02. Dez. 2025
Murat Satin über das Grazer Derby: "Wenn nicht jetzt, dann wann?"
Mit seinem frühen Tor hat Murat Satin den GAK-Sieg gegen BW Linz eingeleitet. Was die Siege der vergangenen Runden mit den Rotjacken gemacht haben, wie es ihn als 18-Jährigen in die Türkei verschlagen hat und warum das Grazer Derby zur rechten Zeit kommt, verrät der 29-Jährige in unserer Rubrik "11 Fragen“.
1) Murat, Gratulation zu deinem Tor gegen Blau-Weiß Linz, war es eines deiner schöneren?
Danke. Es hat mich natürlich gefreut, dass ich schon in der vierten Minute das Führungstor gemacht habe, weil es für uns als Mannschaft wichtig war. Dass es dann auch noch so ein schönes Tor war, ist eine Draufgabe. Vor ein paar Wochen wäre der Ball wahrscheinlich von der Stange noch rausgesprungen.
2) Wie wichtig war der Sieg im Nachzüglerduell?
Jeder Sieg ist wichtig für den Kopf. Schon der erste Sieg nach zwölf Spielen ohne Erfolg hat uns Vertrauen gegeben, dass wir doch noch gewinnen können. Der Sieg gegen Rapid war dann schon richtig schön, weil er eben viel in unseren Köpfen gemacht hat. Das hat man gegen Blau-Weiß Linz gesehen, wir treten jetzt ganz anders auf.
3) Die fünf Punkte Vorsprung fühlen sich trotz bevorstehender Punkteteilung beruhigend an?
Ich finde, wir sollen nicht auf die Tabelle schauen, ob wir fünf oder sechs Punkte Vorsprung haben. Die können nach der Punkteteilung und einem direkten Duell schnell wieder weg sein. Wir müssen einfach mit der Überzeugung in jedes Spiel gehen, Punkte zu holen. Dann werden wir auch genug Punkte machen.
4) Stimmt es, dass dich Ferdinand Feldhofer schon einmal zum WAC holen wollte, was schätzt er besonders an dir?
Ja, es gab damals ein Telefonat mit ihm. Ich hatte aber auch schon ein Angebot von Ried und weil es mit dem WAC noch länger gedauert hätte, habe ich mich entschieden, von Innsbruck nach Ried zu wechseln. Im Fußball weiß man ja nie. Was Feldhofer an mir schätzt, müsste man ihn selber fragen, aber ich glaube, es ist meine Winner-Mentalität. Ich gebe immer alles für den Sieg. Dabei war es mit dem Trainer nicht immer leicht für mich, ich bin auch einige Zeit auf der Bank gesessen. Aber ich gebe immer Gas und tue alles, um in der Startelf zu stehen und mit Toren und Assists zurückzuzahlen.
5) Das Tor gegen BW Linz war dein erstes für den GAK in der ADMIRAL Bundesliga, damit hast du jetzt für alle deine drei Bundesligaklubs je ein Tor erzielt. Kommt da noch mehr?
Das hoffe ich! Ich glaube schon, dass ich Qualitäten im Schießen habe, die will ich noch mehr auf den Platz bringen. Es ist schön, wenn man die Mannschaft mit seinen Toren tragen kann. Aber es kommt natürlich auch auf die Position an, die ich spiele.
6) Gutes Stichwort. Wenn man auf „Transfermarkt" schaut, hast du schon neun Positionen beim GAK gespielt, vom rechten Außendecker über den linken Flügel bis zum Mittelstürmer. Wo fühlst du dich am wohlsten?
Am liebsten spiele ich Zehner. Aber ich bin der Meinung, dass man fast auf jeder Position spielen kann, wenn man ein guter Fußballer ist und mit dem Ball gute Lösungen findet. Beim Stürmer und Innenverteidiger kommen noch körperliche Voraussetzungen dazu, aber wenn man im Eins-gegen-Eins mit dem Ball gut ist, kann man auch als Außenverteidiger oder Flügel seine Leistung bringen. Ich glaube, aber, dass ich der Mannschaft als Zehner oder Achter am meisten helfen kann.
