LASK: Mutig nach vorne

30. January 2023 in ADMIRAL Bundesliga

Die Zehnerjahre waren auch die Geburtsstunde des Gegenpressings. Oliver Glasner brachte die Philosophie zum LASK. Peter Michorl spielte dabei als Taktgeber im Mittelfeld eine besondere Rolle.

 

Die Rivalität zwischen dem LASK und der SV Ried ist in Oberösterreich nicht zu leugnen. Umso verwunderlicher war es, dass im Sommer 2015 ausgerechnet das Rieder Urgestein Oliver Glasner von der Bank der Innviertler an die Seitenlinie der Stahlstädter wechselte. Es war ein Transfer, den Jürgen Werner anstachelte und der, so sagt es die Legende, spontan bei einem Austausch zwischen dem damaligen LASK-Mastermind und Glasner zustandekam.
Ein Wechsel von der ersten in die zweite Spielklasse ist für einen Trainer nicht alltäglich, aber was Glasner fortan beim LASK implementierte, hatte Fußball-Österreich in dieser Radikalität noch nicht gesehen, auch wenn Salzburg bereits seit Jahren auf Pressing setzte. Die Linzer Spielweise ließ sie jedenfalls von der zweiten Liga bis zum RB-Gefährder Nummer eins aufsteigen ließ. Die Schreibe ist vom Glasner-System, das vor allem ein geflügeltes Wort kennt: Gegenpressing, das zu dieser Zeit vor allem dank Jürgen Klopps Borussia Dortmund für Furore sorgte.

Sechs Monate Zeit

Peter Michorl wechselte 2014, also ein Jahr vor Oliver Glasner zum LASK leihweise von Austria Wien. In der ersten Glasner-Saison dockte der Linksfuß fix in Linz an. Und wurde schnell zu einem Schlüsselspieler einer in vielerlei Hinsicht mutig nach vorne ausgerichteten Mannschaft. Der Mittelfeldstratege kann sich gut erinnern, was der Wechsel auf der Bank bei den Athletikern mit sich brachte – immerhin schwang davor der für Ballbesitzfußball bekannte Karl Daxbacher drei Jahre lang das Zepter auf der Gugl.
„Es war eine Riesenumstellung. Oliver Glasner hat auch immer betont, dass es bis zu sechs Monate dauert, wenn ein neuer Spieler zur Mannschaft stößt, bis er sich an unsere Philosophie gewöhnt.“ Wie lange die Umstellung dauerte, zeigte auch die Saison 2015/16 – es reichte nicht zum sofortigen Aufstieg unter dem heutigen Startrainer. „Wir hatten für die 2. Liga schon richtige Kaliber im Kader, aber die Philosophie braucht Zeit. Wenn man sie einmal drin hat, kann sie aber sehr erfolgreich sein, wie wir danach gezeigt haben.“
Aber woran liegt es, dass sich die Glasner’sche Art von intensivem Fußball, mit wenig Platz zwischen den Linien, Gegenpressing, schnellen Balleroberungen und direkten Wegen in die Spitze so lange benötigt, um zu funktionieren? „Ganz einfach: Es ist komplex. Es braucht aber nicht nur die Zeit, dass sich ein Team oder einzelne Spieler daran gewöhnen, es brauch auch viel Mut, um diesen Fußball zu implementieren.“ Und was kann man sich unter dem Fußball vorstellen? Michorl illustriert eine Facette: „Wir haben den Gegnern an gewissen Stellen des Platzes viel Platz gelassen, wenn man dort ein oder zwei Schritte zu spät ist, kann der Gegner dich mit ein bisschen Qualität schnell ausspielen. Wenn ein Rädchen nicht ins andere gegriffen hat, hat unsere Spielidee nicht funktioniert. Da braucht es neben dem Mut auch die Überzeugung, an die Philosophie zu glauben.“

Taktgeber Michorl

Und das von der Vereinsführung über das Trainerteam bis zum letzten Kaderspieler auf der Tribüne. Auch für Michorl, ein Kind der Austria-Ballbesitzschule, war der Fußball neu. Gar nicht so körperlich. „Es ist ein Irrglaube, dass man sich viel mehr bewegt, man bewegt sich lediglich mehr im hohen Tempo. Physisch anstrengend ist der Fußball von heute aber ohnehin immer“, weiß Michorl, der sich im Glasner-System schnell gut zurechtfand und unter Glasner zum Taktgeber im LASK-Mittelfeld wuchs.
„Als zentraler Mittelfeldspieler kommt einem eine besondere Rolle zu, weil man oft Bälle abfängt oder abstaubt, wo andere die Vorarbeit leisten. Unter Glasner war es so, dass wir gewisse Zonen hatten, wo Spieler in Position gebracht wurden. Da wusste ich schnell, wo der Ball hingehört.“ Das schlug sich auch auf Michorls Statistiken nieder. Acht Torvorlagen und zwei Treffer trug er zum erfolgreichen Aufstieg 2017 bei. 14 Scorerpunkte waren es in seiner ersten Bundesligasaison. In der letzten Saison von Oliver Glasner beim LASK vor dessen Wechsel zum VfL Wolfsburg (Spielzeit 2018/19), als der LASK endgültig zur zweiten Kraft in Österreich wurde, gelangen Michorl sensationelle 18 Torvorlagen in 31 Bundesligaspielen.
Wovon ein Mittelfeldstratege wie Michorl in einer auf Gegenpressing fokussierten Spielphilosophie profitiert, veranschaulicht nicht zuletzt ein Zitat von Jürgen Klopp, der einmal sagte: „Gegenpressing sorgt dafür, dass man den Ball näher am gegnerischen Tor erobert. Dann ist man nur einen Pass von einer richtig guten Möglichkeit entfernt. Kein Spielmacher auf der Welt kann so gut wie eine Gegenpressing-Situation sein.“

Die LASK-DNA

Auch Balleroberungen können naturgemäß provoziert werden. „Der Gegner hat nicht mehr die Zeit und den Raum, den Ball kontrolliert zu spielen, er wird zu einer Entscheidung gezwungen“, sagt Michorl. „Wir haben viel Videostudium gemacht, oft Trainingsunterbrechungen gehabt und vieles genau einstudiert – wie etwa das Anlaufverhalten. Es war harte Arbeit und auch mühsam für den Kopf. Aber es war eine harte Arbeit, die Früchte getragen hat.“ Und nachwirkte. „Die LASK-DNA ist ein geflügeltes Wort, aber viel war einfach die Glasner-DNA, die wir auch mit Trainern danach noch durchaus in den Köpfen und Beinen hatten. Jeder neue Trainer hat dann noch versucht, eigene Facetten einzubringen und ideal zu ergänzen.“ Auch das erfolgreich. Immerhin gelang der erste Platz im Bundesliga-Grunddurchgang und in der Europa-League-Gruppe der Saison 2019/20 unter Valerien Ismael. „Mit einer klaren Idee kann man sogar Teams unter Druck setzen, die qualitativ besser sind“, erklärt Michorl. 

Redakteur: Peter K. Wagner
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