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16. Okt. 2025

Roland Kirchler - Austria Salzburg

Liga-Legende Kirchler: „Das Ende der Messerstecherei!“

Roli Kirchler kennt die Liga in all ihren Facetten. Als Spieler absolvierte er 490 Partien (für Tirol, Austria Salzburg, Pasching, Red Bull Salzburg und Altach), er arbeitete als Trainer bei Wacker Innsbruck und als Sportdirektor in Altach. Mittlerweile füllt er diesen Posten bei Zweitliga-Aufsteiger Austria Salzburg aus. Im Interview mit bundesliga.at spricht er über seine Ex-Klubs, das Ende der Punkteteilung und die Lage des ÖFB-Teams nach der dramatischen Niederlage in Rumänien. Und er verrät, warum er froh ist, dass ihm sein 100. Bundesliga-Tor nicht gelungen ist.

In der ADMIRAL 2. Liga sind neun Runden absolviert, Austria Salzburg steht als Aufsteiger nach drei Siegen, vier Niederlagen und zwei Remis im Mittelfeld. Zufrieden?

Mit der Ausbeute nicht ganz, auch wenn’s blöd klingt! Gegen Liefering und St. Pölten lagen wir jeweils in Führung, es tat schon weh, sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Vor allem gegen St. Pölten war es bitter, dass der Ball in der 97. Minute noch reinfällt. Aber unterm Strich muss man fair sein und sagen: Wir leisten das, was wir erwartet haben, auch wenn es nach den ersten zwei Wochen nicht so aussah. Aber wir haben uns erfangen, sind in der Liga angekommen, haben einen guten Stamm gefunden. Das nehmen wir mit.

Eine Etage höher hat Ihr Ex-Klub Altach einen guten Start erwischt, bei dem Sie bis Sommer Sportdirektor waren. Überrascht?

Überhaupt nicht! Mir war klar, dass das mal passieren wird, ich habe die Mannschaft ja zusammengestellt. Als ich kam, hatten wir einen riesigen Umbruch, haben alles komplett umgekrempelt, den ganzen Kader ausgetauscht. Jetzt ist ein guter Stamm da. Und was ich immer sage: Kontinuität ist wichtig im Fußball. Bei mir sollte es im Sommer nicht mehr sein, aber alle anderen sind geblieben. Das wirkt sich jetzt positiv aus. Ich sehe eine stabile Mannschaft, die eine gewisse Qualität hat.

Die auch mal für die Meistergruppe reicht? Altach ist Dauergast in der Abstiegsgruppe…

Roland Kirchler als Spieler bei SCR Altach

Das wird schwer! Die Top-6-Teams sind vom Kader her besser, der LASK steht noch hinten drin, hat aber mit Didi Kühbauer neuen Schwung geholt. Nach zwei Niederlagen muss Altach wieder ins Punkten kommen, wobei es am Wochenende gegen Red Bull Salzburg geht, eine harte Aufgabe. Wenn sie danach wieder ihre Spiele gewinnen, können sie vielleicht um Platz 6 mitspielen. 

Sie sprechen Salzburg an, einer Ihrer Ex-Klubs als Spieler. Glauben Sie, dass sie bald wieder ihre gewohnte Form finden?

Hier gilt das Gleiche wie in Altach: Kontinuität ist entscheidend. In Salzburg wurde vieles umgedreht, man hat Rouven Schröder geholt, der sagte, es sollen nur Leute kommen, die voll zum Verein stehen – und jetzt ist er selbst weg. Für meinen Geschmack wurde auf allen Ebenen zuletzt etwas viel gewechselt. Wichtig wäre, dass sie bald einen Stamm finden, der eingespielt ist. Dazu kommt: Die anderen Teams schlafen nicht, haben dazugelernt. Sturm, WAC, Rapid, Austria, auch durch ihre Stärke zieht Salzburg nicht mehr einsam seine Runden. 

Sie werden in erster Linie mit dem Tiroler Fußball in Verbindung gebracht, haben auch eine WSG-Vergangenheit als Trainer. Schaffen Ihre Landsmänner wieder den Klassenerhalt?

Da unten geht es brutal zu! Ried hatte anfangs Probleme, ist aber jetzt stabil, das gilt auch für Hartberg und Blau-Weiß Linz. Ich finde, dass der GAK in dieser Saison einen besseren Kader hat als letztes Jahr, trotzdem stehen sie hinten drin. Das weiß ich aus meiner Zeit in Altach: Eine gute Mannschaft zu haben, mit der du nicht gewinnst, ist das Härteste! Ich glaube aber, dass sie bald ins Punkten kommen. Spätestens, wenn die Punkteteilung kommt, wird es wieder eine Messerstecherei geben, wie es Klaus Schmidt mal so treffend formuliert hat.

