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21. Nov. 2025

Tim Oermann Sturm Graz

11 Fragen an… Tim Oermann: „Wir werden das Ding ziehen!“

„Bochum, ich komm aus dir! Bochum, ich häng an dir!“ Nur wenige können bei dem Grönemeyer-Gassenhauer so überzeugt mitsingen wie Sturm-Verteidiger Tim Oermann. Im vergangenen Sommer wechselte er als U21-Vize-Europameister vom VfL Bochum zu Bayer Leverkusen – und ließ sich volley an den österreichischen Meister verleihen. Warum diese Taktik aufging, welches seine bisherigen Highlights waren und welchen Gegenspieler er am kniffligsten fand, verrät der 22-Jährige in unserer Rubrik „11 Fragen an…“

1. Die letzte Länderspielpause des Jahres ist gerade zu Ende gegangen. Hast du deiner alten Bochumer Heimat einen Besuch abgestattet?

Das wäre eigentlich der Plan gewesen. Aber mein Onkel hat in München seinen 50. Geburtstag gefeiert, deswegen waren wir mit der ganzen Familie dort. Ich muss ja gestehen, dass es in Österreich und speziell in Graz wirklich sehr schön ist. Da müsste ich schon lügen, wenn ich sage: Ich vermisse die schöne Bochumer Innenstadt. Aber Bochum ist für mich ein Heimatgefühl, danach sehnt man sich, auch nach den Leuten dort. Ich hab mich in Graz aber schnell und gut eingelebt, mit Heimweh habe ich nicht zu kämpfen. Trotzdem freue ich mich, wenn es demnächst wieder mal nach Hause geht.

2. Du bist ja nicht nur Ex-Spieler des VfL Bochum, sondern auch bekennender Fan. Du hast dort zuletzt zwei Jahre Abstiegskampf erlebt, unter anderem das Relegations-Wunder von Düsseldorf mit Kevin Stöger an deiner Seite. Das größte Spiel deiner bisherigen Karriere?

Wahrscheinlich schon, wobei ich das EM-Finale mit der U21 auch dazu zählen würde. Aber es war auf jeden Fall das krasseste Spiel und das krasseste Ereignis meines Lebens. Es war an Emotionalität nur sehr schwer zu überbieten. Wir kamen in der Rückrunde in einen negativen Lauf, der mit dem 0:3 im Hinspiel seinen negativen Höhepunkt erreicht hat. Wie wir uns da herausgekämpft und das Ergebnis gedreht haben, das bleibt für immer. Deswegen ist es schon das bisher größte Spiel meiner Karriere und wird auch schwer zu überbieten sein. 

3. Du bist im Sommer zu Bayer Leverkusen gewechselt und hast dich volley zu Sturm Graz verleihen lassen. Wie kommt so eine Entscheidung zustande, wer hatte diese Idee zuerst?

Tim Oermann Sturm vs Rapid - Zweikampf

Das war sofort Teil der Gespräche und Teil des Plans. Die Verantwortlichen in Leverkusen meinten: Sie sehen was in mir und wollen etwas mit mir entwickeln. Aber sie glauben, dass mir eine Saison auf hohem Niveau mit viel Spielzeit guttun würde. Die vergangene Saison in Bochum war ja die erste, in der ich konstant Stammspieler war und die 2.000-Minuten-Marke geknackt habe. Für mich klang das schlüssig. Dass es dann Sturm wurde, kam schnell auf, auch weil es mit Benjamin Schunk (Anm.: Technischer Direktor) ja eine gute Verbindung nach Leverkusen gibt. Ich war jedenfalls froh, dass sich alles frühzeitig geklärt hat und ich wusste, wo ich nach der U21-EM sein werde.

4. Es wurde ja offen kommuniziert, welche Parameter für Sturm sprachen: dominantes Auftreten, mutiges Spiel, internationale Erfahrung mit Mehrfach-Belastung. Ging der Plan bis jetzt auf?

Absolut! Vom kompletten Abstiegskampf zu einer dominant auftretenden Mannschaft wie Leverkusen ist von der Spielweise ein großer Switch. Wobei zum Zeitpunkt der Entscheidung der Titelkampf in Österreich noch nicht entschieden war und keiner wusste, in welchem Europacup Sturm letztendlich spielen würde. Aber es hat sich alles großartig gefügt.

5. Du hattest zum Zeitpunkt des Wechsels bereits 49 Spiele in der deutschen Bundesliga in den Beinen. Fiel der Schritt nicht trotzdem schwer?

Als Stammspieler in Deutschland nach Österreich zu wechseln, ist ehrlich gesagt kein typischer Schritt, das stimmt. Ich habe das aber nicht so gesehen. Ich habe gesehen, dass Sturm eine Mannschaft ist, die in der Liga oben mitspielt, die international den einen oder anderen Marker setzen kann. Als Ort, an dem ich mich positiv entwickeln kann. Das ist aufgegangen. 

6. Welche Rolle hat gespielt, dass du im Frühjahr 2023 schon mal ein halbes Jahr in der ADMIRAL Bundesliga beim RZ Pellets WAC gespielt hast?

