Johannes Handl: „Hatte mit keiner Profikarriere mehr gerechnet!“

22. November 2023 in ADMIRAL Bundesliga

Haare weg, Gegentore weg. Austrias Innenverteidiger über seine erste lange Torsperre, seine besten und schlimmsten Premieren in der Bundesliga und im Europacup, warum er schon fast Volksschullehrer statt Profikicker geworden wäre und mit seiner Haaraktion, Ivica Vastic und seiner hohen Rückennummer besondere Emotionen verbindet.

Kaum einer steht so für das völlig verwandelte Gesicht der Austria-Defensive in dieser Saison wie Johannes Handl – nicht nur optisch: Da hat sich der baumlange Innenverteidiger vor kurzem einen radikalen Kurzhaarschnitt verpasst. Auch sportlich präsentieren sich die Veilchen mit völlig neuem Gesicht. Waren zum Saisonbeginn die Serien an haarsträubenden Abwehrfehlern noch zum Haare raufen, mit denen sich die Austria um viele Punkte und das Weiterkommen im Europacup brachte, so sind die Favoritner auf einmal das defensivstärkste Team der ADMIRAL Bundesliga. Jetzt sind es die gegnerischen Stürmer, die vor Frust Haare lassen. Woher dieser Turnaround? Wir haben im Zuge unserer Serie „Mein erstes Mal“ bei Handl nachgefragt.


6 Ligaspiele und 8 Spiele gesamt habt ihr bereits kein Gegentor erhalten. Das erste Mal, dass du so eine Torsperre mit der Austria erlebst. Was sind die Gründe dafür?

Wir haben die leichten Fehler abgestellt. Wir sind jetzt über 90 Minuten extrem konzentriert hinten und verteidigen als Gemeinschaft. Wir hauen da jetzt alles immer rein und halten so die Null. Auch taktisch haben wir jetzt eine bessere Balance zwischen hoch pressen und tief stehen. Wenn wir den Anfang vom Pressing verpassen oder uns der Gegner ausspielt, ziehen wir uns in Zone 2 zurück und verteidigen tiefer.

Gegen Salzburg gab es auch eine weitere Erstaunlichkeit. Du hast als Innenverteidiger in 90 Minuten kein Foul begangen. War das das erste Mal, dass du das geschafft hast?

Könnte sein. Ich bin aber schon einer, der immer versucht, alles ohne Foul zu lösen. Immer geht es eh nicht, weil manchmal ist ein taktisches Foul wichtig. Wenn ich aber auf meiner Position ein ganzes Spiel ohne Foul auskomme, dann ist ein Grund sicher, dass die ganze Mannschaft so schnell beim Verteidigen beim Mann ist. Dann ist das ein gutes Zeichen für uns alle.

Du hast dir zum ersten Mal seit zwei Jahren die Haare geschnitten – und dann gleich so kurz rasiert. Wie fühlt sich das an?

Erstens ist es viel pflegeleichter, vorher hat das Haaretrocknen sehr lang gebraucht. Die waren ja schon 55 Zentimeter lang. Der Nachteil von der neuen Frisur ist, als ich vom Friseur rausgegangen bin, war mir sehr kalt am Kopf. Die Kollegen waren überrascht, ein paar geschockt. Meine Freundin wollte, dass ich die langen Haare behalte. Sie muss mich halt jetzt mit den kurzen  nehmen (lacht).

Du hast die Haare der Krebshilfe gespendet, was du über die zwei Jahre schon geplant hattest. Hat das auch persönliche Gründe?


Ja. Es gab in der Vergangenheit ein paar Fälle, wo durch Krebskrankheiten Bekannte, sehr enge Verwandte und Freunde von mir eine sehr schwere Zeit hatten - und ich dadurch auch. Ich dachte, das könnte eine schöne Geste sein. Eine Echthaarperücke ist ja ziemlich teuer. Ich hoffe, dass sie jemand bekommt, der sie sich sonst nicht leisten kann. Ich habe die Haare ja auch nur aus diesem Grund überhaupt so lange wachsen lassen. 

Du spielst mit der Rückennummer 46. Wann hattest du sie das erste Mal und warum so eine hohe Nummer?
Das hat in Innsbruck begonnen. Da hat der Zeugwart gesagt, dass die 46 noch frei wäre. Da hab ich sofort geschalten, weil ich ein riesiger Valentino Rossi Fan bin. Seitdem habe ich auch die 46. Er hat sich übrigens ja auch dann mal die langen Haare abrasiert, so wie ich.

