11. Juli 2018

Vagabundierende Austria - Von Ober St. Veit nach Favoriten
Ab Freitag hat die Wiener Austria mit der nunmehr 17.500 Zuschauer fassenden Generali-Arena wieder ein echtes Zuhause. Seit fast 40 Jahren logieren die Violetten nun in Wien-Favoriten, doch waren sie zuvor jahrzehntelang auf einer Odyssee unterwegs und trugen auf so ziemlich allen bedeutsamen Fuballstadien und -pltzen im Raum Wien "Heimspiele" aus. Sesshaft waren sie zuvor nur einmal gewesen.Die rastlosen "Veilchen" hatten nur in der Frhzeit des Fuballs zarte Wurzeln geschlagen. Damals, als sie noch unter dem Namen Wiener Amateure-Sportverein dem Ball hinterherliefen. Von 1914 bis Anfang der 1930er-Jahre waren die Amateure bzw. die Austria, wie der Verein ab November 1926 hie, in Ober St. Veit im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing heimisch gewesen. Dann hatte der Club eine Ewigkeit lang keine eigene Spielsttte.Meisterschafts-"Heimspiele" wurden ber die Jahrzehnte auf folgenden Pltzen ausgetragen: Bundesstadion Sdstadt, Hohe Warte (Vienna), Pfarrwiese (Htteldorf/Rapid), Praterstadion (Ernst-Happel-Stadion), Red-Star-Platz Rudolfsheim, Schwechat (Rudolf-Tonn-Stadion), Simmeringer "Had", Sportclub-Platz, WAC-Platz, Wacker-Platz Meidling, Weststadion (Hanappi-Stadion) und Wiener Neustdter Stadion.1973 wurde erstmals ein Austria-Heimspiel auf dem "Verbandsplatz" des Wiener Fuballverbandes (WFV) ausgetragen. Einst hatte dieser "Tschechisches-Herz-Platz" geheien, spter wurde das "Franz-Horr-Stadion" daraus, das sich sukzessive zur "Generali-Arena" mauserte.Portrts jener beiden Stadien, die als echte Heimsttten der Wiener Austria angesehen werden knnen:AMATEURE-STADION in Ober St. Veit: Dort, wo einst die Kugel rollte, im Straengeviert Mantlergasse-Premreinergasse-Preindlgasse-Auhofstrae, steht seit vielen Jahrzehnten eine Wohnhausanlage. Am 17. Mai 1914 war an dieser Stelle aber die Erffnung eines "in herrlicher Umgebung gelegenen Sportplatzes" ("Neue Freie Presse") ein feierliches Ereignis. Mit der Herrlichkeit war es freilich bald vorbei, fiel der "Amateure-Platz" doch whrend des Ersten Weltkriegs schnell in einen Dornrschenschlaf, aus dem er so richtig erst Anfang der 1920er-Jahre geweckt wurde. Von Juni 1921 bis Februar 1922 erfolgte der Ausbau zu einem veritablen Stadion, das den Zeitgenossen als wahres Schmuckkstchen erschien.Die Zuschauerrume waren vorwiegend aus Holz errichtet. Laut "Illustriertem Sportblatt" (ISB) flankierte eine "gewaltige, schon von weitem sichtbare gedeckte Tribne" eine Lngsseite des Platzes, offene Stehtribnen umschlossen die brigen drei Seiten. Insgesamt belief sich das Fassungsvermgen wohl auf rund 25.000 Leute. In der Literatur ist mitunter auch von 40.000 die Rede, das drfte aber eher ein historisches Wunschdenken sein.Das lassen zumindest Berichte vom Wiener Derby Amateure gegen Rapid am 1. Mrz 1925 vermuten, das die Grn-Weien mit 3:1 gewannen. "Der groe Kampf in St. Veit", titelte das "ISB" und meinte damit weniger das mige Spiel als vielmehr den enormen Zuschauerandrang. Um die 50.000 Menschen waren mit dem Automobil, mit der Verbindungs- oder Stadtbahn, mit der "Elektrischen" oder per pedes gekommen.Irgendwie fanden laut zeitgenssischen Medienreportagen rund 30.000 Einlass, der Rest musste drauen bleiben, wie der Redakteur des "Sport-Tagblattes" notierte: "Die Menschenmassen ergossen sich sogar auf das Spielfeld, standen direkt an den Outlinien und rund um die Tore geschart". Die "Neue Freie Presse" monierte: "Die Zahl der anwesenden Wachleute war viel zu gering, als da sie htten Ordnung schaffen knnen." So viel "menschliche Lava" (Sport-Tagblatt) ergoss sich nie mehr wieder nach Hietzing.Bereits Ende der 1920er-Jahre begann der langsame Abschied aus dem Wiener Westen. Probleme mit den Anrainern