Roman Kerschbaum: „Für mein erstes Tor hätte ich mir kein besseres Spiel aussuchen können“

9. May 2023 in ADMIRAL Bundesliga

Roman Kerschbaum ist die „graue Eminenz“ im Mittelfeld Rapids. In unserer Rubrik „Mein erstes Mal“ spricht er über sein erstes Derby-Tor, seine erste Rapid-Saison und wie er sich seine ersten grauen Haare holte.

 

Roman, im jüngsten Derby hast du dein erstes Tor für Rapid erzielt. Wie denkst du daran zurück?

Es war mein erstes Bundesliga-Tor für Rapid, im Cup hatte ich ja schon eines. Dafür hätte ich mir kein besseres Spiel aussuchen können. Noch dazu vor dem Block West, das war von den Emotionen her schon unglaublich. Und es war auch eindeutig noch nie so laut nach einem Tor von mir.

Weil du den Cup erwähnt hast: War dein erstes Cupfinale trotz der Niederlage das bisherige Highlight deiner Karriere?

Das war definitiv das bisher größte Spiel meiner Karriere. Es hat schon ein paar Tage gedauert, um die Niederlage zu verdauen, weil wir uns viel vorgenommen hatten und dann doch mit leeren Händen dagestanden sind. Aber dann war bald das nächste Spiel vor der Tür, da bleibt keine Zeit, lange nachzutrauern. Und jetzt haben wir unseren Fokus schon wieder darauf gerichtet, in den Top vier zu bleiben.

Dazu wäre ein Sieg im Derby von Vorteil. Mehr als acht Remis haben in deinen 14 Spielen gegen die Austria aber noch nicht herausgeschaut. Ist am Sonntag der erste Sieg fällig?

Puuh (überlegt), es waren wirklich viele Remis dabei, aber stimmt, ein Sieg noch nicht. Mit meinen anderen Klubs, also mit Grödig, Wacker Innsbruck und der Admira, war ich immer Underdog gegen die Austria, jetzt bei Rapid ist die Situation eine andere. Leider hat es in dieser Saison noch nicht geklappt, aber am Sonntag ist es allerhöchste Zeit.

Nicht zum ersten, sondern bereits zum 19. Mal wird Mandi Fischer versuchen, deine Kreise zu stören. Gegen keinen anderen hast du häufiger gespielt. Was ist er für ein Gegenspieler?

Echt? Auf den wäre ich jetzt nicht gekommen. Aber ja, er war wie ich auch in der 2. Liga, von daher haben wir dort schon einige Male gegeneinander gespielt. Er ist ein unangenehmer Gegenspieler, redet auch auf dem Spielfeld ganz gerne, ist aber nicht ungut.

Du bist schon sehr jung von der Akademie St. Pölten nach Nürnberg gewechselt. Wie waren deine ersten Auslands-Erfahrungen?

Eigentlich war dieser Schritt nie geplant, es hat sich spontan ergeben. Ich habe erst zu überlegen begonnen, als Nürnberg unbedingt wollte, dass ich komme. Ich habe das dann mit meiner Familie und den Akademie-Trainern besprochen und mir gesagt, okay, wenn ich das in so jungen Jahren mache, kann ich da viel Gutes für mein weiteres Leben mitnehmen und als Mann und Mensch reifen. Ich glaube, das ist auch eingetroffen. Für meine Persönlichkeits-Entwicklung war das schon ein wichtiger Schritt.

Deine ersten Schritte in der ADMIRAL Bundesliga hast du 2015 beim SV Grödig gemacht. War Deutschland keine Option mehr?

Es hätte schon auch die Möglichkeit gegeben, in Deutschland zu bleiben. Ich war in meinem dritten Jahr Kapitän in Nürnbergs zweiter Mannschaft, wo übrigens Austria-Trainer Michi Wimmer mein Co-Trainer war, habe auch öfter bei der ersten Mannschaft mittrainiert und Testspiele bestritten, aber eine echte Chance auf die Erste habe ich nicht gesehen. Da ist im Winter 2014/15 das Angebot aus Grödig gekommen und ich habe überlegt, ob die Bundesliga nicht der gescheitere Schritt wäre. Keine Ahnung, was passiert wäre, wenn ich in Deutschland geblieben wäre, aber die damalige Entscheidung fühlt sich heute noch immer richtig an.