Dein erstes Bundesliga-Spiel hattest du dann mit 20 Jahren gegen die Admira. Eine eher bittere Erfahrung?
Ja, wir haben 1:3 verloren und der Sasa Kalajdzic hat uns damals 2 Tore geschossen. Da war der Abstieg dann schon fast fix. Ich hab da als Rechtsverteidiger gespielt, was leider nicht so erfolgreich war, bin aber trotzdem dankbar, dass mir der Thomas Grumser damals vertraut hat.

Knapp zwei Jahre später hast du dich gegen die Admira gerächt und gegen sie das erste Mal in der Bundesliga getroffen, sogar gleich zweimal.

Ich hab immer sehr gern in der Südstadt gespielt. Damals bin ich in der 75. Minute eingewechselt worden. Meine Zehen waren eingefroren und wir haben 2:0 geführt. Der Peter Stöger hat gesagt, ich soll hinten dicht machen. Es lag Schnee, da hab ich mir mit dem orangen Ball aus 30 Metern ein Herz genommen und der hat genau eingeschlagen. Danach hab ich noch nach einem Standard per Kopf getroffen, was typischer ist für mich, weil Schießen ist nicht meine größte Stärke.

Weniger schön war dein erster Europacupeinsatz mit der Austria, obwohl du da auch das Tor getroffen hast.
Ja, weil da war es leider das eigene. Wir haben 1:3 in Limassol verloren und sind wieder heimgeflogen. Das war sehr bitter.

Gegen Legia hast du deinen ersten Europacup-Assist geschafft, das Ende und Last-Minute-Ausscheiden war dann auch nicht schön.

Ja, da hatten wir noch nicht diese Balance beim Defensivverhalten – da wollten wir 90 Minuten vorne anpressen. Das war zu wild. So waren wir hinten zu anfällig.

War das Naivität?
Würde ich schon sagen, ja. Natürlich ist das extrem bitter, aber gerade aus solchen Spielen kannst du extrem viel lernen als Mannschaft.

Wann hast du das erste Mal Innenverteidiger gespielt? Schon in der Jugend?


Bei Sturm war ich eigentlich bis zur U15 Stürmer. Da war ich noch klein und quirrlig, kann man sich heute gar nicht vorstellen (lacht). Als ich dann zu einem neuen Trainer in die Akademie gekommen bin, habe ich gerade einen gewaltigen Wachstumsschub bekommen, bin in kürzester Zeit um 30 Zentimeter gewachsen – deshalb war ich dann Innenverteidiger und das hat von Anfang an gleich gut gepasst.

Weißt du noch, wann du das erste Mal zum Fußball gekommen bist?
Das war bei mir sehr früh. Weil von meinem Balkon vom Kinderzimmer daheim hab ich direkt auf den Fußballplatz in Fronleiten geschaut. Schon wo ich 2, 3 Jahre war, ist der Papa mit mir runtergegangen und wir haben hin und her gespielt.

Was ist deine erste große Stadionerinnerung?


Mit 7 oder 8 Jahren waren wir mit unserem Fronleitner Klub Einlaufkinder beim Ländermatch gegen Schottland im Happelstadion. Wir sind da zusammen mit dem Bus nach Wien gefahren. Das war sicher die coolste Erinnerung, die ich hab. Ich durfte da mit Ivica Vastic aufs Feld gehen. Das hatte ich mir gewünscht, weil ich damals mit Sturm sehr verbunden war und er hat mir am meisten imponiert.

Bei Sturm hat es damals noch nicht für die Bundesliga und die erste Mannschaft gereicht.
Ich bin Sturm trotzdem dankbar, weil ohne die 10 Jahre dort, wäre ich sicher nicht da, wo ich jetzt bin. Bis zur 2. Mannschaft rauf ist es gut gelaufen, dann hatte ich leider eine zache Verletzung, mit der ich zwei Jahre fast komplett weg war und mich schon gefragt hab, ob ich das mit Profifußball überhaupt noch will. Ich war 18 und hatte eine Peruneussehnen-Luxation im Knöchel. Das ist extrem selten, schmerzhaft und langwierig, ich wurde mehrfach operiert. Dann hat mich Ferdinand Feldhofer zu Lafnitz geholt. Ich hab ihm sehr viel zu verdanken. Auch bei Lafnitz hätte ich nicht mehr mit einer Profikarriere gerechnet. Er hat mir da aber sehr viel mitgegeben für später.

Was hättest du statt des Fußballs gemacht?
Volksschullehrer wahrscheinlich. Ansonsten hätte ich gern in einer Fußballakademie gearbeitet.

 

Fotos: Gepa pictures

Redakteur: Christoph König
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