13. Mai 2025
11 Fragen an Jakob Jantscher: „Zu Beginn waren die Innenverteidiger in der Bundesliga noch Voll-Killer“
Am vergangenen Wochenende hat Jakob Jantscher sein Karriereende nach 18 Profi-Jahren angekündigt. Bevor bundesliga.at den zweifachen Meister mit 36 Jahren in die Fußballer-Pension entlässt, stellten wir ihm „11 Fragen" über seine abwechslungsreiche Karriere und zum spannenden Saisonfinish in der ADMIRAL Bundesliga.
1) Jakob, bevor wir über deine Karriere sprechen, ein paar aktuelle Fragen: Wird dein Herzensklub Sturm den Vorsprung über die Ziellinie bringen?
Sturm ist zwei Runden vor Schluss mit drei Punkten Vorsprung in der Pole Position. Vom Gefühl her glaube ich aber, dass es sich erst im letzten Spiel zwischen Sturm und dem WAC, der auch eine überragende Saison spielt, entscheiden wird. Die Grazer haben den Vorteil, dass sie aus dem Vorjahr schon wissen, wie es geht. Für den österreichischen Fußball wäre so ein Finale ein cooles Szenario, bei dem ich aber hoffe, dass es zugunsten von Sturm ausgeht, eh klar.
2) Wobei sich Sturm gegen den WAC fast schon traditionell schwer tut. Woran liegt das?
Keine Ahnung, warum das so ist. Aber es stimmt, auch zu meiner Sturm-Zeit war es gegen den WAC immer schwierig. Vor allem daheim. Auswärts haben wir unter Chris Ilzer schon oft gewonnen, aber in Graz haben wir uns schwer getan. Ob es am System liegt, an der Einstellung der Wolfsberger gegen Sturm oder an anderen Sachen, kann ich wirklich nicht sagen.
3) Du hast mit Salzburg zwei Meistertitel gewonnen, ist es ein kleiner Wermutstropfen, dass er dir mit Sturm versagt blieb?
Der Titel aus dem Vorjahr wird mir zwar auch angerechnet, weil ich die ersten paar Runden noch dabei war, aber es fühlt sich natürlich anders an, wenn du etwas beigetragen hast. Ich war ja beim Titelgewinn schon weg und habe auch keine Meistermedaille bekommen. Schade ist es vielleicht schon, aber im Fußball etwas nachzutrauern, bringt nichts. Dazu ist er zu unplanbar. Du musst innerhalb kurzer Zeit Entscheidungen treffen, von denen du nie geglaubt hast, sie einmal treffen zu müssen. Ich bin aber trotzdem stolz auf alles, was ich mit Sturm erreicht habe.
4) Ein anderer Titel, den du 2012 gewonnen hast, war der des Torschützenkönigs. Was ist dein Tipp, reichen Ronivaldo wie dir damals die 14 Tore oder überholt ihn einer aus dem Trio Entrup-Kiteishvili-Mijic, das bei 12 Toren hält?
Ronivaldo spielt in der Meistergruppe, seine Verfolger – bis auf Kiteishvili – in der Qualifikationsgruppe. Ich weiß nicht, ob das der richtige Zugang ist, das gleich zu bewerten. Natürlich würde ich es Otar gönnen, aber auch Ronivaldo hätte es sich verdient. In seinem Alter, er ist wie ich Jahrgang 1989, so zu performen, verdient gerade in einer Zeit, in der immer mehr auf junge Spieler gesetzt wird, großen Respekt. Schauen wir mal, was rauskommt.
5) 2011/12 und 2021/22 bist du zum Spieler der Saison in der ADMIRAL Bundesliga gekürt worden. Wer verdient sich diese Auszeichnung 2024/25?