Was hat dein Grödig-Trainer Peter Schöttel gesagt, als er dich bei Rapid erstmals mit „seiner“ Nummer 5 gesehen hat?

Er war tatsächlich einmal beim Rapid-Training zuschauen. Wir hatten uns ewig nicht gesehen und wir haben ein bisschen geplaudert. Über die Nummer 5 hat er nichts gesagt. Aber er hat gemeint: „Schau, was du alles von mir gelernt hast, jetzt bis du sogar bei Rapid.“

Mit ihm hast du allerdings auch deinen ersten von drei Abstiegen erlebt. Wie nahe geht einem das als Spieler?

Das ist natürlich eine unangenehme Situation, die dir sehr nahe geht. Wobei alle drei Abstiege sehr unterschiedlich waren. Der mit der Admira im Vorjahr war natürlich extrem bitter, weil wir in der 32. und letzten Runde zum ersten Mal Letzter waren. Noch dazu war ich verletzt und habe in den letzten fünf Spielen nicht mehr helfen können. Aber so ein Abstiegskampf nimmt dich immer mit. Erst recht im neuen Modus. Die zehn Partien in der Quali-Gruppe sind für alle Abstiegskampf pur, die fordern wirklich ihren Tribut.

Waren die Abstiege gar auch für deine ersten grauen Haare verantwortlich?

Das werde ich in letzter Zeit öfter gefragt (lacht). Die Abstiege sind vielleicht auch ein Faktor. Ob sie vererbt sind, weiß ich nicht, mein Vater hat zwar schon auch graue Haare, aber in meinem Alter hatte er noch keine. Bei mir hat’s schon mit Anfang 20 angefangen, Mitte 20 war es dann schon sichtbar und jetzt mit 30 sind die Seiten richtig grau. In der Kabine ist das schon hin und wieder Thema, aber kein Problem. Ich kann ganz gut über mich selbst lachen.

Dein erstes Bundesliga-Tor hast du ausgerechnet gegen Rapid geschossen. Weißt du noch, wer damals auf der Rapid-Trainerbank saß?

Zoki Barisic, oder? Ich weiß noch, dass es ein Freistoßtor war. Der Schuss war nicht perfekt über die Mauer, aber er hat gepasst. Richard Strebinger war damals im Rapid-Tor.

Mit Freistößen und Elfmetern bist du in der vergangenen Saison auf neun Tore und zwölf Scorerpunkte gekommen. Warum spielt’s das in deiner ersten Rapid-Saison nicht auch?

Eine hundertprozentige Erklärung dafür habe ich nicht. Aber es liegt sicher auch an der anderen Rolle, die ich jetzt spiele. Bei der Admira habe ich in der vergangenen Saison fast immer im offensiven Mittelfeld auf der Zehn gespielt, obwohl das nicht meine Einser-Position ist. Jetzt bin ich wieder Sechser oder Achter, da kommt man gar nicht so oft in die Position, den Abschluss zu suchen. Die Quote könnte trotzdem besser sein. Da sollte zumindest bald wieder einmal ein Freistoß-Tor her.

Erste Sahne ist deine Elferquote: 15 Mal angetreten, hast du immer verwertet, nur einmal einen Nachschuss gebraucht. Bist du so nervenstark?

Nervenstärke, Technik, Glück, beim Elferschießen kommt alles zusammen. Je öfter du zum Elfer antrittst, desto mehr gewöhnst du dich an diese Situation. Je mehr zu deine Nerven im Griff hast, je besser deine Technik ist, desto weniger bist du auf Glück angewiesen. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass mir ein Elfer abgerissen ist. Da brauchst du dann das Glück, dass der Torhüter woanders hinspringt.

 

Fotos: GEPA pictures

Redakteur: Horst Hötsch
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