Haris Tabakovic: Der Turbo-Striker

18. August 2022 in ADMIRAL Bundesliga

Hält er seinen Schnitt aus der ADMIRAL 2. Liga nur annähernd, sollten die Bundesliga-Klubs ihre Tornetze einem Elastizitäts-Check unterziehen. Andernfalls droht Austria-Neuzugang Haris Tabakovic sie im großen Stil zu durchbeulen. Der Turbo-Striker ist bereit fürs Oberhaus.

Dritte Spielminute: einmal smart nach oben geschraubt, eingenickt – 1:0; die 22. Minute: Ball an der 16er-Grenze elegant angenommen, geschmeidig gedreht, abgezogen – 2:1; die 32. Minute: Riecher bewiesen, trocken per Dropkick abgestaubt – 3:1; die 61. Minute: schön den freien Raum erkannt, den Stanglpass an der Fünfer-Grenze per „Plattler“ verwertet – 4:1. Sie lesen keinen Auszug aus einem semioriginellen PlayStation-Protokoll, sondern den Arbeitsnachweis von Haris Tabakovic Dienst am 30. Juli 2021. Im Trikot von Austria Lustenau schoss er den SV Lafnitz in der zweiten Runde der frischen 2.Liga-Saison im Alleingang k.o. Ein unvergessliches Erlebnis in der bisher so einmaligen Karriere des Offensiv - Schlacks. Beim Gedanken daran zieht es dem Schweizer immer noch vor lauter Euphorie die Ganslhaut auf. Könnte man meinen. Tatsächlich nämlich erweist sich der Vollblut-Stürmer im Interview ähnlich abgebrüht und cool wie im Strafraum. Ja, das Spiel sei schon „richtig geil“ gewesen und es würde immerhin schon in Erinnerung bleiben. Das war es dann aber auch schon mit der retrospektiven Schwärmerei. Thema abgehakt, übersetzt in die Fußballersprache: Tor erzielt, Mund abputzen, weitermachen.

„DAS IST MIR WURSCHT“

Haris Tabakovic startet als große violette Offensiv-Hoffnung in die neue Saison. Zu wenig Selbstvertrauen dürfte er nicht im Köcher haben. Zweite-Liga-Meister mit der Lustenauer Austria, Torschützenkönig, im Schnitt traf er alle 74 Minuten ins Schwarze – Zahlen, die den 28-Jährigen – welch Überraschung – eh schon auch irgendwie beeindrucken. Aber dann auch wieder nicht. „Wie viele Minuten ich im Schnitt brauche, bis ich treffe, ist mir eigentlich wurscht“, sagt er zum Bundesliga-Journal: „Mir ist nur wichtig, wie oft ich getroffen habe.“ 27-mal. Bei 23 Einsätzen.

BAYERN-FAN DANK BRUDER

Mit seiner Unterschrift bei der Austria aus der Bundeshauptstadt ist Tabakovic seinem Traumklub Bayern München einen Schritt nähergekommen – stimmt’s? „Naja“, schmunzelt er, „Bayern ist schon noch einmal ein Stück weit entfernt.“ Im Übrigen stimme es gar nicht, dass er als Kind in Bayern-Bettwäsche geschlafen habe . „Bayern-Fan bin ich eigentlich wegen meines Bruders geworden. Ich habe mit ihm im selben Zimmer geschlafen, und er war riesiger Bayern-Anhänger. So habe ich mich halt auch als einer geoutet. Aber ich schaue nicht jedes Spiel, bin nicht fanatisch“, erklärt er. Und überhaupt hat er jetzt eh Wichtigeres im Kopf. Konkret die Wiener Austria. Und dass, obwohl dem Vernehmen nach die halbe Bundesliga hinter dem Strafraum-Spezialisten her war. „Ihr könnt ihn ruhig fragen“, hatte Sportdirektor Manuel Ortlechner einst Journalisten suggeriert. Wir haben es gemacht. Und folgende Antwort erhalten: „Es gab einige Angebote, das stimmt schon. Aber die Austria hat mit mir sehr früh Kontakt aufgenommen. Die Wertschätzung, die ich da erfahren habe, vor allem durch Manuel Ortlechner, hat mir viel bedeutet. Deswegen habe ich nicht lange überlegt, bevor ich unterschrieben habe.“ In Runde sieben kommt es zum Duell mit Ex-Klub und Aufsteiger Austria Lustenau. Bei einem etwaigen Torerfolg für seine „neue“ Austria hat Tabakovic nicht vor zu jubeln. „Ich finde es eine schöne Geste, gegen seinen Ex-Klub nicht zu jubeln. Jetzt hätte ich es auch vor, einmal nicht groß zu feiern. Aber man weiß ja nie genau, was in der Emotion passiert.“ Freilich hätte er das „Ländle“ auch mit einem weinenden Auge verlassen, aber die Vorfreude auf große Spiele in Violett über-wiegt deutlich. „Ich habe natürlich mitbekommen, dass hier in der letzten Saison ein Hype entstanden ist. Das war auch ein Faktor, der meine Entscheidung für die Austria beeinflusst hat. Wir wollen jetzt in Europa Fuß fassen. Aber unsere Performance in der Liga ist natürlich am wichtigsten“, sagt der Ibrahimovic-Fan („Die Selbstverständlichkeit, mit der er Fußball spielt, beeindruckt mich“). „Und ich persönlich will mich gut etablieren und mit Toren überzeugen.“

TOP-LEVEL

Der Unterschied in der Größenordnung zwischen der Wiener und der Lustenauer Austria sei vom ersten Tag an spürbar gewesen. „Stadion, Trainingsbedingungen –alles hier ist auf einem Top-Level. Mir war ja bewusst, dass ich zu einem Großklub wechsle. Das wollte ich.“ Und jetzt ist er, der bei Young Boys Bern kurz unter Adi Hütter trainierte („menschlich und fachlich absolut überragend“), am Zug. Feuer frei für Haris Tabakovic!

 

Dieser Text ist in der Saisonstart-Ausgabe des Bundesliga-Journals erschienen. Die neue Ausgabe mit sämtlichen Geschichten, Interviews und den Stories & Kadern zu allen Bundesliga-Klubs erhalten Sie seit 23. Juli im Zeitschriftenhandel oder bequem und preiswert im Abo: https://www.bundesliga.at/journal-abo

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