26. Apr. 2022
Stefan Maierhofer: Dass dieses Pressing-System Salzburg neun Titel in Serie beschert, htten wir damals nicht gedacht
Stefan Maierhofer war mit Red Bull Salzburg Meister, Torschützenkönig – und dabei, als 2012 das Pressing-System Einzug hielt. Für bundesliga.at wirft der „Major“ einen Blick auf die Anfänge, die Meister der Gegenwart und die Salzburger Zukunft.
Stefan, du warst dabei, als 2012 der Grundstein für die aktuelle Serie von Red Bull Salzburgs neun Meistertitel gelegt wurde. Wie war das damals, als Roger Schmidt und Ralf Rangnick mit ihrem Pressing-System daher gekommen sind?
Das hat schon seine Zeit gebraucht, bis es funktioniert hat. Man muss für dieses System ja auch erst einmal die Spieler haben, die das spielen wollen und spielen können. Denn da heißt es schon ununterbrochen marschieren und jagen, jagen, jagen. Für mich war das gut, ich wollte immer weit vorne pressen, weil wenn du da den Ball gewinnst, hast du es als Stürmer nicht mehr weit zum Tor. Dass dieses Pressing-System die Zukunft sein würde und Salzburg damit neun Mal hintereinander die Meisterschaft gewinnt, hätten wir wahrscheinlich nicht gedacht. Mittlerweile entspricht das aber ganz meinen Vorstellungen, wie meine Mannschaft auf dem Platz agieren sollte.
Klingen da schon Trainer-Ambitionen durch?
Ich habe immer gesagt, wenn noch etwas Geiles kommt, würde ich gerne noch spielen. Aber ich bin im Jänner Vater geworden, da hätte wirklich alles passen müssen. Jetzt halte ich meine Augen offen für den nächsten Schritt. Ich habe ja schon die A-Lizenz gemacht und könnte mir gut vorstellen, irgendwo als Co-Trainer einzusteigen.
Bleiben wir gleich beim Trainer. Matthias Jaissle ist als bisher jüngster Red-Bull-Trainer auf Anhieb Meister geworden. Erkennt man seine Handschrift?
Wenn du mit nur einer Niederlage Meister wirst, hast du als Trainer alles richtig gemacht. Wenn nächste Woche auch noch der Cupsieg dazu kommt, tritt er schon in einen sehr elitären Kreis ein. Vielleicht wird es wieder einmal einen Trainer geben, mit dem man 100 Tore schießt und den einen oder anderen Kantersieg mehr feiert, aber das soll keine Kritik sein.
Nur 16 Gegentore sind Salzburger Rekordwert, aber es waren in den vergangenen Jahren schon weitaus mehr als 70 erzielte Tore. Liegt es daran, dass Karim Adeyemi vielleicht nicht der klassische Torjäger wie Janko, Soriano, Dabbur, Haaland oder Daka ist?
Torschützenkönig ist schon was, egal ob mit 39 Toren wie Janko oder 17 wie bisher Adeyemi. Ich bin damals mit 14 Toren Schützenkönig geworden Gut, ich bin auch erst Ende August dazugekommen, als schon vier, fünf Runden gespielt waren und wollte in der letzten Runde nicht mehr dem verletzten Jakob Jantscher davonziehen. Adeyemi ist erst 20 Jahre alt, ist einer der jüngsten Torschützen im deutschen Nationalteam. Ich bin überzeugt, wenn er wirklich nach Dortmund wechselt, dass er dort nahtlos an seine Leistungen anschließen und auch dort zweistellig treffen wird. Ich glaube, er darf sich auch berechtigte Hoffnungen machen, bei der WM dabei zu sein. Weil seine Schnelligkeit nicht nur Dortmund, sondern auch Deutschland gut tun wird.
Dass die kolportierten 38 Millionen neuen Rekord-Transfer bedeuten würden, ist dem Status geschuldet, den Salzburg in Europa mittlerweile erreicht hat?
Wenn du heute in der Champions League deine Tore machst, ist das für deinen Marktwert noch einmal etwas ganz anderes als in der Europa League. Das hätte man bei Haaland schon gesehen, aber der hatte noch eine festgeschriebene Ablösesumme. Adeyemi ist aber auch ein Beispiel dafür, was für einen tollen Job Christoph Freund macht. Er war ja damals nicht der einzige, der ihn wollte. Offenbar war er damals bereit, über dem Marktwert für ihn zu zahlen, weil er gesehen hat, was für eine Aktie er ist. Diese Risikobereitschaft hat sich bezahlt gemacht. Denn das Investment hat sich, selbst wenn man Karims Gage mit einberechnet, in drei Jahren wahrscheinlich verzehnfacht. An der Wall Street wäre da jeder Investor dabei. Und in Salzburg gehen von zehn Transfers acht auf. Das ist schon eine sehr gute Quote.

Christoph Freund ist die eine Konstante, die schon zu deiner Zeit in Salzburg war, Andreas Ulmer die andere. War immer klar, dass er so lange bleibt?
Damals hat er vielleicht auch noch vom Ausland geträumt. Es hat sich nie ergeben und er hat einfach immer unheimlich gut reingepasst. Er hat einen guten linken Fuß, eine gute Übersicht und hat sich ja auch so seinen Traum von der Champions League erfüllt. Und er räumt jetzt als Kapitän Jahr für Jahr den Meistertitel ab. Zwölf Meistertitel sind ja eine unglaubliche Marke!
Wie lange geht die Serie noch weiter?
Salzburg hat keine Konkurrenz und das wird sich in den nächsten Saisonen nicht ändern. Dafür sorgt schon die Jugendarbeit. Wenn ich mir anschaue, wie René Aufhauser, der schon Co-Trainer in der Champions League war, mit der U19 Atlético Madrid 5:0 schlägt, ist das schon ein Statement. Es werden wieder ein, zwei, drei oder noch mehr Spieler für die abgewanderten nachrücken und sich nahtlos in das bestehende Fundament einfügen. Das Modell funktioniert so gut, dass es sich durch die Millioneneinnahmen aus Spieler-Verkäufen mittlerweile selbst trägt. Dorthin müssen auch die übrigen Klubs kommen.
Ex-Salzburger wie Sadio Mané spielen bei den besten Klubs, zählen heute zu den Top-Stars des Fußballs. Wie sind deine Erinnerungen an ihn?
Sadio ist in der Kabine neben mir gesessen. Da war er ein kleiner, ängstlicher, schüchterner Junge. Aber sein unglaubliches Potenzial war schon damals unübersehbar. Weil wenn er im Training richtig Lust hatte, hat er uns mit seiner Schnelligkeit und Schneidigkeit alle zerlegt. Dass er heute bei einer der besten Mannschaften der Welt absoluter Leistungsträger ist, dazu Kapitän und Afrikacupsieger mit dem Senegal, ist ein Wahnsinn.
Ein anderer Ex-Kollege, der bereits angesprochene Jakob Jantscher, versucht dem Meister am Mittwoch ein Bein zu stellen…
Er ist trotz seines Alters immer noch ein Ausnahme-Fußballer und ein ganz wichtiger Typ in der Kabine. Ich freue mich über seine tolle Saison und hoffe, dass er in der nächsten Saison mit Sturm auch international für Furore sorgt. Denn die Grazer machen das auch richtig gut. Auch wenn zu Red Bull Salzburg schon noch ein bisschen fehlt.