21. Okt. 2025
Max Senft: „Ich bin wahrscheinlich nicht für große Risikoaversion bekannt“
Sein analytischer Blick auf die Dinge hat dafür gesorgt, dass Ex-Poker-Profi Max Senft die SV Ried auf Anhieb zum Kandidat auf die Meistergruppe machte. Was die Kernidee der Rieder ist, wie sie in der ADMIRAL Bundesliga angekommen sind und was sie gegen Rapid vorhaben, erklärt der Ried-Trainer im Gespräch mit bundesliga.at.
Max, die SV Ried steht nach zehn Runden mit 14 Punkten da, mehr waren es letztmals 2013/14. Wie zufrieden darfst du als Aufsteiger sein?
Wir haben einen soliden Saisonstart hingelegt mit den Highlights gegen Salzburg und dem Triple-Derby-Erfolg gegen Blau-Weiß, Gurten und den LASK. Dann hatten wir Spiele, in denen es nicht so gut gelaufen ist, die aber auch von einer Coronawelle und VAR-Fehlentscheidungen geprägt waren. Umso stolzer bin ich auf die Mannschaft, wie sie aus dieser Phase herausgekommen ist. Deshalb war der Sieg beim WAC schon ein besonderer Moment.
Was waren die großen Fragezeichen nach dem Aufstieg, ob es für die höchste Liga reichen wird und hat es einen Moment gegeben, in dem du gemerkt hast, dass ihr in der Bundesliga angekommen seid?
Die großen Fragezeichen sind immer die unbekannten Variablen. Wie gut werden sich die neuen Spieler integrieren, wie gut und wie schnell findet die Mannschaft zusammen? Welche Problemstellungen erwarten uns durch die höhere Qualität der Gegner in der neuen Liga? Ich würde nicht einen bestimmten Moment oder ein bestimmtes Spiel nennen, aber mit den zwei Siegen gegen die beiden Linzer Klubs konnten wir schon mit dem guten Gefühl des Angekommenseins in die erste Länderspielpause gehen.
Schlüsselspieler wie Nikki Havenaar und Mark Grosse hatten zuvor nur Zweitliga-Erfahrung, war es absehbar, dass sie auch in der ADMIRAL Bundesliga so gut performen?
Ich würde vielen Unrecht tun, wenn ich das an einzelnen Spielern festmache, man kann das auf die ganze Mannschaft umlegen. Bis auf Leitner, Sollbauer und Wernitznig haben wir ja nur ganz wenige Spieler mit Erstliga-Erfahrung gehabt. Aber Nikki Havenaar ist sicher ein Anker-Spieler, der über seine Physis und seine Kopfballstärke eine besondere Waffe für uns ist. Mit unserer Idee, ihn in seinen Stärken zu forcieren, ist er sicher auch eine unkonventionelle Offensivwaffe.
Als Offensivwaffe entpuppte sich auch Kingstone Mutandwa, der beim 2:1-Sieg in Wolfsberg schon seinen zweiten Doppelpack abgeliefert hat. Was darf man von ihm noch erwarten?
Kingstone ist ein junger Spieler, der mit seinen „Big Performances“, den beiden Doppelpacks gegen die Austria und den WAC und seinem Tor gegen Salzburg, schon aufgezeigt hat, wie hoch es bei ihm gehen kann. Wie alle jungen Spieler arbeitet er noch an seiner Leistungskonstanz, aber er ist ein großer Teamplayer, hat immer das Team im Blick und will immer besser werden. Das verdeutlicht vielleicht eine kleine Anekdote nach dem Salzburg-Spiel am besten: Da haben ihn alle für sein Tor gefeiert, aber er hat seinem Berater geschrieben, dass er unzufrieden war mit seiner Leistung.
Ried war vor einigen Jahren bekannt für seine Spanien-Connection, heute stehen zwei Südafrikaner im Team. Ist das ein Spielermarkt, den ihr genau im Blick habt?
Die beiden sind auf ganz unterschiedlichen Wegen zu uns gekommen. Antonio van Wyk ist ja schon seit dem Vorjahr bei uns und war quasi ein Insidertipp von unserem Co-Trainer Moritz Kossmann, der ihn schon in Südafrika trainiert hat. Yusuf Maart ist uns über unsere Datenanalyse vorgeschlagen worden. Wir haben uns dann viel mit ihm beschäftigt und schließlich entschieden, ihn als Sechser zu verpflichten. Für das Scouting sind Wolfgang Fiala und Lukas Brandl zuständig, aber so viel kann ich sagen, dass unsere oberste Prämisse ist, dass ein Spieler von seinem Charakter und Profil zu uns passen muss. Aus welchem Land er kommt, ist da nebensächlich.
