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25. Nov. 2025

U17-Nationalteam Jubel - Torjubel

Scherb zum U17-WM-Finaleinzug: "Das ist ein Statement, dass wir herausragende Talente haben"

Mit dem U17-Nationalteam steht erstmals eine ÖFB-Auswahl in einem WM-Finale. Was das für den österreichischen Fußball bedeutet und wann die ersten WM-Helden in der ADMIRAL Bundesliga zu erwarten sind, besprach bundesliga.at mit Martin Scherb, dem Gesamtleiter der Talenteförderung im ÖFB.

Herr Scherb, Gratulation zum WM-Final-Einzug des U17-Teams. Was ist beim Schlusspfiff in Ihnen vorgegangen?

Danke, die Gratulation nehme ich als Gesamtleiter der Talenteförderung im ÖFB stellvertretend für die Burschen, für das Betreuerteam, unsere Akademien, LAZ und allen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben, gerne an. Die Tore und den Schlusspfiff habe ich mit totalen Emotionen und einem absoluten Gänsehaut-Feeling erlebt. Ich freue mich irrsinnig für die Burschen, den Hermann (Stadler; Anm.), den ganzen ÖFB und den gesamten österreichischen Nachwuchsfußball. Das ist ein Statement und Zeichen, dass wir herausragende Talente haben, die Unglaubliches leisten können.

Können Sie schon einordnen, welche Tragweite dieser Erfolg für den österreichischen Fußball haben kann?

Es zeigt einmal, dass wir in den letzten Jahren einiges richtig gemacht haben, auch wenn der heimische Nachwuchsfußball vor einigen Wochen von vielen noch als schlecht hingestellt worden war, weil in der Bundesliga und auch international nur wenige junge Spieler zum Einsatz kommen. Der Final-Einzug zeigt, dass unser Nachwuchs sehr wohl etwas zu bieten hat. Es ist ja nicht nur die U17. Die U21 führt in der EM-Qualifikation eine Gruppe mit Belgien und Dänemark an, die U19 steht in der Eliterunde für die EURO 2026. Manfred Zsak ist mit dem Jahrgang 2009 ebenfalls in die Eliterunde eingezogen. Als Verantwortlicher im ÖFB wünsche ich mir, dass die Investition in die Talente mit Forschung und Innovation in Wirtschaftsbetrieben gleichgesetzt wird. Es braucht Geduld, aber es zahlt sich aus.

Gesamtleiter ÖFB - Talenteförderung

Ist dieser Erfolg nicht auch Verpflichtung für die Klubs, auf diese Talente zu setzen?

Verpflichtung nicht. Es hängt in erster Linie noch immer von den Spielern ab. Die Hürde in den Erwachsenen-Fußball ist am schwersten, diese Hürde können sie aber nur selber überwinden. Aber man muss ihnen die Möglichkeit geben, sie in Angriff nehmen zu können. Bei diesem Übergang vom Nachwuchs- zum Erwachsenen-Fußball wollen wir noch besser werden. Das Spielerpotenzial haben wir, wir brauchen noch mehr Leute, die bei diesem Übergangsprozess unterstützend das Richtige machen. Es ist zu wenig, wenn die jungen Spieler einmal eine Chance bekommen und danach sagt der Cheftrainer "das war’s.“ Ein Beispiel ist Elias Havel, der ist jetzt 22 und nach einigen Umwegen aktuell Führender der Bundesliga-Torschützenliste. Er hat auch wegen einiger Verletzungen etwas länger gebraucht. Aber es wird nicht jeder gleich mit 19 funktionieren, deshalb darf man den Stab nicht zu früh brechen. Es muss ein klares Bekenntnis geben, nicht nur auf internationale Talente, sondern auch auf unsere jungen Spieler zu setzen.

Täuscht es oder sind die heutigen Talente vorsichtiger geworden, wenn es darum geht, im jungen Alter in die Akademie eines Top-Klubs eines großen Fußballlandes zu wechseln?

Das ist gerade bei der U17-WM-Mannschaft augenscheinlich, ja. Vom meinem 2007er-Jahrgang, der im Vorjahr schon eine gute EM gespielt hat, sind danach viele nach Deutschland gegangen. Im WM-Kader des 2008er-Jahrgangs gibt es nur zwei Legionäre. Das mag auch damit zusammenhängen, dass vor der WM keiner etwas riskieren wollte. Es gibt ja mehrere Wege in den  Profifußball. Wenn wir auf die A-Teamspieler schauen, haben viele den Weg über die Akademien, die zweiten Mannschaften und die Bundesliga geschafft. Christoph Baumgartner hat die Akademie gemacht und ist mit 18 ins Ausland und andere wie Alaba, Mwene oder Arnautovic sind schon früher ins Ausland gewechselt. Wesentlich ist, was dabei herauskommt. 

