Der 29. November 2008 ist ein denkwürdiger Spieltag in der Bundesliga. Das Oberösterreich-Derby Ried gegen den LASK steht auf dem Programm, und als ob die Tatsache, erstmals im Kader zu stehen, nicht schon aufregend genug wäre, wird Marcel Ziegl in der 89. Minute auch noch zur Seitenlinie beordert. „Du kommst jetzt rein“, raunt Co-Trainer Michi Angerschmid dem damaligen Akademie-Spieler zu. „Ich war total nervös“, erinnert sich Ziegl im Gespräch mit bundesliga.at. „Kaum war ich auf dem Feld, schießt Wiggerl Drechsel das Siegtor zum 1:0. Ich hab‘ in dem Moment überhaupt nicht realisiert, was da gerade passiert.“
Die 10 Spieler, die in der ADMIRAL Bundesliga am längsten bei ihren Klubs unter Vertrag stehen:
Spieler Klub seit Saison Datum
Marcel Ziegl SV Guntamatic Ried 2008/09 01.01.2009
Andreas Ulmer FC Red Bull Salzburg 2008/09 28.01.2009
Martin Kobras CASHPOINT SCR Altach 2009/10 01.07.2009
Philipp Netzer CASHPOINT SCR Altach 2009/10 24.08.2009
Alexander Walke FC Red Bull Salzburg 2010/11 07.07.2010
Alexander Grünwald FK Austria Wien 2011/12 01.07.2011
Andreas Leitner FC Flyeralarm Admira 2011/12 01.07.2011
Thomas Rotter TSV Egger Glas Hartberg 2012/13 01.07.2012
Maximilian Hofmann SK Rapid Wien 2013/14 01.07.2013
Alexander Kofler RZ Pellets WAC 2013/14 01.07.2013
Emanuel Schreiner CASHPOINT SCR Altach 2013/14 01.07.2013
Nun, Marcel Ziegl hat im zarten Alter von 15 Jahren, elf Monaten und neun Tagen sein Bundesliga-Debüt gefeiert – als bis heute zweitjüngster Spieler dieses Jahrtausends (hinter Marco Hesina, 2007 bei Wacker Innsbruck). Und er ist seitdem seinem Klub treu geblieben, mit allen Höhen und Tiefen: Abstieg, Cupfinale, Kreuzbandrisse, Europacup, Wiederaufstieg – alles, was den Fußball zu einer emotionalen Ausnahmeerscheinung macht, hat er mit den Innviertlern erlebt. „Das Schönste dabei war, als wir es 2020 im dritten Anlauf zurück in die Bundesliga schafften. Wenn man so lange dabei ist, weiß man, wie wichtig dieser Schritt für den ganzen Verein war.“
Natürlich gab es auch bei ihm mal den Gedanken, es woanders zu probieren. Überlegungen, ob der nächste Schritt nicht besser einer ist, der aus dem Innviertel wegführt. „Aber immer, wenn sich irgendetwas anbahnte, kam etwas dazwischen.“ Eine Verletzung, zum Beispiel. Oder ein Angebot der Wikinger, das im Gesamtpaket einfach unschlagbar war. Also blieb Ziegl dem Innviertel treu. Nie als Notlösung, sondern immer aus Überzeugung. „Ich habe nie meinen Vertrag verlängert, weil es meine einzige Alternative war. Sondern weil ich wusste, was ich an diesem Klub, der auch in schweren Zeiten zu mir stand, habe.“
Die treuesten Spieler der ADMIRAL Bundesliga, gereiht nach Einsätzen in der höchsten Spielklasse für ihren Klub:
Spieler Klub Spiele
Andreas Ulmer FC Red Bull Salzburg 339
Alexander Grünwald FK Austria Wien 249
Markus Suttner FK Austria Wien 233
Christopher Wernitznig RZ Pellets WAC 214
Marcel Ziegl SV Guntamatic Ried 209
Alexander Kofler RZ Pellets WAC 188
Andreas Leitner FC Flyeralarm Admira 186
Jan Zwischenbrugger CASHPOINT SCR Altach 183
Emanuel Schreiner CASHPOINT SCR Altach 179
Stephan Zwierschitz FC Flyeralarm Admira 177