Das ist für mich wie schon im Vorjahr ganz klar Otar Kiteishvili, der für mich einfach mit Abstand der beste Spieler in Österreich ist. Er war sicher auch einer der besten Mitspieler, die ich in meiner Karriere hatte. Es gibt mit Gloukh oder Fitz auch andere großartige Fußballer, aber Otar hat eine Gabe, eine gewisse Mentalität. Obwohl er kein Lautsprecher ist, strahlt er etwas aus, geht voran, haut sich am eigenen Sechzehner in einen Zweikampf, um gleich darauf vorne ein Tor zu schießen. Er hat abgesehen von seinen spielerischen Qualitäten einfach diese Winner-Mentalität, die ihn von allen anderen abhebt.
6) Wer war dein unangenehmster Gegenspieler?

Da fällt mir jetzt gar kein spezieller Name ein, aber wenn ich an die Innenverteidiger aus der Zeit denke, als ich mit 17 in die Bundesliga gekommen bin, war das noch eine ganz andere Art von Spielern als heute. „He-Man“ Patocka, mit dem ich auch noch im Nationalteam gespielt habe, war – und das ist nicht böse gemeint – im Vergleich zur heutigen Generation, die gut am Ball sein und ein Auge für das Spiel haben muss, ein „Voll-Killer“, einfach furchteinflößend. Ich war ja immer ein schmächtiger Typ und erinnere mich auch noch gut daran, was mir Didi Constantini vor meinem ersten Länderspiel gegen Serbien gesagt hat, in dem ich gegen die Kästen Branislav Ivanovic und Nemanja Vidic spielen sollte: „Jantschi, hör zu, bei denen wirst nur im Schatten stehen…“ Aber es war trotzdem ein cooles Erlebnis, obwohl wir 0:1 verloren haben.
7) Du hattest außer 257 Spielen in der ADMIRAL Bundesliga noch fünf Auslandstationen – in Hongkong, der Schweiz, der Türkei, den Niederlanden und Russland. Wo hat es dir fußballerisch am besten gefallen?
Es ist überall unterschiedlich, du musst dich überall extrem anpassen. Aber vor allem Luzern hat viel Spaß gemacht, weil wir da eine richtig gute Mannschaft hatten, mit Spielern, die heute in den Top-Ligen ihr Geld verdienen – wie etwa Remo Freuler, der jetzt Kapitän beim FC Bologna ist.
8) Worin unterscheidet sich die ADMIRAL Bundesliga von anderen Ligen?
Die Bundesliga hat sich auf jeden Fall sehr verändert. Als ich reingekommen bin, gab es da mit Acimovic, Barazite, Bazina oder unserem Mura (Muratovic; Anm.) wirklich einzigartige Spieler. Das war cool zu erleben. Heute sind die Spiele geprägt von hoher Intensität, Umschalten und Gegenpressing, wie man es nicht überall findet.
9) In welches Bundesliga-Stadion von Graz bist du am liebsten gekommen?
Das ist ein Stadion, das es heute auch nicht mehr gibt – das Hanappi-Stadion. Das hatte so ein gewisses Flair und hat mir immer besser gefallen als das neue. Wenn wir da als Sturm Graz hingekommen sind, war die Stimmung immer besonders.
10) Welche Dinge aus dem Leben eines Fußballprofi wirst du nicht vermissen?
Es gibt viele Dinge, die ich vermissen werde, aber was ich nicht vermissen werde? Gegen hartes Training habe ich nie etwas gehabt, weil ich immer gewusst habe, dass ich das brauche. Vielleicht im Urlaub nicht mehr an das Heimprogramm denken zu müssen.
11) Du bist ja schon seit einigen Jahren auch Obstbauer, wird man dich dennoch wieder in eine Rolle im Fußball sehen?
Obstbäume sind ja kein 24-Stunden-Job. Da gibt es zur Ernte gewisse intensive Phasen, aber es gibt auch Monate, wo gar nix zu tun ist. Die Arbeit hat mir als Ausgleich zum Fußball immer getaugt, weil sie mir Ruhe und Kraft gebracht hat. Aber dass ich nicht nur das machen will, war immer klar. Dazu bin ich auch zu sehr im Fußball verankert. Ich bin jetzt noch zwei Wochen Fußballer beim ASK Voitsberg und danach werde ich sehen, welche Türen sich öffnen.

Redakteur: Horst Hötsch
Fotos: GEPA pictures