BL-Journal: HACKLER UND SPÄTSTARTER

19. February 2021 in ADMIRAL Bundesliga

Es kommt nicht oft vor, dass Spieler erst mit 25 ihr Bundesligadebüt feiern. Und noch weniger können dabei so aufzeigen wie Ante Bajic. Aber warum kommt dieser Flügelflitzer erst jetzt in der obersten Spielklasse an? Das Porträt eines Innviertlers, der das Profileben aufgrund seiner Vergangenheit so richtig zu schätzen weiß.

TEXT: PETER K. WAGNER, FOTO: GEPA PICTURES

Wir schreiben den achten Spieltag. Der SK Rapid Wien ist bei der SV Guntamatic Ried zu Gast. Es ist ein offener Schlagabtausch. Am Ende werden einmal mehr alle über Marco Grüll sprechen, den von der halben Bundesliga gejagten Rieder Shootingstar, der in der 87. Minute die kleine Sensation, den Sieg gegen die favorisierten Wiener, perfekt macht. Doch das Spiel schreibt noch eine andere Geschichte: Es ist das Bundesligadebüt eines gewissen Ante Bajic. 15 Minuten ist er gerade einmal im Spiel, als er einen unwiderstehlichen Antritt startet und das Auge für seinen Mitspieler Grüll hat, der den Ball über die Linie grätscht.

FALSCHE MENTALITÄT

25 Jahre alt ist Bajic in diesem Moment. Gerade war er von einer Verletzung in den Kader zurückgekehrt. Und wenn er an dieses Spiel zurückdenkt, dann kommt er ins Schwärmen. „Du kommst rein, du weißt, es ist Bundesliga“, sagt er. „Ich habe an früher gedacht“, führt er nach kurzer Pause fort. „An die Zeit in Burghausen, an die ganze harte Arbeit für diesen Moment. Ja, und dann spielst du nicht nur Bundesliga, dann legst du das 4:3 auf. Den Tag werde ich nie vergessen.“ Aber wer ist dieser Ante Bajic, dessen Einsatzzeiten nach diesem Kurzeinsatz stetig mehr wurden? Dieser flotte Flügelspieler, der so geerdet wirkt und schon drei Spiele später zum ersten Mal vom Start weg in der Bundesliga dabei ist und gegen Altach und WSG Tirol zwei Traumtore erzielt? Und vor allem: Warum spielt so ein Mann erst im Alter von 25 Jahren Bundesliga?

„Es ist doch nie zu spät, oder?“, fragt Ante Bajic mit einem Lächeln zurück. „Mit 25 bin ich noch im besten Fußballeralter. Mit 30 wäre es wahrscheinlich nichts mehr geworden.“ Nein, wohl wirklich nicht. Aber so sitzt er nun da, Winterpause der Saison 2020/21, zwischen den Trainings. Und hat sie endlich in den Beinen, die ersten Bundesligaspiele seiner Karriere. Und er hat auch eine Leidenszeit hinter sich. „Es war ein Jahr zum Vergessen“, erinnert er sich zurück. „Ich hatte eine Schulterverletzung. Als ich wieder fit war, habe ich mich gleich wieder verletzt. Es waren zwei Momente, in denen ich die falsche Mentalität hatte.“

Die Verletzung führt dazu, dass er zum Rieder Bundesligaaufstieg 2019/20 nur zwei Tore und einen Assist bzw. neun Spiele beitragen konnte. Dass er ein wichtiger Bestandteil der Rieder Offensive sein kann, bewies er aber schon in der Saison davor. 2018/19 erzielt er in 20 Spielen neun Tore und bereitet acht Treffer vor. Er, Marco Grüll und Patrik Eler werden damals als „magisches Dreieck“ bezeichnet. Also doch ein ganz normaler Karriereweg, der eben erst mit dem Aufstieg des Heimatklubs richtig Fahrt aufnimmt. Von wegen. Denn dieser Ante Bajic ist erst seit Sommer 2018 Profi.

SICHERER WEG

Blick zurück: Bajic wächst in Altheim im Innviertel im Bezirk Braunau auf. Knapp 5.000 Einwohner hat die Stadt, die 20 Kilometer von Ried entfernt liegt.

Doch es sind nicht die Wikinger, die sich 2006 die Dienste eines 11-jährigen Fußballtalents sichern, sondern Wacker Burghausen. „Ich bin bei einem Sommercamp entdeckt worden und zu einem Probetraining eingeladen worden“, erinnert er sich zurück. „Burghausen ist zwar in Bayern, aber auch nur knapp 40 Kilometer von meiner Heimatstadt entfernt. Ich hab überzeugt und war dort im Nachwuchsleistungszentrum.“

Acht Jahre lang kickt er bei den Deutschen - bis zur U19. Er steigt mit den sogenannten A-Junioren sogar in die Bundesliga auf, spielt in regionalen Auswahlteams mit Julian Pollersbeck (Olympique Lyon) oder Julian Weigl (Benfica Lissabon). Aber er will auch eine Ausbildung machen. Und dann stellt sich bald die alles entscheidende Frage: Leistungssport oder Beruf? „Ich hätte das Risiko nehmen können, aber ich habe mich für den sicheren Weg entschieden.“ Bajic wechselt zu Gurten in die Oberösterreich-Liga und arbeitet hauptberuflich als Schlosser.

Vier Jahre lang insgesamt spielt er dort alles - vom Außenverteidiger über Spielmacher. Und natürlich schon: den Rechtsaußen. Den Riedern bleiben seine dortigen Leistungen nicht verborgen. Im Winter 2017 macht er ein Probetraining, die Verantwortlichen wollen ihn. „Ich habe dann noch ein halbes Jahr bei Gurten die Saison fertig gespielt und einmal die Woche bei Ried mittrainiert, das hat die Umstellung einfacher gemacht“, erklärt er. Im Sommer 2018 zieht er den Arbeitsoverall aus und wird Fußballprofi. Und die erste Saison in der 2. Liga? Richtig, es war bereits jene, in der er Teil des magischen Dreiecks war und stolze 17 Scorerpunkte sammelte. Und jetzt?

„Ich bin so ein Typ, der alles auf sich zukommen lässt. Ich will gesund bleiben, mit Ried den Klassenerhalt schaffen und es einfach genießen.“ Und den Beruf, vermisst er den manchmal? „Das Hackln ist schon auch lustig gewesen“, sagt er. „Aber Fußballer zu sein, ist mir noch lieber.“ Und er betont: „Ich kann das Profileben aufgrund meiner Vergangenheit richtig schätzen.“

Dieser Text ist in der Frühjahrs-Ausgabe 20/21 des Bundesliga-Journals erschienen. Die aktuelle Ausgabe mit sämtlichen Geschichten, Interviews und den Stories zu allen Bundesliga-Klubs erhalten Sie im Zeitschriftenhandel oder bequem und preiswert im Abo: https://www.bundesliga.at/de/medien/bundesliga-journal/journal-abo/

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