Erik Regtop: Ländle 10er und Rapid-Schreck

5. June 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Er schrieb mit Austria Lustenau und Schwarz-Weiß Bregenz Vorarlberger Bundesliga-Geschichte und hatte auch bei Altach seine Finger im Spiel. Doch weil Erik Regtop kein Trainingsweltmeister, Defensivfreund und Einfacher war, musste er zweimal zu Lokalrivalen flüchten. Der Holländer über diese aufregende Zeit und warum er erst ins Ländle zurückkehrt, wenn wieder schönerer Fußball gezeigt wird.

 

Vorarlberg ist in der 50jährigen Bundesliga-Geschichte quasi der Spätentwickler unter allen Bundesländern. In den ersten 23 der 50 Bundesligasaisonen noch gar nicht vertreten. Danach mit Ausnahme von sechs Saisonen immer dabei – dreimal sogar mit zwei Klubs. Einer, der dabei eine besonders wichtige Rolle gleich bei mehreren Vereinen spielte, ist Erik Regtop. Er war zwar noch nicht mit von der Partie als Tamas Tiefenbach 1997 Austria Lustenau als ersten Vorarlberg-Klub in die höchste Spielklasse schoss und beim Torjubel so tief unter einer Jubeltraube begraben wurde, dass er sich den Meniskus verletzte und sogar operiert werden musste. Doch schon die Saison darauf hatte sich Edi Stöhr den Niederländer geangelt – Regtop hatte im Testspiel gegen „Luschnou“ zweimal genetzt und quasi im Alleingang St. Gallen zum Sieg geschossen. Stöhr merkte sich den Zehner und lotste in an den Rhein. „Ich bin im Oktober gekommen. Wir haben die Klasse gehalten und im Jahr darauf sogar im UI Cup gespielt, wo wir erst knapp gegen Stade Rennes wegen der Auswärtstorregel ausgeschieden sind.“

Rapid-Schreck Regtop

Viele Spiele gewann man dabei zwar nicht, aber ausgerechnet gegen die Großklubs waren Regtop und Co. sehr erfolgreich. Neben Austria Salzburg, Austria Wien und dem GAK stand vor allem Rapid auf Regtops Abschussliste. Gleich zweimal steuerte er zum 2:0 Sieg den ersten Treffer bei.  Epizentrum der Fußballeuphorie war damals das Austria Dorf im Reichshofstadion: „Das war legendär. Unsere Spiele am Nachmittag waren mit über 10.000 Fans ausverkauft, danach war hier große Party – für die Jungen war es der Ort zum Ausgehen, es wurde bis tief in die Nacht gefeiert.“ Auch die Spieler waren dabei – vor allem nach Siegen „Das gibt es heuer fast nicht mehr. Damals war es kein Problem.“

Lustenaus Bregenz-Flüchtling

Endgültig aus allen Nähten platzte das Stadion dann am 21. Juli 1999 beim ersten Vorarlberg Derby in der Bundesliga-Geschichte zwischen Austria Lustenau und Schwarz-Weiß Bregenz. Wieviele Fans wirklich dabei waren, lässt ich heute nur mehr schätzen. 15.000 laut Polizei. Der damalige Präsident Hubert Nagel erinnert sich: „Es war verrückt, ich hatte schon ein bisschen Angst. Manche kraxelten mit Leitern aufs Dach, aus jeder Ecke schauten Köpfe heraus.“ Auf das 3:0 für Lustenau folgte ein 1:1 im Derby auswärts – es sollte Regtops letztes Tor für Lustenau sein, denn schon im Frühjahr darauf lief er ausgerechnet für den Lokalrivalen auf. „Ich kann mich genau erinnern, es war der Jänner 2000, weil da sind auch meine Zwillinge zur Welt gekommen.“ Da übernahm Goran Stanislavjevic (die Ried-Legende verstarb vor kurzem mit 60 Jahren an einem Krebsleiden) das Trainerzepter, der schon als Spieler wenig von der offensiven Spielweise der Lustenau-Holländer Regtop, Pastoor und Co gehalten hatte: „Ich wollte gar nicht gehen und Nagel wollte mich eigentlich nicht ziehen lassen. Aber wenn der Trainer sagt, er braucht dich nicht – damals flossen Stronach Gelder, je 10 Millionen Schilling auch nach Bregenz. Sie waren Letzter mit Rückstand auf LASK und Lustenau. Deshalb holten sie im Winter Pedersen, Kogler und mich.“ Und auf einmal lief es bei Bregenz wie am Schnürchen, während bei Lustenau gar nichts mehr ging.

