wäre schön, wenn es diesmal klappen würde. Aber wir haben die Chance, vielleicht international zu spielen, dafür brauchen wir im Derby einen Sieg. Deshalb ist es mir viel lieber, die Mannschaft gewinnt und ich schieße kein Tor, als ich treffe und wir verlieren. Wenn beides ginge, umso besser.
Wen hättest du lieber im Play-Off als Gegner, deine Ex-Austria aus Klagenfurt oder vielleicht die aus Wien, gegen die du schon zwei Mal getroffen hast?
Egal. Austria Klagenfurt hätte für mich wegen meiner Vergangenheit dort vielleicht noch mehr Brisanz, aber bei der Wiener Austria hat mein Vater gespielt. Dadurch habe ich immer einen Bezug zum Klub gehabt. Aber ich glaube, wir müssen ein bisschen zurückrudern. Es war in den letzten Wochen fast schon zu viel Euphorie. Wir sind immer noch Lustenau. Wir haben mit dem frühen Klassenerhalt schon etwas Großes geschafft, die Europa-Playoff wäre nur ein toller Bonus.
Fotos: GEPA pictures