Aktuell wird im Zuge der Umstrukturierung des Österreicher-Topfes viel über Legionäre und die Chancen für junge Österreicher diskutiert. Wo steht die SV Ried da?

Das hat man im Spiel gegen den WAC gut gesehen, da sind mit Jonas Mayer, Nicolas Bajlicz, Peter Kiedl, Fabian Rossdorfer und Joris Boguo alle unsere fünf jungen Nachwuchs-Nationalspieler zum Einsatz gekommen. Das zeigt, dass wir jungen Österreichern das Vertrauen geben. Dass mit Beganovic und Malic heute zwei Spieler aus der Rieder Akademie bei Meister Sturm spielen und mit Madritsch in Altach ein weiterer junger Rieder in der Bundesliga unter Vertrag steht, belegt, dass die Ausbildung junger österreichischer Talente bei uns sehr im Fokus steht.
Der gerade 18 gewordene Joris Boguo, Bruder des Admiraners und Ex-Rapidlers Aristot Tambwe-Kasengele, ist eine spannende Personalie, die in der Regionalliga schon aufgezeigt hat. Was zeichnet ihn aus?
Er ist einer dieser jungen Wikinger, der für unseren Weg spricht. Er hat im Winter und im Sommer ein paar Mal bei uns ausgeholfen, wenn Not am Mann war, hat dabei so gute Figur gemacht, dass er seine Chance bekommen und dann im Cup gegen Parndorf gleich einen Doppelpack gemacht hat. Seither ist er im Kader und hat gegen den WAC auch den wichtigen Elfer herausgeholt, der zu unserem 2:1-Sieg geführt hat. Er hat für sein Alter einen sehr trockenen Humor, der bei der Mannschaft gut ankommt. Er ist auch unser Duracell-Hase. Ich habe selten einen Spieler mit einer solchen Taktung an Sprints gesehen.
Am Wochenende kommt Rapid ins Innviertel. Haben Sie als Wiener einen besonderen Bezug zu den Hütteldorfern?
Außer dass mein Vater Rapidler ist und mein erster Stadionbesuch deshalb so um das Jahr 1995 herum ein Match im Hanappi-Stadion gegen den GAK war, habe ich nicht viele Berührungspunkte mit Rapid.
Wie werdet ihr das Spiel gegen Rapid anlegen?
Der Zugang ist der, dass wir unsere Kernidee auf den Platz bringen wollen, egal wie der Gegner heißt. Es gibt dann schon kleine Kniffe und Nuancen, die auf den Gegner abgestimmt sind, aber es geht auch dabei um Adaptionen, die unsere Stärken hervorheben sollen.
Was ist eure Kernidee?
Die Kernidee ist, dass wir mit dem Ball eine Struktur kreieren wollen, in die jeder Spieler seine großen Stärken einbringen kann. Dazu gehört laufintensives Pressing, wir sind nicht umsonst die Mannschaft mit den meisten Sprint-Kilometern in der Liga. Der dritte Punkt sind die Standardsituationen, die zu unseren großen Waffen zählen. Mit Mark Grosse und Philipp Pomer haben wir da auch zwei gute direkte Freistoßschützen, die sicher noch für das eine oder andere Freistoßtor gut sein werden.
Du warst während des Studiums auch Poker-Profi, schlägt der Zocker beim Fußball-Trainer auch durch?
Ich bin wahrscheinlich nicht für große Risikoaversion bekannt. Wenn man von einem Zocker-Gen reden will, dann vielleicht genau deshalb, dass bei uns auch junge Spieler ihre Chance bekommen. Wichtig ist wie beim Pokern die Balance zwischen Risiko und Stabilität im Spiel, der analytische Blick auf die Dinge.
Die SV Ried steht aktuell auf Platz 6, dürft ihr gar mit der Meistergruppe liebäugeln?
Das ist schon zu weit geschaut. Wir haben in den nächsten zehn Tagen mit den Spielen gegen Rapid und Salzburg, sowie dem Cup-Achtelfinale gegen Bregenz so viele Highlightspiele, dass unser Blick einmal nur auf diese gerichtet ist.
Text: Horst Hötsch; Fotos: GEPA pictures