Zur Navigation springenZur Suche springenZum Hauptinhalt springenZum Footer springen

18. Sept. 2025

Philipp Wiesinger FK Austria Wien

Philipp Wiesinger: „Wir haben immer gewusst, dass wir nicht so schlecht sind"

Vor einem Jahr war nicht klar, ob die Karriere von Philipp Wiesinger weitergehen kann. Mittlerweile ist der 31-Jährige aus der Austria-Abwehr nicht mehr wegzudenken. Im Interview mit bundesliga.at sprach er über den Fehlstart, Fitz-Ersatz Saljic und Oliver Glasner.

Philipp, wie erleichtert bist du, dass ihr nach dem Fehlstart mit den zwei Siegen zuletzt wieder die Kurve gekriegt habt?

Es ist am Anfang sicher nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Da haben auch die Spielerverkäufe eine Rolle gespielt. Unser Spiel war doch sehr auf Fitzi zugeschnitten. Wir haben dann zwei, drei Spiele auch ohne ihn noch so weiter gespielt, bis wir gesehen haben, dass wir uns darauf besinnen müssen, was uns erfolgreich gemacht hat. Also nicht mehr ganz so hoch stehen, kompakter sein. Das hat uns gut getan und Sicherheit gegeben. Jetzt müssen wir so weitermachen und regelmäßig punkten, dann ist immer noch eine Top-Platzierung drin.

Wie sehr hat auch die negative Stimmung von Fans und Medien mitgenommen?

Wir haben immer gewusst, dass wir nicht so schlecht sind – bis auf das WAC-Spiel, da waren wir wirklich schlecht. Aber es waren auch Spiele dabei, die wir letzte Saison noch gewonnen hätten. Wir haben Fehler gemacht und billige Gegentore kassiert, die uns letztes Jahr nicht passiert wären. Dass nach einer so guten Saison nach zwei, drei Spielen gleich alles in Frage gestellt wird, hat uns schon nachdenklich gemacht. Wir haben ja gezeigt, was wir imstande sind zu leisten, da hätten wir es uns verdient, dass man uns mehr vertraut. Das alles hat uns jetzt nicht aus der Bahn geworfen, aber es hat uns schon beschäftigt, weil wir auch selbst nicht gleich verstanden haben, warum es so schlecht läuft.

Du hast vorhin Dominik Fitz erwähnt, wie viel Fitz steckt schon in Sanel Saljic?

Saljic FK Austria Wien

Er ist so wie Fitzi ein eher kleinerer Spieler, sehr agil, hat einen starken linken Fuß und ist super im Eins-gegen-Eins. Er hat es jetzt die zwei Spiele richtig gut gemacht und gegenüber dem Vorjahr auch einen guten Schritt weiter gemacht. Fitzi war offensiv mit Malone natürlich unsere größte Waffe. Von seinen Flanken, Ecken, Standards, haben wir viel profitiert. Mit Sanel ist es ein bisschen anders, aber das macht uns vielleicht auch nicht mehr so ausrechenbar.

Du hast beim 1:0-Sieg in Graz laut Opta-Daten die meisten klärenden Aktionen deiner Karriere abgeliefert. Hättest du das nach deiner Leidensgeschichte beim LASK vor einem Jahr noch für möglich gehalten?

Man hofft natürlich immer, dass es wieder so wird wie vorher, aber – so ehrlich muss ich sein – letzten Sommer hat es nicht so ausgeschaut. Auch im ersten Dreiviertel-Jahr habe ich immer noch Schmerzen im Knöchel und der Hüfte gehabt, erst jetzt bin ich schmerzfrei. Ich bin happy, dass es wieder so geworden ist, aber – auch das muss ich zugeben – wenn ich vergleiche, wie ich mit 27 oder 28 war, gibt es von der Spritzigkeit her schon einen Unterschied. Ich will mich nicht beklagen, dafür dass ich eineinhalb Jahr verpasst habe und schon ans Karriereende gedacht habe, bin ich sehr zufrieden und auch dankbar, dass mir die Austria die Möglichkeit gegeben hat, noch einmal auf diesem Niveau zu spielen. Aber so unterwegs wie der Reini (Ranftl) mit seinen bald 34 Jahren bin ich leider nicht mehr.