Tim Oermann WAC Action

Aus dieser Zeit kannte ich Graz und wusste, was Sturm für ein großer Verein ist, was für eine Fanbase der Klub hat. Deswegen hat es sich für mich gut angefühlt und die Entscheidung fiel schnell. Für mich war es damals ein großer Schritt zum WAC, ich bin zum ersten Mal raus aus Bochum, in eine andere Liga, in ein anderes Land mit anderer Kultur. Ich hab mich in dieser Zeit stark entwickelt, bin auch privat sehr gereift. Diese gute Erinnerung hat geholfen. Ich hab die Liga auch immer verfolgt, hatte Kontakte zu früheren Mitspielern. Klar hat das alles eine Rolle gespielt.

7. Was waren bis jetzt deine persönlichen Highlights deines heißen Herbstes in Graz?

Der Sieg über die Glasgow Rangers. Alles um dieses Spiel herum hat sich besonders angefühlt, wie eine dieser magischen Nächte. Auch die Historie rund um dieses Spiel. Alle haben sich auf diesen Hexenkessel gefreut, es war ja die europäische Rückkehr nach Graz. Auch meine Familie war da, es hat alles gepasst. Wobei mir auch der Derbysieg über den GAK gezeigt hat, was der Verein für die Menschen bedeutet, wie wichtig ihnen dieses Duell ist. Wenn man den Fans ein positives Ergebnis liefern kann und sieht, was es mit ihnen macht, ist das ein besonderes Erlebnis. Ich freue mich jetzt schon auf das zweite Derby im Dezember.

8. Du bist im Sommer Vize-Europameister mit der deutschen U21 geworden, warst in einem starken Team mit (u.a.) Gladbach-Kapitän Rocco Reitz oder Stürmer Nick Woltemade. Wie blickst du darauf zurück?

Ehrlich gesagt mit gemischten Gefühlen. Es war so eine besondere Reise mit einer krassen Mannschaft, in der das Miteinander extrem besonders war. Wir waren irgendwann auf so einer Welle, wo man sagt: Wir hätten das Ding ziehen müssen. Diese Final-Niederlage gegen England (Anm.: 2:3 nach Verlängerung) nagt immer noch an mir. Das ist nicht leicht zu verdauen. Wenn das das letzte Spiel ist, das du mit dieser Mannschaft hast, überwiegt dann schon die Enttäuschung. Aber insgesamt war es eine unglaubliche Reise. Toll, sich auf diesem Niveau zu messen und zu sehen, dass man mit den Top-Nationen mithalten kann.

9. Zurück zu Sturm. Ihr habt in der Liga zuletzt drei Spiele nicht gewonnen, zwei Niederlagen und ein Remis eingefahren. Jetzt kommt der LASK, der unter Didi Kühbauer eine weiße Weste hat. Warum wird am Sonntag der Bock umgestoßen?

Tim Oermann Sturm Graz vs GAK Kopfball

Zum einen hat uns der Reset in der Länderspielpause sicher gutgetan. Ich sehe uns aber trotz der Ergebnisse auch nicht in einer großen Negativphase, in der sich jeder selbst bemitleidet. Man merkt, dass wir gefestigt sind, nicht alles hinterfragen und auch wissen, dass wir an einem guten Tag jeden schlagen können. Dass der LASK eine gute Mannschaft ist, die der neue Trainer extrem gut stabilisiert hat und die richtig eklig zu bespielen ist, wissen wir. Sie haben ja unter Kühbauer noch kein einziges Gegentor kassiert. Aber wir können jede Mannschaft schlagen, unabhängig vom Gegner, das ist unser Selbstverständnis. Allerdings nur, wenn wir an unser Maximum kommen, das ist die Grundvoraussetzung. Das weiß bei uns aber auch jeder. Deswegen gehe ich optimistisch in das Spiel und glaube, dass wir es gewinnen werden.

10. Du hast jetzt gegen fast jede Mannschaft schon einmal gespielt. Wer war bis jetzt dein kniffligster Gegenspieler?

Ich würde sagen: Petar Ratkov. Er hat eine aggressive Spielweise, ist körperlich stark, macht es dir nicht leicht. Dazu stark in der Luft und definitiv nicht leicht zu bespielen. Man muss schon ehrlich sagen, dass Salzburg in der Offensive ordentlich Qualität hat mit Speed und Körperlichkeit.

11. Im Gegensatz zu Deutschland ist der Titelkampf in Österreich ein höchst spannender. Glaubst du an den Titel-Hattrick von Sturm Graz?

Absolut! Ich bin auch hierhergekommen, um den Titel zu holen. Ich will hier keine große Kampfansage machen, aber ich bin von unserer Mannschaft überzeugt und davon, dass wir zurecht da oben stehen. Am Ende kommt es auf die Konstanz und die direkten Duelle an. Wir müssen uns eingestehen, dass wir gegen die unteren Teams sehr konstant in unseren Ergebnissen waren aber in den direkten Duellen wie gegen Rapid oder den WAC etwas liegen gelassen haben. Da müssen wir in der Meisterrunde zulegen, wenn es nach der Punkteteilung entscheidend wird. Ich bin überzeugt, dass wir reif genug sind und uns noch steigern können. Deswegen glaube ich fest daran, dass wir das Ding ziehen können.

Text: Markus Geisler; Fotos: GEPA pictures