Andi Schicker: „Es ist naheliegend, den Blick auf Salzburg-Spieler zu werfen“

29. July 2022 in ADMIRAL Bundesliga

Sturms Sportdirektor Andi Schicker erklärt im Gespräch mit bundesliga.at, warum die Grazer so viele Ex-Salzburger in den Reihen haben und was es braucht, die „Bullen“ zu schlagen.

 

Herr Schicker, das Duell gegen Red Bull Salzburg steht vor der Tür. Mit Affengruber, Prass, Gazibegovic, Oroz, Ingolitsch, auch Demaku, stehen bereits sechs Spieler, die in Salzburg ausgebildet wurden, im Sturm-Kader, dazu mit Hierländer und Jantscher zwei weitere Ex-Salzburger. Zufall oder Strategie?

Grundsätzlich ist es so, dass österreichische Spieler sehr gefragt sind. Wenn wir auf den Österreicher-Topf Rücksicht nehmen, brauchen wir ja mindestens zwölf Österreicher und höchstens sechs Legionäre auf dem Spielbericht. Der österreichische Markt ist begrenzt, deshalb gibt es nicht so viele Möglichkeiten. Da ist es naheliegend, den Blick auf Salzburg-Spieler zu werfen, weil in Salzburg großartige Ausbildungs-Arbeit geleistet wird, es dort hervorragende Spieler gibt, die es trotzdem nicht alle in Salzburg schaffen. Affengruber und Prass sind die besten Beispiele dafür.

Das heißt, Salzburg-Talente kann man praktisch ung’schaut nehmen?

Die Red-Bull-Akademie zieht die größten Talente aus ganz Österreich an. So wie es vor 20 Jahren die Stronach-Akademie in Hollabrunn war, die ich ja auch besucht habe. Fünf, sechs, sieben Spieler eines Jahrgang schaffen in Salzburg nicht den Sprung, die sind dann natürlich für alle anderen Klubs interessant. Wir schauen, dass wir die besten Spieler holen, die wir bekommen können. Da sind nicht nur viele aus Salzburg dabei, wir haben ja auch einige von der Austria, wie zum Beispiel Demaku, Sarkaria oder auch Ljubic und Borkovic, die ursprünglich aus der Austria-Akademie stammen.

Es hat also gar nicht so viel damit zu tun, dass Salzburg-Absolventen ganz besonders gut in Christian Ilzers Pressing-System passen?

Das ist schon auch ein Punkt, weil sie eben für den aktiven Fußball, den Christian Ilzer forciert, sehr gut ausgebildet sind. Das hohe Pressing haben sie in Salzburg ja von der Pike auf gelernt. Auch wir haben mittlerweile den ganzen Verein umgestellt und diese Spielidee bei den Nachwuchsteams implementiert. Aber das ist natürlich ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geht. Auf Sicht wollen wir natürlich möglichst viele Spieler aus der eigenen Akademie herausbekommen – und da haben wir ja jetzt schon den einen oder anderen dabei.

Kann das Ausbildungs-Modell Salzburg als Vorbild für Sturm gelten?

Definitiv. Ich glaube, da sind wir alle in der Liga gut beraten. Viele Klubs haben auch schon eine gute Entwicklung genommen und kontinuierlich gute Schritte gemacht. Trotzdem ist es sehr schwierig, Salzburg näher zu kommen. Weil, wenn wir einen Schritt machen, machen die Salzburger meistens gleich zwei. Sie haben demnächst wahrscheinlich Transfereinnahmen von 100 Millionen Euro in dieser Transferzeit, das ist eine andere Kategorie. Dennoch: In einzelnen Spielen ist es möglich, auch Salzburg zu schlagen. Das haben wir mit dem 2:1-Sieg im Frühjahr bewiesen. Das gilt aber nicht nur für uns. Die ganze Liga ist stärker geworden, die Vereine haben gut investiert.

Der Sieg im letzten Duell gegen Salzburg gibt Zuversicht, dass es am Samstag wieder klappen kann?

Wenn du Salzburg schlagen willst, muss alles passen. Du musst deine wenigen Möglichkeiten nutzen und alles wegverteidigen. 2020/21 haben wir sie sogar zwei Mal geschlagen. Da muss man aber fairerweise sagen, dass sie da einmal nach internationalen Spielen und einmal vor dem Cupfinale nicht so am letzten Drücker waren. Da war es ein bisschen einfacher, was aber unsere Leistung nicht schmälern soll. Wenn die Salzburger voll auf ein Spiel fokussiert sind, ist es ganz schwer. Nicht umsonst haben sie im Cup, wo es genau darauf ankommt, bis auf das Finale 2018 gegen uns, 57 der letzten 58 Spielen gewonnen.

Die Konkurrenz sieht den SK Sturm als klare Nummer 2 in der Liga. Sehen Sie das auch so?

Im vergangenen Jahr war es schon klar, da haben wir acht Punkte Vorsprung gehabt. Aber wie gesagt, die Wiener Vereine, der LASK, der WAC, sie haben auch alle gut investiert. Deshalb wäre es, sollte es uns am Ende wieder gelingen, Zweiter zu werden, eine großartige Leistung.

Anders als in früheren Jahren konnte Sturm seine erfolgreiche Mannschaft halten, wie ist das gelungen?

Die Zusammenarbeit im Klub ist so eng und gut, dass wir zusammen sehr gute Entscheidungen getroffen haben. Wir haben uns sogar punktuelle verstärken können und keinen Stammspieler verloren. Bei Transfers ist es auch wichtig, dass Spieler sehen, in Graz gibt es eine Philosophie und es steckt ein Plan dahinter. Auch Wertschätzung ist wichtig. Wir haben zum Beispiel Kuen und Jäger früh kommuniziert, dass ihre Verträge nicht verlängert werden. Die Reaktion der beiden war so, dass sie trotzdem bis zum Schluss alles für Sturm getan haben. Das ist schon auch ein Signal nach außen.

Wie groß sehen Sie die Chance, Salzburg in die Champions League zu folgen?

Wenn wir es realistisch betrachten ist unser Q3-Gegner Dynamo Kiew über uns zu stellen. Es werden zwei große Spiele und wir werden zwei Sterntage brauchen, um weiterzukommen. Wir wollen schon die Champions-League-Hymne wieder in Graz hören, was ja schon im Playoff der Fall wäre. Wir haben die Europa-League-Gruppenphase als Anker. Aber wenn wir die Möglichkeit auf die Champions League haben, wollen wir natürlich auch alles versuchen.

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