22. Juli 2018

Sturm-Trainer Vogel: "Der nchste Schritt ist der zurck"
Heiko Vogel holte in seinem ersten Halbjahr als Trainer von Sturm Graz den Titel im FB-Cup, dann kam ihm seine halbe Startelf abhanden. Vor dem Champions-League-Qualifikationsspiel bei Ajax Amsterdam sprach der 42-jhrige Deutsche mit der APA ber den Kaderumbruch, den Spirit der Cupsieger-Mannschaft und Fuball als Abbild der Menschheitsgeschichte.APA: Ihr erstes Halbjahr als Trainer von Sturm Graz war mit dem Titelgewinn im Cup und der Vizemeisterschaft ein sehr erfolgreiches. Welche Schlsse haben Sie in einer ruhigen Minute im Urlaub fr sich gezogen?Vogel: "Ich glaube, dass es wichtig ist, bei allem Erfolg, den wir hatten, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Meine Bilanz lautet: Jetzt erst recht. Jetzt gilt es voran zu schreiten und mit aller Macht zu zeigen, dass noch mehr geht. Nicht an Erfolgen oder Titeln gemessen, das ist sehr schwer, die Konkurrenz ist um einiges gewachsen. Ich fange da bei mir selbst an, ich mchte ein noch besserer Trainer werden. Wenn ich das schaffe, dann werden, denke ich, auch meine Spieler ein bisschen besser."APA: Sie haben Bezug nehmend auf viele Spielerabgnge gesagt: "Vielleicht waren wir zu erfolgreich." Wie viel Erfolg vertrgt ein Verein der Grenordnung von Sturm Graz?Vogel: "Erfolg ist nie schdlich. Erfolg ist vielleicht der grte Gegner von Kontinuitt bei einem Verein unserer Grenordnung. Aber es ist schn, wenn man bei einem Verein arbeitet, der Ambitionen hat, der um Titel mitspielen will. Ich glaube, dass es normal war, dass sich Spieler durch so eine Saison bei anderen Vereinen in den Fokus gespielt haben. Ich sehe in so einem Umbruch auch immer eine Riesenchance, Dinge neu und anders zu machen. Fr mich ist die Situation superspannend."APA: Was haben die zahlreichen Abgnge mit der Mannschaft gemacht?Vogel: "Wir waren eine verschworene Gemeinschaft. Die Jungs haben sich auf und abseits des Platzes perfekt ergnzt. Natrlich war es von vielen der Traum, auf ewig so weiterzumachen. Aber leider Gottes ist Fuball ein Abbild der Menschheitsgeschichte. Alles entwickelt sich, ist in Vernderung und so ist es auch bei der Entwicklung einer Fuballmannschaft. Ich finde das sehr reizvoll, weil es einen dazu zwingt, immer in Bewegung zu bleiben. So ist der Lauf der Evolution. Im Fuball ist es unromantisch, aber einfach systemimmanent."APA: Wird es die grte Herausforderung sein, den Spirit aus der Cupsieger-Mannschaft mitzunehmen?Vogel: "Kreieren wre das bessere Wort. Wir haben Abgnge, wir haben neue Gesichter. Das ist ein Prozess, der ein bisschen dauert. Eine perfekt harmonierende Mannschaft basiert vor allem auf Vertrauen. Dieses Vertrauen mssen sich die Spieler selbst erarbeiten im Umgang miteinander."APA: Bekommen Sie und die Spieler diese Zeit?Vogel: "Ich wei natrlich, wie die Mechanismen funktionieren. Wir sind aber geduldig, Gnter (Kreissl, Anm.) und ich stehen im gegenseitigen Austausch und machen uns Gedanken, wie wir fr Kontinuitt sorgen knnen. Insofern nehmen wir uns die Zeit."APA: Am Mittwoch schon startet bei Ajax Amsterdam das Abenteuer Champions-League-Qualifikation.Vogel: "ber Ajax muss man nicht viel sagen, das ist einer der ganz groen Vereine in Europa. Wir haben uns den Traum von der Champions-League-Gruppenphase selbst erarbeitet, wollen den auch leben. Wir wollen in eine internationale Gruppenphase. Sollte es die Europa League werden, ist es herausragend fr einen Verein wie Sturm Graz."APA: Sie haben in der Vorbereitung auf eine Dreier- respektive Fnferkette gesetzt. Ist das die Formation der Stunde fr den SK Sturm?Vogel: "Das kann ich mit Ja beantworten. Wir haben drei starke Innenverteidiger, die auch sehr schnell zueinander gefunden haben, insofern werde ich einen Teufel tun, uns unserer defensiven Stabilitt zu berauben. Ich bin sowieso ein Fan der Dreierkette, vor allem was den Spielaufbau angeht."APA: Dabei wre die Viererkette grundstzlich schon mehr das Ihre. In den ersten Spielen als Sie nach Graz gekommen sind ...Vogel: "... aber Dogmen und Borniertheit sind Fehl am Platz! Die Mannschaft hat mir klar signalisiert, dass sie es so lieber hat. Es geht darum, dass die Mannschaft mit einem guten Gefhl auf den Platz geht, nicht mit dem guten Gefhl des Trainers. Das ist ein Geben und Nehmen. Ich nehme mir aber mit Sicherheit die Freiheit, das auch nach Belieben zu wechseln."APA: Ihre Mannschaft ist speziell am Ende der abgelaufenen Saison sehr variabel aufgetreten. Welche nchsten Schritte haben Sie geplant?Vogel: "Der nchste Schritt ist der zurck. Als ich Sturm-Trainer wurde, bin ich am Anfang mit 'brachialer Gewalt' rein - 100 Prozent so, wie ich es wollte, ohne Rcksicht auf Verluste. Jetzt glaube ich gelernt zu haben, dass es kontinuierlich, einfach etwas ruhiger gehen muss. Erst wenn die Mannschaft mit einer Sache vertraut ist, kommt die Flexibilitt."APA: Wo sehen Sie derzeit am meisten Verbesserungspotenzial?Vogel: "Ganz klar im Offensivbereich. Wir sind in der ersten Phase der Spielerffnung schon ganz gut, aber uns fehlt die Zielstrebigkeit, der Zug zum Tor im letzten Drittel. Da wird manchmal noch zu viel nachgedacht. Ich wrde mir wnschen, dass die Spieler hier mehr ihre Intuition walten lassen wrden."APA: Fr Edomonyi und Alar kamen Pink und Hosiner. Wie sieht die Rollenverteilung der neuen Strmer aus?Vogel: "Man darf nicht den Fehler machen und anfangen die Spieler zu vergleichen. Wir haben nicht gesagt: 'Edomwonyi ist weg, jetzt brauchen wir einen Edomwonyi 2.0.' Wir haben jetzt mit Hosiner, Pink und Eze Spieler, die sich gut ergnzen. Und die Mglichkeit, neue Formationen auszutesten, vielleicht sogar auch mal drei von ihnen zu bringen."APA: Alle drei auf einmal?Vogel: "Wre logisch. Den Mutigen gehrt die Welt."(Das Gesprch fhrte Marc Eder/APA)