11. Nov. 2025
Nikki Havenaar: Die unglaublichen Zahlen von Rieds "Mister Zweikampf"
Es gibt Spieler in der ADMIRAL Bundesliga, die keinen Zweikampf scheuen – und es gibt Nikki Havenaar. Der Beinahe-zwei-Meter-Japaner mit holländischen Wurzeln spielt zweikampftechnisch in einer eigenen Liga. Wie es dazu kam und wie Keisuke Honda ihn einst nach Österreich lockte, erzählt der Rieder im Interview mit bunesliga.at.
Nikki, Opta hat jüngst eine unglaubliche Statistik ausgeschickt – nämlich dass du in den ersten zwölf Runden 225 Zweikämpfe und 182 Luftduelle bestritten hast. Das macht 34 Zweikämpfe pro Spiel, war das schon immer deine Spielweise?
Ja, schon. Ich glaube, dass ich in meiner Mannschaft vor allem wegen meiner Luftduelle und Größe geschätzt werde. Wobei es schon eine Challenge ist, meine guten Zweikampfquoten aus der 2. Liga auch in der ADMIRAL Bundesliga hochzuhalten. Ich kenne die Zahlen aus der vergangenen Saison nicht genau, aber ich schätze, ich war vorne dabei. Schon in meiner ersten Zweitligasaison beim SV Horn, damals war auch der LASK noch in der 2. Liga, war es eine Angelegenheit zwischen mir und Luckeneder. Wobei ich glaube, dass Luckeneder am Ende vorne war.
Du hast mehr als doppelt so viele Kopfballduelle geführt als der nächstbeste Spieler. In deiner Heimat Japan muss der Unterschied ja noch eklatanter gewesen sein?
In Japan bin ich definitiv noch mehr aufgefallen, da habe ich durch meine Größe schon ziemlich viel Aufmerksamkeit bekommen. Dabei gab es da viel weniger Kopfballduelle, weil auch viel weniger hohe Bälle gespielt wurden. Das war eine ganz andere Challenge für mich, weil die japanischen Spieler technisch sehr gut sind, viele Dribblings probieren und schnell über die Flügel spielen. Das war auch für meine Zweikämpfe auf dem Boden eine gute Schule. In den Luftduellen war schon mein Anspruch, zehn von zehn zu gewinnen. Wobei das auch nicht ganz so einfach war, weil die Gegner versuchen ja trotzdem, dich zu stören.
Und wie sieht es mit deinen Offensiv-Kopfbällen aus?
Auch da habe ich in den letzten zwei Jahren meine Tore und Vorlagen gemacht. Auch weil bei der SV Ried Standards ein großes Thema sind und wir aktuell bei Standards sogar die beste Mannschaft der Liga stellen.
Du trägst wahrscheinlich nicht unwesentlich dazu bei, dass die ADMIRAL Bundesliga mit durchschnittlich 206 Zweikämpfen pro Spiel zu den intensivsten Ligen Europas zählt. Deckt sich das mit deinen Erfahrungen?
Das kann ich nach fünf Jahren in der Schweiz schon bestätigen. Die beiden Nationen sind ja im UEFA-Ranking fast immer gleichauf, aber was Zweikampfkultur und auch das Ausnützen von Umschaltmomenten betrifft, ist die österreichische Liga wirklich stark.
Dein Vater war ein niederländischer Torhüter, der nach Japan gegangen ist und später u.a. bei Nagoya Grampus Eight als Tormanntrainer gearbeitet hat. Dort hast du unter Dragan Stojkovic debütiert. Wie sind deine Erinnerungen an diese Legende?
Zu ihm hatte ich eine gute Beziehung. Weil mein Vater zu Zeiten, in denen Stojkovic noch gespielt hat, Tormanntrainer in Nagoya war, bin ich schon als Kind oft in der Kabine gewesen. Als ich zu den Profis gekommen bin, hat er mich schon gut gekannt. Er war es auch, der mir mit 17 meinen ersten Profivertrag gegeben hat. Das war in Japan damals nicht normal, dass man einem 17-Jährigen vertraut und ihn auch eingesetzt hat.
Wie bist du 2016 nach Horn gekommen? Hat dich das Projekt von Keisuke Honda gelockt?
Nach drei Jahren ist mein Vertrag in Nagoya ausgelaufen. Es war schwierig, in die Mannschaft zu kommen, weil die beide Innenverteidiger der Viererkette Nationalspieler waren. Ich bin also nur zum Spielen gekommen, wenn einer verletzt oder gesperrt war. Und auch da gab es noch andere Optionen. Ich hätte in die 2. Liga gehen können, aber da hat mich Keisuke Honda persönlich angerufen und mir von seinem Projekt in Österreich erzählt. Keisuke war eine große Persönlichkeit in Japan und es war eine große Ehre für mich. Sein Ziel war, mit Horn innerhalb von fünf Jahren in die höchste Liga aufzusteigen und dann um die Europacup- und Champions-League-Plätze mitzuspielen. Ich war begeistert, weil ich als großer Arsenal-Fan, die Chance gesehen habe, so den Sprung zu Arsenal zu schaffen.
Nach vier Jahren war das Projekt beendet, hast du es bereut?
