Marvin Potzmann über Trainer: „Auch mal auf den Tisch hauen!“

13. July 2023 in ADMIRAL Bundesliga

Marvin Potzmann gehört mittlerweile zu den Urgesteinen der ADMIRAL Bundesliga. Stolze 232 Partien hat der Neo-Austrianer mittlerweile in der höchsten Spielklasse absolviert, die Namen seiner Trainer liest sich wie ein „who is who“ der Szene. Kein Wunder, stehen doch große Kultklubs wie Sturm, Rapid oder der LASK in seiner Vita. Wir sprachen mit dem 29-Jährigen über gutes Coaching, verschiedene Trainertypen und wie wichtig die Balance bei der Mannschaftsführung ist.

 

Adi Hütter, Franco Foda, Didi Kühbauer und viele mehr. Wenn man solche Trainertypen wie Sie hatte, denkt man dann automatisch darüber nach, selbst Trainer werden zu wollen, weil man so viel mitnehmen konnte?

Nein, sicher nicht! Der Trainerjob ist ein Beruf, den ich mir aktuell nicht vorstellen kann. Nach meiner aktiven Karriere möchte ich eine Zeit wegkommen vom Sport, etwas ganz anderes machen. Ich habe einen Bachelor im Sport- und Eventmanagement und kann mir gut vorstellen, etwas in der Privatwirtschaft zu machen.

Was macht denn für Sie einen guten Trainer aus?

Für mich gehört eine gute Balance zwischen Fachlichem und Menschlichem her. Das eine ist das Taktisch-Fußballerische, das andere die Menschenführung. Letzteres ist im Laufe meiner Karriere immer wichtiger geworden, steht mittlerweile im Vordergrund. Die Spieler sind heute auch sensibler als früher, vor zehn, 15 Jahren war eine härtere Schule gang und gäbe. Da die Balance zu finden, das ist die Kunst.

Der Trainerjob ist heute auch um Längen komplexer als zu Ihrer Anfangszeit.

Definitiv! Wenn ich an meine Anfänge in Mattersburg denke, ist das eine unglaubliche Entwicklung. Damals waren wir von GPS-Westen weit entfernt, heute gibt es in jedem Trainerstab einen Spezialisten, der die Daten auswertet. Ich glaube, seit Red Bull Salzburg in die Liga kam, wurde alles viel athletischer, das war der Grundstock für ihr Gegenpressing. Davon haben alle Klubs profitiert, was man ja auch an der internationalen Performance der österreichischen Vereine ablesen kann.

Sie hatten in Ihrer Karriere insgesamt 15 Trainer. Lassen Sie uns kategorisch vorgehen. Wer war der Emotionalste?

Da müsste ich eine Top 4 nennen: Valerien Ismael, Didi Kühbauer, Franco Foda und auch Adi Hütter. Ismael war unglaublich in der Mannschaftsführung, der wusste ganz genau, wie Spieler ticken, was sie brauchen, um optimale Leistung bringen zu können. Überragend! Auch Kühbauer kam über die emotionale Schiene, das ist ja bekannt. Bei Foda waren die Matchbesprechungen eher sachlich, aber wenn ihm etwas nicht gefiel, konnte er auch laut werden. Das gleiche gilt für Hütter. Manchmal denke ich mir mit Blick auf die jüngere Generation: Es gehört auch manchmal auf den Tisch gehauen, es geht nicht immer alles mit „lieb, lieb“. Dann hast du keinen Erfolg. Wenn du als Trainer einen gewissen Stil spielen lassen oder bestimmte Dinge sehen willst, und der Spieler macht es nicht – dann musst du es knallhart ansprechen!

Wer war der taktisch Ausgefuchsteste?

Also die längsten taktischen Gespräche hatten wir bei Damir Todorovic bei den Mattersburg-Amateuren. Dort habe ich richtig viel gelernt, das war sehr intensiv. Aber auch Adi Hütter und Franco Foda hatten ein ausführliches Taktik-Training. Oder Dominik Thalhammer beim LASK: Er hatte einen eigenen Ansatz, wollte anders spielen lassen, als es der LASK in den beiden Jahren davor getan hat. Da gab es für uns Spieler schon viele neue Inputs.

