25. Okt. 2018

Sportchef Bickel vermisst Reifeprozess bei Rapid-Spielern
ber Langeweile konnte sich Rapids Sport-Geschftsfhrer Fredy Bickel in den vergangenen Monaten nicht beklagen. Fan-Proteste, sportliche Misserfolge und eine Trainerentlassung zehrten an den Krften des Schweizers, der im Vorfeld des Fuball-Europa-League-Auswrtsspiels am Donnerstag gegen Villarreal auf eine baldige Trendwende hoffte.Im Gesprch mit der APA machte sich Bickel Gedanken ber die Grnde fr die jngsten Probleme und auch darber, inwieweit er sie selbst mitverursacht haben knnte.APA: Sie haben in der Lnderspielpause vor dem Hartberg-Match einige Tage in Ihrer Heimat verbracht - wie erholsam war diese Zeit?Bickel: "Sie hat mir gutgetan, ich bin aber schnell wieder von der Realitt eingeholt worden."APA: Kam die 0:3-Niederlage fr Sie berraschend?Bickel: "Ja und nein. Nein, weil wir in regelmigen Abstnden immer wieder die gleichen Probleme haben. Fr die kommenden Spiele mache ich mir jedoch keine Sorgen, weil ich wei, wie hoch die Qualitt der Mannschaft ist. Grere Sorgen macht mir, wie wir dagegen ankmpfen knnen, dass wir immer diese Rckschlge haben."APA: Und wie kann man dagegen ankmpfen?Bickel: "Nicht, dass ich mich als bervater sehe, aber es ist wie bei der Kindererziehung. Es haben sich Muster eingeschlichen und ber Jahre vertieft, die bringt man kaum noch raus. Wenn ich zurckschaue, als ich am Anfang meiner Zeit bei Rapid mit der Mannschaft geredet habe, hat immer nur Steffen Hofmann gesprochen. Kein anderer htte ein Wort gesagt, bevor Steffen nichts gesagt hat. Er hat die Mannschaft unglaublich gefhrt, dafr gebhrt ihm riesiger Respekt. Nur hat es die Mannschaft dahinter verpasst, sich zu entwickeln. Das ist nicht Steffens Schuld, aber es ist keine Hierarchie entstanden. Er war immer das Schutzschild der Mannschaft. Und war er einmal nicht da, hat der Verein die Probleme gelst wie zuletzt beim Trainerwechsel. Die Spieler kamen immer ungeschoren davon. Wir haben sie selbst dahin gebracht, dass sie die Dinge nicht untereinander regeln mussten."APA: Sie haben immer auf allzu harte Kritik an der Mannschaft verzichtet. Wird sich das nun ndern?Bickel: "Ich habe mich ffentlich meistens schtzend vor das Team gestellt, doch intern sind die Dinge oft klar angesprochen worden. Jetzt sind die Spieler in der Pflicht, und ich glaube, dass sie dem Druck standhalten werden. Ich habe kein Problem damit, in der ffentlichkeit auf sie reinzuhauen, nur bringt es derzeit nichts. Die Spieler wissen genau, was sie in Hartberg verbrochen haben. Man muss nicht auf jemanden treten, wenn er am Boden liegt - aber dann, wenn er nicht mehr aufsteht."APA: Haben Sie sich nach all den Ereignissen in ihrer knapp zweijhrigen Amtszeit bei Rapid jemals die Frage gestellt, warum Sie sich den Job berhaupt antun?Bickel: "Ich habe es bis heute keine Sekunde bereut, bei Rapid zu sein. Aber natrlich hinterfrage ich mich, wieso ich es nicht schaffe, dass zum Beispiel solche Dinge wie Hartberg nicht mehr passieren. Irgendwann muss man sich vielleicht eingestehen, dass man eventuell zu wenig Kraft hat und es nicht hinbringt. Wenn ich zu dieser Erkenntnis komme, bin ich der erste, der die Reileine zieht."APA: Ihr Vertrag luft im Sommer aus. Wann soll die Entscheidung ber eine mgliche Verlngerung fallen?Bickel: "Je schneller, desto besser - fr alle Seiten. Bis jetzt war aber noch nicht die Zeit dafr. Ich will auf jeden Fall nicht wo arbeiten, wo ich nicht um Titel spielen kann. Wenn ich es nicht schaffe, Rapid dorthin zu bringen, und ich habe dieses Gefhl, es nicht zu schaffen, auch in zwei, drei Monaten, dann bringt es mir und Rapid nichts, wenn ich bleibe."APA: Sie betonen regelmig, sich selbst zu hinterfragen und eigene Fehler zu analysieren. War es ein Fehler, im Sommer der Europa League die hchste Prioritt einzurumen?Bickel: "Nein, ich stehe nach wie vor dazu und es wurde auch von allen im Verein mitgetragen. Ich habe aber unterschtzt, dass wir in der Meisterschaft - auch wegen Verletzungen - so in Rcklage kommen knnen. Auerdem habe ich bei Sommer-Transfers zu sehr auer Acht gelassen, dass wir drei Spieler mit kaum Spielpraxis (Anm.: Christoph Knasmllner, Andrei Ivan, Andrija Pavlovic) geholt haben. Ich bin nach wie von ihnen berzeugt, sie bringen mehr Qualitt mit, als sich Rapid eigentlich leisten kann, aber sie htten Eingewhnungszeit gebraucht. Und dann muss ich mich fragen: Du hast die richtigen Spieler geholt, aber waren es die richtigen Spieler zum richtigen Zeitpunkt? Vielleicht htten es mehr Spieler sein sollen, die keine Anlaufzeit bentigen."APA: Ist das eine Rechtfertigung dafr, dass bei Ihrem durch das Club-Logo erkennbaren Auto die Reifen aufgestochen wurden?Bickel: "Natrlich nicht, aber ich wei nicht einmal, ob das Fans waren und wenn ja, von welchem Verein. Ich mag und will das gar nicht beurteilen. Ich beschnige nichts, doch man muss auch kein Riesendrama daraus machen. Ich htte es auch nie ffentlich gemacht, es hat mich sogar unglaublich genervt, dass es intern rausgekommen ist."APA: Wie bewerten Sie generell die Fan-Thematik bei Rapid?Bickel: "Ich will dieses Thema mit den Ereignissen bei mir nicht in einen Zusammenhang bringen, das wre nicht fair. Es gibt bei der organisierten Fanszene viele unheimlich gute Dinge, die Dialoge, die ich mit ihnen fhre, sind respektvoll und in gutem Ton. Was aber fr mich schon zu diskutieren ist, ist die Tatsache, dass sie zuletzt - meiner Meinung nach unbewusst - einen groen Druck im Sinne von groer negativer Energie auf die Mannschaft ausgebt haben. Wenn sie 'Gogo raus' rufen, sollen sie das machen, es gibt das Recht der freien Meinungsuerung. Aber sie mssen sich bewusst sein, was sie damit auslsen. Irgendwo wird so ein Feuer entzndet, das sich schnell zu einem Brand ausweitet - und keiner von uns allen arbeitet gut und gerne in einem negativen Umfeld."(Das Gesprch fhrte Alois Tschida/APA)