Gutes Stichwort, die wird ja ab der Saison 2026/27 ausgesetzt. Eine richtige Entscheidung?

Ja, das freut mich sehr! Wer Punkte erobert, sollte im Winter nicht bestraft werden, in dem die Hälfte abgezogen wird. So wurde ich groß im Fußball. Ich verstehe das Argument mit der Spannung, teile es aber nicht, weil ich finde, dass Sport auch gerecht sein soll. Ich kann mich noch erinnern, als es Anfang der 90er Jahre die Punkteteilung schon einmal gab, sind wir mit Tirol als Tabellenführer in die Winterpause gegangen und kamen als Zweiter wieder raus. Ein einzigartiges Kuriosum. 

Sie haben 490 Bundesliga-Spiele bestritten, die meisten für Tirol. Ihre schönste Zeit als Profi?

Roland Kirchler feiert Meistertitel mit Tirol

Wenn man mit dem Verein, mit dem man groß wird, Titel gewinnt – das vergisst man nie! Aber all meine Stationen hatten ihren Reiz. Die alte Austria, bei der ich jetzt wieder bin, als wir damals von Platz 10 noch in den UEFA Cup kamen. Pasching, wo Franz Grad eine erfolgreiche Mannschaft aufgebaut hat, die sogar international gespielt hat. Red Bull Salzburg, wo etwas Großes im Entstehen war. Mein letztes Jahr in Altach, als ich mit 38 Jahren noch neun Tore gemacht hab. Das waren tolle Zeiten.

Insgesamt stehen Sie bei 99 Bundesliga-Toren. Ärgern Sie sich manchmal…

Nein, ganz im Gegenteil, weil die 99 bei jedem hängen bleibt. Jeder sagt: Schade, dass es nicht 100 waren, dadurch hat es Wiedererkennungswert. Ich verzichte auf die 100 zugunsten dieses Momentums (lacht laut).

Wacker Innsbruck führt die Tabelle der Regionalliga West an und schickt sich an, den Durchmarsch in die 2. Liga zu schaffen. Packen sie es?

Ich verfolge das noch stark und freue mich total darüber. Auch weil Trainer Sebastian Siller ja praktisch mein Schützling ist, ich hatte ihn bei mir in Wattens und hab ihn dann nach Innsbruck mitgenommen. Für ihn freue ich mich extrem. Es ist zwar nicht mehr Wacker Innsbruck im engen Sinne, weil ja auch die Bayern und L.A. mit an Bord sind, aber das sind ja nicht die schlechtesten Vereine. Sie sind das beständigste Team der Regionalliga West, haben professionelle Strukturen, sind den anderen Teams voraus. Ich bin mir sicher, dass sie es schaffen werden.

Sie haben 28 Länderspiele für Österreich bestritten und dabei fünf Tore geschossen. Wie haben Sie den Rückschlag beim Last-Second-K.o. in Rumänien erlebt?

Roland Kirchler Jubel beim Nationalteam

Ich saß vor dem Fernseher und habe mich geärgert, wie die meisten Österreicher. Wenn man aber selbst mal in solch einer Situation war, versteht man, wie so etwas passieren kann. Natürlich darf man in der Situation nicht mehr risikoreich spielen und auf Angriff gehen. Aber Gott sei Dank ist der Fußball so unberechenbar. Wenn alles planbar wäre und immer der Bessere gewinnt, wäre es langweilig. So bleibt es in der Gruppe spannend, aber Österreich hat noch alles in der eigenen Hand. Wenn man zu einer WM fahren will, muss man den Anspruch haben, gegen Zypern und Bosnien die nötigen Punkte zu holen. Zwei Unentschieden würden ja schon reichen. Ich bin mir sicher, dass sie es schaffen!

Sie haben Ihre ersten Länderspiele vor 1998 gemacht, den Sprung in den Kader für die WM in Frankreich aber nicht geschafft. War das damals eine große Enttäuschung?

Es war kurios: Meine ersten drei Länderspiele kamen im Abstand von jeweils drei Jahren, 1993, 1996 und 1999. Herbert Prohaska war damals Teamchef und fuhr nicht so gerne in den Westen. Daher war es schwierig, als Spieler von Tirol auf sich aufmerksam zu machen. Ich wäre gerne dabei gewesen, war 1998 auch schon gestandener Bundesliga-Spieler mit einer guten Tor-Quote, wurde aber dennoch nicht berücksichtigt. Dafür war ich unter Otto Baric ab 1999 drei Jahre lang der Spieler mit den meisten Länderspielen.

Text: Markus Geisler; Fotos: GEPA pictures