Starke Keeper im Fokus: „Für jeden Stil der Richtige“

Ich finde, dass die komplette Liga durchgehend mit sehr guten Torleuten bestückt ist. Da hat sich über die Jahre viel entwickelt. Mir fällt kein einziges Team ein, das hinten eine echte Schwachstelle hätte. Im Gegenteil: Jede Mannschaft hat einen für sich eigenen Charakter, der zu ihrem jeweiligen Spielstil passt.

Nehmen wir Alex Schlager von Red Bull Salzburg. Der ist nicht der Größte, er muss aber auch nicht in jedem Spiel 15 Ecken abfangen, die in den Strafraum segeln. Der Großteil des Salzburger Spiels findet in der Offensive statt, da zählt es für den Torwart, beim Spielaufbau sicher zu sein. Da ist Alex, mit dem ich fünf Jahre beim LASK zusammenarbeiten durfte, überragend. Er ist wirklich in allen Bereichen stark: ein kompletter Athlet, Vorzeigeprofi, extrem flink mit den Beinen, körperlich stabil, mit der Fähigkeit, ein Spiel lesen zu können. Das Einzige, das ihm fehlt, ist die Größe, aber die macht er durch die angesprochenen Attribute wett.

Klar bringt so jemand dadurch eine gewisse Ausstrahlung mit, das taugt mir schon sehr. Er, oder auch ein Tobi Lawal oder Radek Vitek von den Linzer Vereinen, machen aufgrund ihrer Statur schon viel her. 

Nur Größe allein reicht nicht, wenn du damit nichts anfangen kannst. Du musst die Größe auch beherrschen, deinen Körper unter Kontrolle haben, um gewisse Bewegungsmuster sauber ausführen zu können. Die genannten Keeper sind ja trotz ihrer Größe auch extrem schnell unten, wenn es sein muss. Aber sie haben eben ihre Reichweiten-Vorteile, wenn die Schüsse platziert aufs Eck kommen. Das müssen kleinere Tormänner durch Beinarbeit oder Flexibilität in der Bewegung wettmachen. Und es ist ein Vorteil, wenn der Stürmer weiß: Wenn ich im Sechzehner auf die Flanke gehe und mir der Tormann entgegenkommt, kann es auch mal wehtun.

Sami passt perfekt zur Austria! Zu den drei Innenverteidigern vor ihm, die auch Riesen sind und vieles wegräumen, ist er das perfekt passende Puzzlestück. Ich habe ihn in Ried als ganz jungen Torhüter erlebt. Er ging ja erst spät ins Tor, ich glaube erst mit 16 Jahren. Daher fehlt ihm die klassische Grundausbildung, seine Technik wirkt manchmal unorthodox. Das macht er mit seiner Größe und seiner Stärke mit dem Fuß wett. Er löst die Dinge auf seine Art, aber richtig gut. Für mich ist er ein wichtiger Faktor, warum die Austria heuer zu den Favoriten auf den Titel zählt.

Ich habe ihn in Leoben oft gesehen, da war er herausragend! Wegen seiner Größe, aber auch fußballerisch ist er sehr sauber. Bei ihm schaut auf der Linie immer alles so leicht aus. Er macht einen Schritt, fängt den Ball mit einer Selbstverständlichkeit runter, obwohl man dachte, der Schuss war echt platziert. Als Gegenspieler denkst du dann: Puh, da muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Der GAK ist auch dank ihm defensiv stabiler geworden. Ich bin gespannt, wie er sich entwickelt, wenn er über einen längeren Zeitraum im Tor steht. 

In dieser Statistik wird er definitiv unter Wert verkauft. Wir reden von einem Keeper, der vor einem halben Jahr noch bei der U21-Nationalmannschaft im Tor stand. Ich denke, der Wert ist der Tatsache geschuldet, dass Klagenfurt im Herbst noch nicht so stabil war, die Mannschaft und der neue Torwart sich erst finden mussten. Solch eine Anpassung braucht Zeit, da sollte man nicht zu früh den Stab brechen. Bei ihm sind mir jedenfalls nicht viele Fehler aufgefallen.

Er hat nicht umsonst Manchester United in seiner Vita stehen. Ich habe eine Parade im Derby gegen den LASK im Kopf, bei der er den Ball von der Linie kratzt und einen wertvollen Punkt rettet. Und das in einer Phase, als es um den Strich ging. Die Jungs vor ihm wissen: Sie können ihm vertrauen, er strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Ein sehr wichtiger Faktor.

Es könnten sogar noch mehr sein, aber durch die Leihvarianten bei Sturm oder Blau-Weiß Linz rückt der ausländische Markt etwas mehr in den Fokus. Wenn man sieht, wie im Nachwuchs gearbeitet wird und was aus diesem Bereich nachkommt, braucht einem nicht bange zu werden. Tobi Lawal hat Alex Schlager sehr gut ersetzt, beim WAC spielt der junge Nikolas Polster ein richtig starkes erstes Bundesliga-Jahr. Da müssen wir uns in Österreich nicht verstecken.

Text: Markus Geisler

Fotos: GEPA pictures