07. Okt. 2025
Mitja Mörec: „Ich will kein Trainer sein, der von der Linie alles lenkt“
Blau-Weiß Linz hat mit dem 1:0-Sieg bei der Wiener Austria ein Statement gesetzt. Trainer Mitja Mörec sprach mit bundesliga.at über den schwierigen Start, seine zwei Torschützenkönige und seine unfreiwillige Karriere als Weltenbummler.
Mitja, bevor wir über deine Trainertätigkeit bei BW Linz reden, noch ein Schwenk über deine Spielerkarriere. Es fällt auf, dass du 2007 Sturm ausgerechnet nach der Saison verlassen hast, in der du endlich mehr Spielzeit hattest. Was war der Grund?
Ich hatte eigentlich noch Vertrag bis 2008 und obwohl ich relativ viele Spiele gemacht habe, gab es keine Konstanz. Einmal habe ich gespielt, einmal nicht. Auch weil Sturm den jungen Prödl gefördert hat, was absolut verständlich war. Zu der Zeit war ich aber schon im slowenischen Nationalteam und wollte meine Teamkarriere nicht gefährden. Das hat den Ausschlag gegeben, dass ich zu einem Verein wechseln wollte, bei dem ich regelmäßig spiele. Mein Wechsel zu Maccabi Herzlia nach Israel war dann auch eine absolut richtige Entscheidung. Dort war ich Stammspieler und deshalb auch im Nationalteam gesetzt.

Du hast von 2007 bis 2009 unter Matjaz Kek, der ja auch jetzt wieder den Teamchefposten einnimmt, 14 Länderspiele für Slowenien bestritten. Warum ist sich die WM 2010 nicht mehr ausgegangen?
Wir haben damals eine richtig gute Nationalmannschaft gehabt, mit Spielern, die überragende Karrieren hatten. Handanovic, der Kapitän bei Inter Mailand war, Novakovic und Nastja Ceh, die auch in Österreich gespielt haben. Mit dem Vater von Tio Cipot, der jetzt beim GAK spielt, habe ich einige Male das Innenverteidiger-Pärchen gebildet. Aber dass ich die WM 2010 verpasst habe, war richtig bitter. Ich habe noch ein, zwei Qualifikationsspiele gemacht und war dann verletzt. Leider habe ich nie eine Erklärung bekommen, warum ich keine Chancen mehr bekommen habe.

Deine Klubkarriere hat dich noch nach Bulgarien, Griechenland, Dänemark, die Niederlande, Kasachstan, Aserbaidschan und Vietnam geführt. Warst du so ein Abenteurer?
Nein, das war nicht der Grund. Ganz ehrlich, es wurden einfach oft die Erwartungen nicht erfüllt. Mal habe ich nicht so performt, wie der Klub sich das vorgestellt hat, dann bist du als Ausländer der erste, der gehen muss. Oft hat es wegen organisatorischer oder finanzieller Dinge nicht geklappt, und der Vertrag wurde aufgelöst. ZSKA Sofia war so ein Fall. In Griechenland hatte ich einen Bandscheibenvorfall. Diese Verletzung hat mich lange begleitet, dadurch ist, so ehrlich muss ich sein, meine Karriere etwas stecken geblieben.
Helfen die vielen Erfahrungen in den unterschiedlichsten Ländern heute im Trainerjob?
Ich habe auf jeden Fall viel mitgenommen. Ich habe viele Kulturen kennengelernt, habe sehr viele Kontakte gemacht, was im Fußball sehr wichtig ist und ich habe viele Sprachen gelernt. Ich spreche neben Slowenisch noch Serbokroatisch, Englisch, Deutsch, Griechisch und Russisch. Das sind alles Dinge, die man als Trainer schon gut gebrauchen kann.
Apropos Trainer: Da waren mit Niels Frederiksen, der mit Lech Posen gerade Rapid besiegt hat, sowie Ex-Ajax-Trainer Maurice Steijn durchaus spannende dabei. Von wem hast du dir etwas abgeschaut?
Leider habe ich als Spieler noch zu wenig darauf geschaut, aber gerade Niels Frederiksen, den ich bei Lyngby hatte, war sehr akribisch und extrem detailliert in seiner Arbeit. Man konnte schon sehen, dass er seinen Weg gehen würde. Maurice Steijn war eher einfach, hat aber immer für gute Stimmung gesorgt. Er hat natürlich auch seine Qualitäten gehabt, man wird nicht umsonst Ajax-Trainer. Aber auch an Franco Foda, der mich zu Sturm gebracht hat, habe ich gute Erinnerungen. Er war sehr pragmatisch und hat geschaut, dass wir in jedem Training Vollgas geben.
Als welchen Trainertyp würdest du dich beschreiben?