und eine notwendig gewordene Sanierung samt Neubau der Tribnen verleideten der Austria das Dasein in Ober St. Veit. Das Gelnde war zudem nur gepachtet. Im Dezember 1931 stellte der Eigentmer hohe Mietansprche, denen der Club nicht nachkam. Wenig spter war es mit der Fuball-Herrlichkeit am Rande der Auhofstrae endgltig vorbei. Das Stadion blieb bis 1933 erhalten, jedoch diente es vorwiegend als Spielwiese fr Kinder und Arbeitslose. Diese wurden sptestens mit dem Bau der bis heute existierenden Wohnanlage vertrieben.FRANZ-HORR-STADION/GENERALI-ARENA in Favoriten: An dem Ort, wo heute die neu gestaltete Generali-Arena steht, schlug ab 1922 ein "Tschechisches Herz" ("Cesk Srdce") fr den Fuball. Am 25. Jnner 1918 war ein gleichnamiger Verein gegrndet worden, der die Not der tschechischen Kinder und Kriegswitwen lindern sollte. Die Tschechen und Slowaken waren insbesondere im 19. Jahrhundert aus Bhmen und Mhren in die k.u.k. Reichshauptstadt eingewandert. Der "Tschechisches-Herz-Platz" wurde bis August 1925 zu einem Stadion fr den S.K. Slovan ausgebaut. Hochtrabende Trume gab es viele, so kursierten Plne, es einmal auf ein Fassungsvermgen von 80.000 Zuschauern zu erweitern.Dazu kam es aber nie. Schon das "Illustrierte Sportblatt" ("ISB") kritisierte, dass "der Zustrom zu dem Favoritener Platze in der Hauptsache auf eine einzige Verkehrsader und lediglich auf die Straenbahn beschrnkt ist." Daran nderte sich bis zur Verlngerung der U-Bahn-Linie U1 im Jahr 2017 nicht viel. Seither aber ist das Stadion ber die Station "Altes Landgut" erreichbar. Whrend der NS-Zeit waren die tschechische Bevlkerung Wiens und ihre Sportvereine Verfolgungen ausgesetzt, nach 1945 bersiedelte Slovan auf den Red-Star-Platz in Rudolfsheim-Fnfhaus. Auf dem nunmehrigen "ASK-X-Platz" fanden vorwiegend Speedwayrennen statt. In 1960er-Jahren ging die Anlage an den Wiener Fuballverband (WFV).Ab Anfang der 1970er wollte die Austria in Favoriten heimisch werden. Immerhin hatte sie seit ihrem Auszug aus Ober St. Veit Anfang der 30er-Jahre kein Heimstadion mehr gehabt, sondern ein unstetes Dasein gefhrt. Zur Diskussion standen der Wienerberg-Platz, der FavAC-Platz und eben der "Tschechisches Herz-Platz", der damals gerade den Namen "Verbandsplatz" trug. Dieser wurde vor allem vom SP-Nationalratsabgeordneten und WFV-Prsidenten Franz Horr ins Spiel gebracht. Nach seinem Tod erhielt der Platz seinen Namen. 1973 war die Austria mit ihrem Dasein als Untermieter im Wiener Stadion und auf dem Sportclubplatz unzufrieden. Kurzfristig wurde der "Verbandsplatz" adaptiert.Am 26. August 1973 wohnten dem ersten Heimspiel gegen die Vienna 11.000 Zuschauer bei. Der Charme der Anlage hatte sich seit den 1920ern wenig verndert. Nach der Erffnung des Weststadions (Hanappi-Stadion) 1977 wurde eine gemeinsame Nutzung der Anlage in Htteldorf mit Rapid angedacht, die Fans waren aber dagegen. Ab Juni 1978 wurde daher der "Horr-Platz" sukzessive renoviert, so richtig heimisch wurde die Austria aber erst ab August 1982. Mit dem Bau der "Sindelar-Tribne" verschwand die Holzkonstruktion aus dem Jahr 1923. Mit der Erffnung der neuen Osttribne 2008 war der Umbau zu einem Kleinstadion abgeschlossen.Seither fasste die Arena 11.800 Besucher. Diese verteilten sich auf 9.000 Sitzpltze sowie 2.800 berdachte Stehpltze. Nach dem rund 42 Millionen teuren Ausbau fasst die Arena nun 17.500 Zuschauer bei nationalen Spielen (davon knapp ber 4.000 Stehpltze), international werden es 15.000 sein. Weitere sechs Millionen flossen im Rahmen des sogenannten "S.T.A.R."-Projektes in Trainingspltze, Akademie und ein regionales Nachwuchszentrum. Erffnet wird die neue Anlage am Freitag mit einem internationalen Freundschaftsspiel gegen den deutschen Bundesliga-Club und Champions-League-Starter Borussia Dortmund.