28. Aug. 2025
Alex Kofler über das WAC-Wunder von Gladbach
Am Donnerstag (18 Uhr, live in ORF 1) kämpft der RZ Pellets WAC um den Einzug in die Gruppenphase der Conference League. Bei Omonia Nikosia gilt es, einen 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel ins Ziel zu bringen. Vor fast genau sechs Jahren schrieb der WAC – damals in der Europa League – Geschichte und gewann beim deutschen Spitzenteam Borussia Mönchengladbach mit 4:0, eine handfeste Sensation. Der damalige WAC-Tormann Alexander Kofler, der bei ATUS Velden immer noch in der Regionalliga aktiv ist, wirft einen Blick zurück und nach vorn.
Welche Erinnerungen hast du an den 19. September 2019, dem Tag des „Wunders von Gladbach“? Als ihr dort hinflogt, wart ihr mit dem WAC in der Liga top unterwegs, habt von den ersten sieben Spielen fünf gewonnen.
Man sollte immer an seine Chance glauben, aber richtig etwas ausrechnen konnten wir uns nicht. Dass dann so etwas passiert, hat sich niemand von uns erträumt. Im Nachhinein würdeich sagen, dass es wichtig war, mit einer Portion Mut dorthin zu fahren. Trainer Gerhard Struber hat uns damals richtig gut auf das Spiel eingeschworen, uns die eine oder andere taktische Finesse eingeimpft. Es war ja auch das Duell der „Salzburger“ Trainer, Struber gegen Marco Rose.
An welche Finessen denkst du konkret?
Er wusste genau, wie Rose spielen lässt, hat das Salzburger System mit dem Pressing genau analysiert. Er hat uns gezeigt, welche Gegenmittel es geben kann, wo wir ansetzen und unsere Chance suchen können. Dass es so gut aufging, war der Wahnsinn!
Rose auf der Bank, Yann Sommer im Tor, Marcus Thuram im Sturm – Gladbach hatte damals ein echtes Top-Team…
Absolut! Witzig, dass du gerade Sommer und Thuram erwähnst, mit den Beiden habe ich in den zwei Spielen die Trikots getauscht. Es war für uns wirklich besonders, gegen solch eine Mannschaft zu spielen. Dazu gehörte ja auch ein Lars Stindl, der gerade aus einer Verletzung zurückkam und dann im Rückspiel das entscheidende Tor gegen uns erzielt hat. Das waren Spieler, die wir bis dahin nur aus dem Fernsehen kannten.
Wann ist bei dir der Glaube entstanden, dass an diesem Abend Historisches passieren kann? Nach dem Treffer zum 2:0? Oder schon früher?
Nach der 2:0-Führung war mein persönlicher Gedanke: Die haben so viel Qualität, da kann immer noch etwas passieren. Wir sind ja sogar mit einer 3:0-Führung in die Pause gegangen. Da hieß es dann: Das ist ein super Ergebnis, aber wir müssen höllisch aufpassen! Und mit dem ersten Standard in der zweiten Halbzeit machen wir das 4:0. Da wussten wir: Der Deckel ist drauf! Trotzdem hat jeder weiter Gas gegeben, weil wir unbedingt die Null halten wollten. Dieser Einsatz, diese Leidenschaft, das war eine Augenweide.
Konntet ihr den Sieg feiern? Drei Tage später musstet ihr nach Hartberg…
Sagen wir so: An diesem Abend haben wir es richtig genossen! Wir hatten aber schon Hartberg im Kopf, haben dort ja auch mit 2:0 gewonnen.
Du hast das Rückspiel in Graz angesprochen… Habt ihr euch nach dem 4:0 auswärts etwas mehr ausgerechnet?
Wir haben uns im ersten Spiel Respekt erarbeitet, das war dann auch deutlich zu spüren. Wobei wir schon dachten, dass sie ihren Vorsprung an Qualität mehr ausspielen könnten. Wenn man das Spiel Revue passieren lässt: Wir hätten durchaus in Führung gehen können und haben erst in der 80. Minute das entscheidende Gegentor zum 0:1 kassiert. Wir waren knapper dran als wir und wohl auch die Gladbacher dachten. Alles in allem haben wir in beiden Spielen richtig gut performt.
Sieg in Gladbach, zwei Remis gegen AS Roma, und trotzdem seid ihr als Tabellenletzter ausgeschieden…
Das war schon extrem bitter! Gegen zwei von drei Mannschaften haben wir das direkte Duell gewonnen, und trotzdem schieden wir als Letzter aus. Die Duelle gegen Basaksehir, die beide ungünstige Spielverläufe hatten, haben es entschieden. Aber es war unsere erste Europacup-Saison und wir haben richtig gute Leistungen gezeigt, das war schon toll.