Schon auch akribisch und detailliert. Als einen, der versucht, seine Mannschaft bestmöglich vorzubereiten. Wenn ich das Gefühl habe, dass mir das einmal vor einem Spiel nicht ganz gelungen ist, schlafe ich nicht ruhig. Ich lasse den Spielern aber auch Freiheiten. Mein Staff und ich geben zwei, drei, vier Lösungen vor, aber ich bin auch nicht böse, wenn einer eine andere Entscheidung trifft. Ich will kein Trainer sein, der von der Linie aus alles lenkt. Ich schaue auch, dass sich jeder Spieler wohl fühlt im Kader, auch wenn er nicht spielt. Den Spielern das zu sagen, sind für mich harte Gespräche. Aber Ehrlichkeit ist der einzige richtige Weg für eine gute Zusammenarbeit.
Wie schwierig war es, so kurzfristig von dem Saisonstart bei Blau-Weiß einzuspringen?
Ich war mit dem FAC schon zwei Wochen in der Vorbereitung, als es das erste Gespräch mit Blau-Weiß gab. Das war richtig gut und ich habe gleich deponiert, dass ich das unbedingt machen will. Wenn man so eine Chance bekommt, muss man sie ergreifen. Die Woche, in der ich gekommen bin, haben wir wenig Gelegenheit zum Trainieren gehabt, weil schon zwei Testspiele ausgemacht waren. Nach der nächsten Trainingswoche und der Generalprobe gegen Ipswich ist schon das erste Cupspiel angestanden. Dass der Start schwierig war, hat jeder gesehen. Das soll keine Ausrede sein, aber es ist normal, dass es ein wenig dauert, bis die neue Ideen, von denn es schon ein paar gab, auch gut umgesetzt werden.
Wie schwer war es, die Spieler, die ja mit Gerald Scheiblehner sehr erfolgreich waren, von neuen Ideen zu überzeugen?
Es ist schon eine Herausforderung einem erfolgreichen Trainer nachzufolgen. Aber es war schon klar, als ich gekommen bin, dass es nur um Details geht, die ich ändern wollte. Trotzdem – neue Ideen, neue Matchpläne, da kommt auf die Spieler schon einiges zu. Ich habe versucht, meine Ideen bestmöglich zu erklären, mit Videos, aber auch auf dem Trainingsplatz. Wir wollten etwas anders verteidigen, auch im Spiel mit dem Ball das eine oder andere Prinzip dazu nehmen. Als Trainer musst du die Spieler auf deine Seite kriegen. Dabei ist es hilfreich, wenn die Spieler im Spiel bestätigt werden. Mit guten Ergebnissen ist das natürlich leichter. Die haben wir am Anfang nicht gehabt. Aber mit der Zeit und vielen Videoanalysen haben die Spieler gesehen, dass es funktionieren kann. Wir sind dran geblieben und zuletzt hat es schon gut geklappt.
Wie weit setzt die Mannschaft heute schon um, was du von ihr willst?
Die Spiele, in denen wir gepunktet haben, waren schon so, wie ich es mir vorstelle. Natürlich gibt es immer Luft nach oben. Gegen den Ball wollen wir noch schärfer und mutiger werden. Die Balance mit dem Ball – wann können wir direkt und vertikal spielen, wann müssen wir ruhig am Ball bleiben, wenn das nicht möglich ist – das war gegen die Austria und Altach schon sehr gut. Vor allem sind wir in diesen Spielen als Mannschaft aufgetreten, richtig leidenschaftlich.
Mit zwei Torschützenkönigen im Team kannst du dich über deine Offensive wohl nicht beklagen?
Offensiv sind wir mit Ronivaldo, Shon Weissman und Thomas Goiginger sehr gut aufgestellt. Dazu kommen noch Nico Maier und Simon Seidl, die gegen die Austria gefehlt haben. Dass ein kleiner Verein wie wir zwei Torschützenkönige in der Mannschaft haben, ist wirklich eine Ausnahme. Shon Weissman hat mit seiner Qualität und Mentalität vom ersten Training an die ganze Mannschaft mitgezogen.
BW Linz war in der vergangenen Saison in der Meistergruppe. Wird das zu wiederholen sein?
Jeder weiß, dass die vergangene Saison überragend und überraschend war. Wir haben uns vor der Saison ein klares Ziel gesetzt und das ist der Klassenerhalt. Nach dem schlechten Start waren wir Abstiegskandidat Nummer 1, jetzt reden wir schon wieder von der Meistergruppe, das geht sehr schnell. Aber wie sagt man in Österreich? Man muss die Kirche im Dorf lassen, weiter performen, die Leistungen jede Woche bestätigen, dann werden wir sehen, wohin die Reise geht.
Text: Horst Hötsch; Fotos: GEPA pictures