War der 2008er-Jahrgang, der jetzt für Furore sorgt, schon immer ein besonderer?

Absolut. Die Mannschaft war schon in der Auslosung für die EM-Eliterunde in Topf 1 und hat sich in einer Gruppe mit Deutschland und Spanien durchgesetzt, wobei sie Spanien eliminiert hat. Die Spieler haben hohe Qualität und sie haben einen tollen Staff. Hermann Stadler managt das jetzt auch bei der WM super. Das Turnier dauert doch schon lange, er sorgt aber immer wieder für Abwechslung und beschäftigt sich auch mit denen, die nicht so viel zum Spielen kommen.

Und Johannes Moser, der WM-Torschützenkönig werden könnte, war immer schon herausragend?

U17 Nationalteam Johannes Moser

Dadurch, dass die Spieltermine der diversen Nachwuchsteams immer gleich sind, habe ich nicht so oft Gelegenheit gehabt, alle Spiele der U17 immer genau zu verfolgen. Johannes war jedoch schon immer einer, der vorausgegangen ist. Aber wie ich ihn kenne, ist ihm das gar nicht so recht, dass er als Unterschiedsspieler herausgehoben wird, weil die Mannschaft kollektiv so stark ist.

Moser ist neben Ndukwe, Pokorny, Weinhandl, Deshishku und Nzogang einer vor sechs Spielern, die zumindest schon in der ADMIRAL 2. Liga zum Einsatz kommen. Ist damit zu rechnen, dass Iffi Ndukwe, der schon knapp an den Austria-Profis dran ist, der erste Bundesliga-Spieler des U17-Teams wird?

Man sieht auf jeden Fall schon in den Spielen der 2. Liga, dass er ein sehr talentierter Spieler ist, der auch den Anforderungen des Profifußballs gewachsen ist. Aber wie für alle in seinem Alter ist es wichtig, zu spielen. Es hilft keinem, bei den Profis zu trainieren und dann auf der Bank zu sitzen. Dafür sind die zweiten Mannschaften ideal. Wir brauchen keine Sternschnuppen, entscheidend ist ein richtiger Pan.

In dieser Saison entfallen 8 Prozent der Einsatzzeiten in der ADMIRAL Bundesliga auf heimische U21-Spieler. Das ist im guten Mittelfeld der europäischen Ligen und über den Schweizern und Deutschen, aber kein Spitzenwert wie in Dänemark. Ist das für Sie zufriedenstellend?

Für uns vom ÖFB kann es nie genug sein. Deshalb sind auch Erfolge der Nachwuchsnationalteams wichtig, weil sie ein Zeichen dafür sind, dass die heimischen Spieler das Talent mitbringen, in der Bundesliga spielen zu können. Wir wollen die Abstände der WM-Teilnahmen verkürzen, es darf nicht wieder 28 Jahre dauern, bis Österreich wieder bei einer WM dabei ist. Deshalb werden wir auch in der Ausbildung einige Änderungen vornehmen. Wir wollen noch mutigere und dynamischere Kicker und Kickerinnen entwickeln, Ausnahmespieler, die für das Besondere sorgen. Das bedeutet weniger taktische Ausbildung im Kindesalter, die setzt erst ein, wenn die technische Ausbildung fast abgeschlossen ist.

Weil es immer heißt, dass die Liga mehr auf junge Legionäre als auf Österreicher setzt: Mit Maybach, Boguo, Aleksa, Hödl und Zawieschitzky sind fünf der sechs jüngsten Spieler dieser Saison Österreicher…

Jacob Hödl Sturm Graz Zweikampf - Europa League

Das sind die Spieler meines 2007er-Jahrgangs, mit dem ich lange zusammengearbeitet habe. Sie werden ihren Weg machen. Entscheidend ist, dass sie spielen und wichtige Erfahrung sammeln. Hödl hat schon Champions-League-Quali gespielt, Zawieschitzky bei der Klub-WM. Bei Maybach könnten es noch mehr Einsätze sein, aber auch er bekommt jetzt wieder vermehrt Gelegenheit. 

Aus dem erfolgreichen U20-Team, das 2007 WM-Vierter wurde, haben sich neun A-Teamspieler entwickelt. Ist ähnliches für das U17-Team möglich?

Das war ein überragender Output. Man darf aber nicht vergessen, dass die U17-Mannschaft, die eigentlich schon eine U18 ist, noch um zwei Jahre jünger ist. Aber allein so ein Großereignis zu spielen, bringt unbezahlbare Erfahrungen. Und wenn du da einmal dabei warst, willst du immer auf diesem Niveau spielen. Sebastian Prödl, redet heute noch davon, dass die U20-WM 2007 ein riesiger Schub für ihn war. Das erhoffe ich auch für die aktuelle Generation.

Text: Hors Hötsch; Fotos: GEPA pictures