Ich bin kein Mensch, der schnell etwas bereut. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich in der zweiten japanischen Liga geblieben wäre. Vielleicht hätte ich auch wie so viele japanische Spieler mit 22 oder 23 Jahren die Karriere beendet, weil ich keine Perspektive mehr gesehen hätte. Ich war ja überzeugt, dass der Weg mit Horn möglich ist. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga haben wir auch gute Transfers gemacht und es waren viele super Spieler da, aber am Ende hat es uns wahrscheinlich an Erfahrung gefehlt. Ich habe mein Ziel, in einer großen Liga zu spielen, nicht erreicht, aber bin trotzdem stolz, dass ich schon so lange in Europa spiele.
Einer, mit dem du in der U18 für Japan gespielt hast, Takumi Minamino, hat den Weg nach England geschafft…
Er ist mein Jahrgang und ja, wir haben in den Nachwuchsnationalteams zusammengespielt und waren auch gute Freunde. Er hat es geschafft, wovon ich geträumt habe. Aber er war auch der Top-Spieler unseres Jahrgangs. Er war nicht nur ein großes Talent, er hatte auch die richtige Einstellung. Und er hat die richtigen Schritte gemacht – von Red Bull Salzburg zu Liverpool und dann zu Monaco.
Du bist der Champions League beim FC Thun am nächsten gekommen.
Ja, wir haben in der Europa-League-Qualifikation gegen Spartak Moskau gespielt. Das war schon ein super Erfolg, obwohl wir leider ausgeschieden sind. Aber ich war endlich in einer 1. Liga angekommen. Mit Corona ist dann alles schwierig geworden. Wir sind abgestiegen, ich wollte in der Super League bleiben, aber jeder Spieler, der die Zeit mitgemacht hat, weiß wie schwer es damals war.
Nach einer Saison bei Xamax bist du 2023 in Ried gelandet. Wie hat sich das ergeben?
Ich hatte überlegt, ob es nicht Zeit wäre, nach Japan zurückzukehren, aber dann haben sich Wolfgang Fiala und Max Senft bei mir gemeldet und mich in den Gesprächen für Ried begeistert. Ich bin froh, die Entscheidung getroffen zu haben, am Ende habe ich alles richtig gemacht.
Dennoch gab es im Sommer Gerüchte, dass du nach Japan zurückkehren würdest. War was dran?
Ja, es gab einen japanischen Verein, der mich haben wollte. Aber es war zwei Jahre lang mein Ziel, mit Ried in die Bundesliga aufzusteigen, da wollte ich nach dem Aufstieg nicht mittendrin aufhören.
Was ist nach dem guten Start noch möglich mit der SV Ried?
Unser Ziel ist immer der Klassenerhalt. Wir haben bisher wirklich gut mitgehalten. Aber wir haben auch gesehen, dass es schwer wird, wenn wir auch nur ein Prozent nachlassen. Das ist nicht wie in der 2. Liga, hier werden kleine Fehler sofort bestraft.
Die SV Ried hat international mit dem Leberkäs-Semmerl auf dem Ärmel Wellen geschlagen. Hast du schon eines probiert und wie schneidet es im Vergleich zu Sushi & Co. ab?
Natürlich habe ich Leberkäse schon gekostet und ich muss sagen, er ist sehr lecker. Ich verstehe, dass alle Österreicher davon schwärmen. Aber ich war jetzt – auch wegen Corona – sechs Jahre nicht mehr zuhause und vermisse das Essen in Japan. Es gibt auch hier gutes asiatisches Essen, aber jeder, der einmal in Japan war, wird wissen, dass es nicht das Gleiche ist.
Meiste Zweikämpfe | ||
|---|---|---|
Spieler | Team | Zweikämpfe |
Nikki Havenaar | SV Oberbank Ried | 225 |
Mohamed Ouédraogo | SCR Altach | 182 |
Abubakr Barry | FK Austria Wien | 179 |
Kingstone Mutandwa | SV Oberbank Ried | 165 |
Ousmane Diawara | SCR Altach | 164 |
Romeo Amané | SK Rapid | 156 |
Ante Bajic | SV Oberbank Ried | 146 |
Marco Hoffmann | TSV Egger Glas Hartberg | 142 |
Matthäus Taferner | WSG Tirol | 140 |
Ramiz Harakate | Grazer AK 1902 | 140 |
Gewonnene Zweikämpfe | ||
|---|---|---|
Spieler | Team | Gew. Zweikämpfe |
Nikki Havenaar | SV Oberbank Ried | 125 |
Mohamed Ouédraogo | SCR Altach | 104 |
Abubakr Barry | FK Austria Wien | 92 |
Romeo Amané | SK Rapid | 84 |
Jacob Rasmussen | FC Red Bull Salzburg | 83 |
Manuel Maranda | FC Blau Weiß Linz | 81 |
Elias Bakatukanda | FC Blau Weiß Linz | 79 |
Nicolas Wimmer | RZ Pellets WAC | 76 |
Dominik Baumgartner | RZ Pellets WAC | 75 |
Ante Bajic | SV Oberbank Ried | 74 |
Text: Horst Hötsch; Fotos: GEPA pictures; Tabellen: Opta by Stats Perform