Wer war der größte Spielerversteher?

Valerien Ismael! Er hatte das beste Gespür dafür, was du als Spieler brauchst. Unter ihm hat jeder Profi ein unfassbares Selbstvertrauen entwickelt. Was auch mit seiner beeindruckenden Vita als Spieler zusammenhängt, mit Bayern oder Bremen hat er ja vieles erlebt.

Die größte Respektsperson?

Kühbauer, Foda, Hütter. Als ich von Mattersburg nach Grödig ging, habe ich bemerkt, wieviel Wert Hütter beispielsweise auf Einheit legt. Wenn es draußen geregnet hat und ein Spieler zog sich eine Regenjacke an, dann mussten alle eine anziehen. Das war ihm wichtig, wir sollten immer als Einheit auftreten. Der Erfolg gab ihm Recht. Dass Kühbauer über die Schiene Respekt kommt, ist ja bekannt, auch bei Foda stand die Disziplin ganz oben auf der Liste. (lacht) Deutsche Tugenden halt… Als Mannschaft haben wir davon aber profitiert.

Wer war der beste Psychologe?

Da würde ich Heiko Vogel nennen. Der hatte einen ganz eigenen Ansatz, mit dem ich gut zurechtkam, ich habe irrsinnig gerne unter ihm gespielt. Er hat manchmal Begriffe in die Runde geworfen, mit denen zunächst keiner etwas anfangen konnte. „Plusultra“ zum Beispiel. Dann hat er erklärt, dass es so viel wie „immer weiter“ heißt und bei uns dafür steht, dass wir als Mannschaft immer weiter gehen wollen, auch über die Schmerzgrenze hinaus. Das war typisch für ihn. Unsere Köpfe rauchten manchmal, aber wir haben eben auch über den Tellerrand hinaus gedacht.

Der mit dem härtesten Training?

Vom Umfang her sicher Franco Foda. Aber auch bei Hütter war es sehr intensiv. Die Einheiten waren nicht so lang, dafür aber in sich härter.

Wer hatte den besten Trainerstab?

Das ist schwer zu beantworten, weil es bei jedem Verein anders gehandhabt wurde. Beim LASK zum Beispiel hatten wir mit Stephan Helm und Emanuel Pogatetz einen Spezialisten für Offensive bzw. Defensive, das fand ich einen spannenden Ansatz. Fakt ist: Im Laufe der Zeit sind die Stäbe viel größer geworden, es gibt deutlich mehr Spezialisten in den Teilbereichen. Früher bist du nach Gefühl gegangen, ob jemand müde wirkte, heute hast du die Daten in Echtzeit auf deinem Tablet, kannst alles sofort steuern. Das kostet zwar Manpower, ist aber eine super Sache.

Und mit welchem Trainer kamen Sie persönlich am besten aus?

Da muss ich vier nennen: Ismael, Vogel, Foda, Hütter, die waren für mich sehr wichtig. Wobei ich betonen möchte, dass ich mit so gut wie jedem Trainer gut ausgekommen bin. Und eins ist auch klar: Das Nonplusultra, wo alles zu 100 Prozent passt, gibt es nicht.

Unter Austria-Trainer Michael Wimmer haben Sie Ihre ersten Einheiten und Testspiele absolviert. Wie würden Sie ihn als Trainertypen beschreiben?

Sehr kommunikativ. Ich finde gut, wie er auf die Spieler zugeht, mit ihnen viel redet. Wobei er auch immer das einfordert, was er für seine Art, wie wir spielen sollen, braucht. Ich bin jedenfalls positiv überrascht, weil ich ihn ja vorher nicht kannte. Was mir taugt: Wir wollen bei der Austria das Gegenpressing mit einem spielerischen Ansatz kombinieren, das kommt meiner Art, wie ich gerne kicke, entgegen. Das hat mich auch für die Austria überzeugt.

 

Fotos: GEPA pictures

Redakteur: Markus Geisler
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