Dazu kommt, dass Ziegl schon immer Anhänger von Manchester United war. Also von einem Klub, der damals mit Ikonen wie Ryan Giggs, Paul Scholes oder Gary Neville das Legendentum serienmäßig eingebaut hatte. „Ich fand auch toll, dass es Typen wie Totti gab, die ihr ganzes Leben bei der Roma verbracht haben. Mir haben solche Konstellationen immer getaugt.“ Genauso wie die, dass ein Lionel Messi nie und nimmer für einen anderen Klub auflaufen würde als für Barcelona… „Das ist wirklich bitter“, stöhnt Ziegl. „Messi oder Sergio Ramos im PSG-Trikot – das fühlt sich einfach falsch an, das passt nicht. Und zeigt auch, auf was für einem verrückten Weg sich der Fußball aktuell befindet.“
Wobei: So ganz ausschließen will und kann der Kapitän der SVR nicht, dass er selbst auch nochmal für einen anderen Verein die Fußballschuhe schnürt. Dafür sei das Geschäft zu unberechenbar, zu schnelllebig. Geplant, so versichert er, ist es allerdings nicht. „Es müsste schon etwas kommen, das mich richtig vom Hocker haut“, sagt der 28-Jährige, der erst in diesem Sommer seinen Vertrag bis 2023 verlängert hat. „Und wenn ich meine Karriere hier beende, hätte ich auch nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Im Gegenteil: Immer in Ried – darauf wäre ich mächtig stolz.“
Witziger Zufall: Bei Ziegls Debüt Ende 2008 stand auch ein gewisser Andreas Ulmer auf dem Platz, er beackerte im legendären 3-3-3-1-System von Paul Gludovatz damals die linke Rieder Seite. Es war der einzige gemeinsame Auftritt der beiden Profis, die das Ranking der loyalsten Spieler souverän anführen. Geht es nach den Spielen in der höchsten Klasse für „ihren“ Verein, hat der heutige Salzburger sogar klar die Nase vorn, da er mit seinem Klub nie in der 2. Liga war. Auch für ihn ist die Frage, ob er glaubt, etwas versäumt zu haben, keine präsente. „Ich spiele vielleicht nicht in einer großen Liga, aber Red Bull Salzburg ist ein großer Verein. Ich weiß genau, was ich an ihm habe.“
Die Spieler, die bei den 12 Vereinen der ADMIRAL Bundesliga jeweils am längsten unter Vertrag stehen:
Klub Spieler Vertrag seit Spiele
SV Guntamatic Ried Marcel Ziegl 01.01.2009 209
FC Red Bull Salzburg Andreas Ulmer 28.01.2009 339
CASHPOINT SCR Altach Martin Kobras 01.07. 2009 155
FC Flyeralarm Admira Andreas Leitner 01.07. 2011 186
FK Austria Wien Alexander Grünwald 01.07. 2011 249
TSV Egger Glas Hartberg Thomas Rotter 01.07. 2012 64
RZ Pellets WAC Alexander Kofler 01.07. 2013 188
SK Rapid Wien Maximilian Hofmann 01.07. 2013 152
SK Puntigamer Sturm Graz Tobias Schützenauer 01.07. 2014 6
WSG Tirol Ferdinand Oswald 01.07. 2014 61
LASK Peter Michorl 01.07. 2015 131
SK Austria Klagenfurt Florian Jaritz 01.07. 2016 2
Ob Thomas Rotter in Hartberg, Andreas Leitner bei der Admira oder Philipp Netzer in Altach – es gibt sie noch, die Vereins-Loyalisten. Die österreichischen Tottis, Müllers oder Maldinis. Spieler, für die Vereinstreue keine leere Floskel, sondern gelebte Realität ist. „Ich würde auch im Nachhinein nichts anders machen wollen“, sagt ihr Anführer, Marcel Ziegl. Und klingt dabei nach allem, nur nicht nach einem Retro-Kicker.