05. Nov. 2021

Salzburgs Phnix Noah Okafor: Ich bin dankbar fr die Geduld!
Es war nur ein kleines Transparent in der Wolfsburger VW Arena, aber die Botschaft war unmissverständlich. „Noah O., ich friere so – gib mir bitte dein Trikot“, stand dort astrein gereimt. Dass das Leiberl des Stürmers bei den Fans Begehrlichkeiten weckt, schien lange Zeit eher unwahrscheinlich. Doch in dieser Saison startet der Schweizer so richtig durch, sorgt mit wichtigen Toren und spektakulären Assists dafür, dass das Salzburger Werkl wie geschmiert läuft. „Ich hatte es auch aufgrund etlicher Verletzungen wahrlich nicht immer leicht, bin aber drangeblieben. Durch harte Arbeit und viele Gespräche mit dem Trainer habe ich mein Selbstvertrauen zurückgewonnen.“ Und dann, nach einer kurzen Pause: „Es gibt nichts Besseres, als wenn du mit Selbstvertrauen spielen kannst.“
Von Corona abgegrätscht
Doch Selbstvertrauen kann man nicht kaufen. Und in den ersten eineinhalb Jahren seiner Salzburger Zeit war Selbstvertrauen Mangelware bei Okafor. Mal blitzte es auf, wie bei seinem Dreierpack gegen die WSG Tirol, doch dann war es auch blitzschnell wieder weg. „Der Start war mühsam, das hätte ich mir anders gewünscht“, gibt der 21-Jährige zu. Und hat alles recht der Welt, mildernde Umstände für sich geltend zu machen. Vom FC Basel gekommen, musste er sich im Jänner 2020 an eine neue Stadt, ein neues Land, eine neue Liga gewöhnen. Und als wäre ein Engagement weit weg von Familie und Freunden nicht schon kompliziert genug, grätschte ihn dann noch die Corona-Pandemie von hinten um. Eingewöhnung Mammutaufgabe.
Trotzdem hat er auch in den schwierigen Zeiten den Wechsel nie bereut und auch nicht in Erwägung gezogen, sich wie einst Munas Dabbur oder Mergim Berisha verleihen zu lassen. „Das kam für mich nie infrage, weil ich mich immer als Red-Bull-Salzburg-Spieler gesehen habe. Der ganze Verein stand hinter mir, hat mich nie unter Druck gesetzt. Sie haben mir offen gesagt: Es spielt keine Rolle, ob du dich schneller oder langsamer entwickelst, wir sind von dir überzeugt.“

Geduld, die im heutigen Fußball alles andere als selbstverständlich ist. Und für die Okafor nach eigener Aussage auch Dankbarkeit empfindet. Denn immerhin ist er der mit angeblich 11,2 Millionen Euro bis heute teuerste Einkauf der Klubgeschichte und wollte den Erwartungen natürlich auch entsprechen. „Es war gar nicht so sehr der Druck von außen, ich habe mir Eigendruck gemacht. Ich wusste, was ich kann, konnte es aber nur selten zeigen. Das war nicht einfach.“
Neustart mit Hindernissen
Im vergangenen Sommer gab es dann die große Chance für einen Neustart. Die Sturm-Konkurrenten Patson Daka (Leicester) und Mergim Berisha (Fenerbahce) verabschiedeten sich ins Ausland, mit Matthias Jaissle übernahm ein neuer Trainer das Kommando. Doch statt eines Raketenstarts gab es erstmal einen Rohrkrepierer. Okafor verletzte sich zum Saisonstart, und es war Sturm-Kollege Karim Adeyemi, der alle Schlagzeilen auf sich zog. Tore wie am Fließband, Einberufung in die deutsche Nationalmannschaft. Eine Konstellation, die prädestiniert ist, Neid zu schüren. „Das war bei mir überhaupt nicht so“, wehrt Okafor ab. „Ich habe mich über jedes Tor von Karim gefreut, wir sind ein Duo, bei dem jeder dem anderen alles gönnt.“
Und ein Duo, das mittlerweile auch auf dem Platz bestens funktioniert. Denn mittlerweile hat sich Okafor in die Startelf gespielt und bildet mit Adeyemi einen nur ganz schwer auszurechnendes Angriffs-Tandem. „Karim weiß, wie er mich lancieren (Anm.: einsetzen) muss und umgekehrt“, sagt Okafor in klassischem Schweizer Idiom. Neun Tore hat er bewerbsübergreifend in dieser Saison bereits erzielt. Bis dahin waren es in eineinhalb Jahren insgesamt zehn. Vorläufiger Höhepunkt: Sein Doppelpack im Heimspiel beim 3:1-Sieg über Wolfsburg. „Mein bisher schönster Abend in Salzburg und die Belohnung dafür, dass ich mich nie unterkriegen ließ“, frohlockt er.
„Mental gereift“
Und weiß, dass er von der schweren Zeit, die er hinter sich gebracht hat, langfristig profitieren wird. „Jede Karriere hat Höhen und Tiefen, ich hatte die Chance, daran mental zu reifen. Ich weiß jetzt, was ich tun muss, wenn solch eine Phase kommt: ruhig bleiben, mental stark bleiben, weiter hart arbeiten.“ Dass er dabei von der Art von Matthias Jaissle profitiert, soll dabei nicht verschwiegen werden. Wie es der Deutsche hinbekommen hat, ihm eine große Portion Selbstvertrauen zu spendieren? „Er hat immer mit mir gesprochen, mir immer gesagt, was ich gut mache und in welchen Bereichen ich Gas geben muss. Das ist für die Entwicklung eines jungen Spielers unglaublich wichtig.“
Ob der Fan in Wolfsburg das Trikot von Noah Okafor bekommen hat, ist nicht bekannt. Sehr wohl kann man allerdings davon ausgehen, dass die Wäsche des Torjägers weiterhin Begehrlichkeiten weckt, wenn er seine Form weiterhin konservieren kann.