Im Derby rächte sich Regtops Ausmusterung besonders, denn da traf er gegen den Ex-Klub beim 4:0 gleich zweimal und steuerte einen Assist bei. Seinen Ex-Klub Lustenau in den Abstieg zu stoßen sei „ein komisches Gefühl“ gewesen. „Der Hubert Nagel hat nachher gesagt, es war ein Fehler mich gehen zu lassen.“ Und auch der Trainerwechsel entpuppte sich als Eigentor: „Stöhr war in Lustenau eine Vaterfigur mit legendären Erfolgen.“ Unter Spielern der Rote Baron – ein Spitznamen, der dem Deutschen zwar nicht schmeckte, „aber er musste davon ja nichts mitkriegen“, lacht Regtop heute.

Schnell, hart und herzlich

In Bregenz erinnert sich Regtop besonders an seine hochtalentierten Stürmerkollegen. Zuerst ab Sommer 2000 Thomas Ambrosius: „Ein super Typ skandinavischer Art. Robust, zweikampf- und Kompfballstark. Er hat perfekt in die Mannschaft gepasst.“ Dann kam Axel Lawaree: „Ein sehr schneller Spieler, der perfekt mit mir harmoniert hat, weil ich war nicht der Schnellste, hab eher die 10er Rolle übernommen und brauchte einen, den ich schicken kann – auch weil wir uns oft fallen haben lassen.“ Unvergessen der urige Vereinspräsident Hans Grill. „Ohne ihn wäre Bregenz nicht so weit gekommen. War er in der Nähe, hast du kein Geld gebraucht.“ Selbst von seiner schweren Krankheit (Gürtelrose) geplagt, tat der Steirer alles für „seine Buam“. „Im Nachtzug hat er uns auf der Heimfahrt vom Auswärtsspiel in Wien ein Bier nach dem anderen spendiert.“ Freilich war Grill nicht immer ganz im Bilde: „Einmal haben wir ihn verloren. Bis sich herausgestellt hat, dass er unabsichtlich in den Pensionstenbus statt in unseren Vereinsbus gestiegen ist. Mit ihm war es immer lustig. Er hat aber natürlich bei seinen Entscheidungen auch einige Fehler gemacht. Zum Beispiel Rainer Hörgl entlassen.“ Das sagt ausgerechnet Regtop, der selbst von Hörgl 2002 aussortiert wurde: „Bei ihm waren halt deutsche Tugenden, Kraft und Laufen gefragt. Ich hatte aber nicht viel Kraft und bin nicht viel gelaufen. Auch wenn ich Spiele entschieden hab, war ich vielleicht nicht der Einfachste.“

Admiras Alptraum, Altachs Aufstieg

Eriks Lieblingsgegner war damals die Admira – 5 von 11 Toren gelangen ihm in der Saison 2001/02 allein gegen die Südstädter „Die haben wohl nicht gewusst, was ich kann“, lacht er heute – und schoss die Admiraner in der Saison darauf auch noch mit Regionalligist Altach mit 3:1 (und seinem Tor zum 3:0) aus dem Cup. In Altach beendete Regtop schließlich seine Karriere und führte die Altacher als Sportdirektor noch in die 2. Liga „Die zwei Aufstiegsduelle gegen FC Lustenau waren ein Highlight. Ich hab noch die Mannschaft für die 2. Liga zusammengestellt, dann wurde ich entlassen. Enjo musste sparen und es war plötzlich kein Geld mehr für mich da.“ Davor lotste Regtop aber noch Hannes Toth und Robert Almer nach Altach. Wie sich Altach dann weiterentwickelte – 2006 und 2014 gelang der Aufstieg, man sorgte als Winterkönig und mit überraschenden Europacupauftritten für Aufsehen – freut Regtop. Mit der letzten Saison der Vorarlberg-Klubs hatte er allerdings gar keine Freude: „Lustenaus Abstieg ist sehr bitter und das Niveau zuletzt auch bei Altach hat mich enttäuscht. Ich erwarte mir da eine Besserung“ Ehe die nicht eintritt, geht sich Regtop, der in der Schweiz arbeitet, lieber den FC St. Gallen anschauen. Denn auch als Fan will er Offensivfußball sehen. „Besser ist 4:5 zu verlieren, als ein grauenhaftes 0:0. Die Leute müssen heimgehen und sagen: Ich hab ein bombenschönes Spiel gesehen.“ Spätestens in der Pension will der Vorarlberg-Fan Regtop aber wieder ins Ländle zurückkehren – schönes Spiel hin oder her.

 

Die Bundesligageschichte des Bundeslandes im Video:

Fotos: GEPA pictures

Redakteur: Christoph König
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