Apropos Ranftl. Ihr wart ja eine ganze LASK-Kolonie bei der Austria, die die erfolgreiche Glasner-Zeit mitgemacht hat. Wie ähnlich ist Stephan Helms Spielweise jener von Glasner?

Vom Pressing-Spiel her sind sie sich nicht unähnlich, aber Oliver konnte schon emotionaler oder lauter werden, wenn etwas nicht gleich funktioniert hat, da ist Stephan geduldiger. Obwohl natürlich auch er deutlich wird, wenn etwas nicht passt. Aber was Oliver seither geschafft hat, ist eine unglaubliche Geschichte. Und das nicht mit Teams voller Tops-Stars. Er macht Top-Stars aus den Spielern.

Wieisnger und Glasner

Was hast du von ihm gelernt?

Er hat mich überall besser gemacht. Ohne ihn würde ich heute nicht Bundesliga spielen. Er hat mehr an meine Fähigkeiten geglaubt als ich selbst. Er hat immer gesagt: „Wiesi, mach’ dich nicht kleiner, du bist richtig gut, verkauf’ dich nicht unter Wert“. Er hat es nicht nur bei mir geschafft, dass die Spieler an sich selbst glauben. Dazu kommt, dass die Mannschaft über sein System, seine Philosophie, eine enorme Sicherheit kriegt. Du weißt, wenn du einen Fehler machst, sind zwei andere da, die ihn ausbessern. Das gibt dir die Sicherheit, ins Risiko gehen zu können, weil du weißt, die holen den Ball zurück.

Hast du in den späteren Glasner-Mannschaften immer auch ein Stück LASK erkannt?

Es hat schon in Wolfsburg sein System etwas adaptiert, in Frankfurt hatte er enorme Offensivpower, aber sein Prinzip, den kürzesten Weg nach vorne zu suchen, war natürlich immer noch zu sehen. Und in der Premier League hat er jetzt Spieler zur Verfügung, die sind einfach eine andere Liga.

Hat die obligate Fotocollage, die du beim LASK-Abschied bekommen hast, einen Ehrenplatz bei dir oder ist sie im Keller gelandet?

Die ist bei mir daheim in Salzburg. Der Abschied war nach meiner Verletzungsgeschichte leider nicht so berauschend, aber ich blicke positiv zurück, denke an die guten Zeiten, die tollen Europacup-Spiele. Und es ist immer noch schön, alte Bekannte zu treffen, wenn wir mit der Austria in Linz spielen. Alles andere ist abgehakt und vorbei. Damit fährt man besser.

Stichwort Europacup: Woran liegt es, dass du bei internationalen Spielen (5 Tore in 31 Spielen) torgefährlicher bist als in der ADMIRAL Bundesliga (8 Tore in 147 Spielen)?

FK Austria Wien Wiesinger

Ich weiß auch nicht, aber die 21-Uhr-Spiele machen wir am meisten Spaß. Je später umso besser.  Und so viele Europacup-Spiele spielst du nicht im Leben. Du arbeitest ein Jahr lang dafür, dass du dabei bist, dann will ich auch alles dafür tun, dass wir als Mannschaft möglichst lange dabei bleiben. Und hin und wieder kommt mir halt ein ganz guter Weitschuß aus (lacht). Die Fußballwelt ist groß und ich wollte immer so viel wie möglich davon sehen.

Trotzdem bist du nie ins Ausland gewechselt, welche Liga hätte dich denn besonders gereizt?

Ich bin offen für alles, aber ich weiß natürlich, dass es mit 31 vorbei ist mit den Top-5-Ligen. Als 25-, 26-Jähriger hätte mich Deutschland, Italien oder England schon gereizt, aber es ist nie etwas zustande gekommen.

Text: Horst Hötsch; Fotos: GEPA pictures