7) Du bist Tiroler mit türkischen Wurzeln, was hat dich gereizt, gleich von der Tiroler Akademie in die Türkei zu gehen?
Danach ist man immer g’scheiter! Es hat damit zu tun gehabt, dass meine türkischen Eltern schon älter waren und irgendwann in ihre Heimat zurück wollten. Türkische Vereine schätzen Spieler, die wie ich in Europa ausgebildet wurden, deshalb war es nicht schwer, einen Verein zu finden. Noch dazu zahlen die türkischen Klubs gut, im Vergleich dazu sind sie in Österreich ein bisschen schüchtern beim Geld (lacht). Aber ich war 18 und bin gerade aus der Akademie gekommen, wo die Entwicklung des Spielers im Vordergrund stand. Die Härte und den Umgang im türkischen Fußball war ich nicht gewöhnt. Dort geht es nicht nur auf dem Spielfeld aggressiver zu, auch verbal. Und dann gab es auch noch Berater und Vereine, die viel versprochen haben - das war eine bittere Erfahrung. Jetzt passe ich natürlich mehr auf, aber für junge Spieler ist das ein wichtiges Thema. Sie müssen sich fragen, will mich mein Berater nur verkaufen oder geht es ihm darum, das Beste aus meinem Potenzial herauszuschöpfen?
8) Du bist zum Traditionsklub Genclerbirligi gewechselt, hast aber dann aber bei Hacettepe in der 3. Liga gespielt. Wie kam das?
Ja, ich war bei Genclerbirligi und bin nach einem Monat zu Hacettepe, das ist wie Liefering zu Red Bull Salzburg. Ich war auf dem gleichen Gelände, habe mit den Profis von Genclerbirligi trainiert, aber für Hacettepe gespielt. Es war ausgemacht, dass ich nach einem Jahr in die SüperLig-Mannschaft wechsle, aber das ist nicht passiert. Ich habe dort den Spaß am Fußball verloren und wollte nur noch zurück.

9) Du bist in die Regionalliga zurück, hast du noch an eine Zukunft als Profi geglaubt?
Ich wollte nur wieder Fußball spielen und bin zur zweiten Mannschaft von Wacker Innsbruck, aber natürlich war mein Ziel weiterhin, Profi zu werden. Ich habe mein ganzes Leben darauf hintrainiert. Mit dem Spaß am Fußball ist auch der Wille und die Leidenschaft wieder gekommen und Karl Daxbacher hat mich bald in die 2. Liga hochgezogen. Wir sind aufgestiegen und auf einmal war ich mit 20 doch in der Bundesliga!
10) Nach einer weiteren Bundesliga-Station in Ried warst du bei den Zweitligisten Steyr und Bregenz, ist der GAK ein Glücksfall für dich?
Ja, wobei ich schon mit dem Hintergedanken zum GAK gegangen bin, dass wir in die Bundesliga aufsteigen. Es hat mir hier von Tag 1 an extrem gut gefallen, heute fühlt sich der GAK wie mein Zuhause an, weil die Menschen hier einfach top sind.
11) Am Wochenende steht das Grazer Derby an, in dem bisher für euch nichts zu holen war. Brennst du trotzdem darauf?
Ich liebe es, wenn es um alles geht, wenn es in der ganzen Stadt nur ein Gesprächsthema gibt. Ich weiß nicht, was man sich im Fußball mehr wünschen könnte. Ja, die Erfolge haben bisher gefehlt. Aber wenn nicht jetzt, dann wann? Nach unseren zwei Siegen fahren wir hin, um unser Spiel und unsere Idee durchzusetzen. Natürlich gibt es einen Gegner, der etwas dagegen hat. Aber wir haben jetzt gezeigt, dass wir Spiele gewinnen können, wieso nicht auch einmal gegen Sturm?
Text: Horst Hötsch; Fotos: GEPA pictures