Am Donnerstag kämpft der WAC wieder um eine Gruppenphase, diesmal in der Conference League. Wie siehst du die Chancen?
Tatsächlich sehr gut! Wenn du im ersten Spiel mit einem Sieg vorlegst, ist immer etwas möglich. Wobei man schon sagen muss, dass österreichische Mannschaften in Zypern in der Vergangenheit immer ihre Schwierigkeiten hatten. Und dass Nikosia ein gutes Team hat, haben sie im Hinspiel gezeigt. Aber der WAC soll sich nicht verstecken, schließlich verfügt das Team über immense Qualitäten, vor allem in der Defensive. Es ist schon beeindruckend, wie stabil sie mit ihrem Tormann und den beiden Innenverteidigern hinten stehen. Wenn sie mutig auftreten, ist einiges möglich. Und ich finde, sie hätten sich nach der starken letzten Saison eine Gruppenphase verdient.
Mit deiner Erfahrung: Welche Rolle spielt in solchen Partien der Kopf?
Eine riesige! Für viele ist der Europacup ja etwas Neues. Als ich 2015 mein erstes Auswärtsspiel im Europacup machte – auch unter Didi Kühbauer in Soligorsk – waren die Beine zu Beginn zittriger als sonst. Klar, man kannte das internationale Flair von Testspielen, aber von der Drucksituation ist das natürlich was ganz anderes. Wenn aber der Anpfiff ertönt und die ersten zwei, drei Minuten gespielt sind, ist es ein Match wie jedes andere.
Alle schwärmen derzeit von WAC-Keeper Nikolas Polster – du auch?
Ich bin großer Fan von ihm, er macht seine Sache richtig gut. Es war absolut verdient, dass er sogar schon bei der Nationalmannschaft dabei sein durfte. Auch im Hinspiel gegen Nikosia hat er den WAC mit ein paar tollen Aktionen im Spiel gehalten. Mit ihm steht ein Mann hinten drin, der Spiele entscheiden kann, das ist gerade auf internationalem Niveau enorm wichtig.

Du hast 2022 deine aktive Karriere beendet und bist zu deinem Heimatklub ATUS Velden zurückgekehrt, der damals in der fünften Liga spielte. Mittlerweile seid ihr in der Regionalliga Mitte. Klingt nach einer Erfolgsgeschichte.
Als ich zurückkam, ist der Klub gerade von der sechsten in die fünfte Liga aufgestiegen. Wir haben dann den Durchmarsch geschafft und wären ein Jahr später fast schon in die Regionalliga aufgestiegen. Das ist dann ein Jahr später gelungen. Dass es so schnell nach oben gehen würde, ist natürlich nicht alltäglich. Aber die Verantwortlichen haben schon im Hinterkopf, Velden als dritte oder vierte Kraft im Kärntner Fußball zu etablieren.
Wir reden jetzt 36 Stunden bevor es im Cup gegen Hartberg geht. Da kannst du ja gleich wieder einem Favoriten in die Suppe spucken…
(lacht) Auch da gilt: Wir sind klarer Außenseiter, aber seine Chance sollte man immer suchen. Im Cup gibt es ja immer wieder mal große Überraschungen. Wir wollen so lange wie möglich dagegenhalten.
Im November wirst du 39 Jahre alt – wie lange möchtest du den Job zwischen den Pfosten noch machen?
Solange es der Körper mitmacht, und das schaut ganz gut aus… (lacht) Der Spaßfaktor steht beim Fußball immer an oberster Stelle, der ist bei mir absolut gegeben. Ich schaue von Jahr zu Jahr und lasse alles auf mich zukommen.
Und kümmerst dich um deine Tormann-Schule.
Genau! Mir ist es in den letzten zwei, drei Jahren gelungen, den einen oder anderen Keeper in einer Akademie unterzubringen, das ist eine schöne Bestätigung. Wenn ich eines Tages ganz aufhöre, werde ich mich darum noch mehr kümmern. Speziell in Kärnten gibt es viele talentierte Torleute mit viel Potenzial, da wäre es toll, wenn einige in der Bundesliga landen. Und dort dann so starke Leistungen bringen wie aktuell Nik Polster.
Text: Markus Geisler, Fotos: GEPA pictures